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  • A Kampfbahn
  • B Tribünen und Theaterbau
  • C Fest- und Spielwiese
  • D Aufmarsch-Allee
  • E Turn- und Sporthalle
  • F Übungsplatz
  • G Tanzwiese und Spielplatz
  • H Licht- und Luftbad
  • K Haupteingang
  • L Wirtschaft mit Terrassen
  • M Sandbad
  • N Nichtschwimmer-Becken
  • 0 Sport-Schwimmbecken
  • P Radsportbahn
  • Q Auto-Anfahrt
  • R Tennis-Anlagen
  • S Waldtheater
Plan von 1928

Das Frankfurter Waldstadion vor 80 Jahren:

Der Haupteingang zum Frankfurter Stadion bildet die Spitze eines großen Dreiecks, und dieses Dreieck schließt, wie aus dem Plan ersichtlich, in sich das Gebiet des 42 ha großen Stadions. Ehemals war dieses Gelände ein Militär-Schießplatz, von ihm zeugen noch die in der Schußrichtung liegenden Wälle sowie der auf der Basis des Dreiecks liegende große Kugelfang der sich in die große Zuschauerterrasse der Kampfbahn verwandelt hat, aber in Erinnerung an alte Zeiten noch heute mit "Kugelfang" bezeichnet wird.

Folgen wir der Aufmarsch-Allee und biegen links ein, so befinden wir uns auf der großen Hauptachse des Stadions, die in einer 400 m langen, geraden Linie auf das Hauptgebäude zuführt, das zwischen Kampfbahn und der großen Übungswiese so angeordnet ist, daß der Mittelbau mit den Haupteingängen den Blickpunkt der Aufmarsch-Allee bildet. Nach beiden Seiten frontal ausgebildet enthält es in seinen Erdgeschossen die sportärztliche Abteilung, Sanitäts-, Umkleide, Dusch und Geräteräume, während der erste Stock die Verwaltungsräume der Stadion-Gesellschaft, Wohnräume für Kursisten und einen Vortragssaal aufweist. Die Besichtigung der hinter dem Hauptgebäude liegenden Kampfbahn erfolgt am besten von Hauptgebäude der linken Seite des Kugelfangs aus. Im Hintergrund grüßt der Feldberg, vor uns liegt die große Kampfbahn, umsäumt von 40000 Zuschauerplätzen.

Kampfbahn mit Haupttribüne

Um das Spielfeld mit den innerhalb der Kurven angelegten Sprung- und Wurfgruben führt die 500 m lange und 7,50 m breite Laufbahn. Für den 100-m-Lauf liegt unmittelbar vor dem Kugelfang eine besondere, 8 m breite Bahn. Während in den beiden Flügeln des Hauptgebäudes die Zuschauertribünen eingeordnet sind, stellt der Mittelbau ein griechisches antikes Theater dar, das nach den Angaben des Archäologen Professor Dr. Bulle von der Universität Würzburg errichtet wurde. So dient dieser Teil der Anlage nicht nur sportlichen Wettkämpfen, sondern auch darstellerischer und musikalischer Kunst im Rahmen großer Festspiele, bringt weiter die ideelle Anknüpfung unserer Leibes-Übungen an die der Antike zum sinnfälligen Ausdruck. Die Länge des Gesamtgebäudes ist 120 m, es erreicht im Mittelbau eine Höhe von 18 m.

Sporthalle

Ein kurzer Spaziergang auf der Höhe des Kugelfangs führt uns über die rechte Kurve zu der erst Ende 1926 vollendeten Sporthalle, dem Hauptquartier des Übungs- und Lehrbetriebes, der nur gedeihen kann, wenn er unabhängig von Wetter und Jahreszeit ununterbrochen durchgeführt wird. Die Übungshalle ist im Innern 50 m lang, 25 m breit und 12 m hoch. Die rings herumführende Galerie, deren Boden mit Korklinoleum belegt ist, dient im Winter als Laufbahn. Die Parkettfläche in der Mitte hat die Größe eines Tennisfeldes, während der Weichboden im Ausmaß von 19:11 m den Springern, Werfern und Turnern jederzeit Gelegenheit zum Training gibt. Die Anbauten enthalten die Umkleide-, Dusch-, Bade- und Geräteräume, ferner einen besonderen Raum für sportärztliche Untersuchungen sowie Bestrahlungen mit künstlicher Höhensonne, durch welche im Winter die fehlende Sommersonne ersetzt wird. Das ganze Jahr hindurch finden ununterbrochen die sogenannten Stadionkurse statt, an denen jedermann im Rahmen des festgelegten Stundenplanes gegen Entrichtung einer geringen Gebühr teilnehmen kann. Unter der Leitung erprobter Lehrkräfte wird in diesen Kursen Unterricht in allgemeiner Körperschulung, Turnen, Spiel und Sport erteilt. Außerdem ist jeder Teilnehmer berechtigt, sich von dem Sportarzt des Stadions unentgeltlich untersuchen und beraten zu lassen. Nach der Übungsstunde stehen den Teilnehmern heiße Duschen und Bäder zur Verfügung. Die Wirkungen des Trainings können ergänzt und verstärkt werden in den Massageräumen, durch Höhensonnen- und Wärmesonnen-Bestrahlung.

Waldtheater

Vor der Halle liegt ein Spielfeld, umgeben von einer 400-m-Bahn, das ausschließlich Übungszwecken dient. Der Rückweg führt uns an dem links gelegenen kleinen Waldtheater vorbei, das in seiner eigenartigen Abgeschlossenheit nicht dem Sport, sondern der Kunst, der Erziehung und der Religion dient. Es faßt etwa 1200 Zuschauer. Auf die gottesdienstliche Bestimmung deutet der "Glockenbaum" hin.

Tennisplätze

Wir wenden uns nun wiederum dem Hauptgebäude, kreuzen die große Achse, die durch die Mitte der großen Übungs- und Festwiese führt, und gelangen an der Autoanfahrt vorbei nach rechts zu den Tennisplätzen, nach links zu der Radrennbahn. Die 14 Tennisplätze nämlich 12 harte Plätze mit Entoutcas-Decken und 2 Rasenplätze, gruppieren sich um den in der Mitte gelegenen Turnierplatz, dessen Terrassen ca. 2500 Zuschauer fassen. Das Spielen auf den Plätzen ist nicht von der Zugehörigkeit zu einem Verein oder Klub abhängig, sondern jedermann kann einen Platz stundenweise oder für die ganze Saison mieten. Das kleine Cafe vor dem Turnierplatz mit den Umkleide- und Duschräumen ist für jedermann geöffnet.

Haupteingang zur Radrennbahn

Die 400 m lange Radrennbahn ist für Flieger- und Steherrennen hinter großen Motoren sowie auch für reine Motorradrennen konstruiert. Sie besitzt ein sogenanntes gebrochenes Profil, d.h. die innere, weniger geneigte 4 m breite Bahn ist die Bahn der Flieger und die äußere, 6 m breite Bahn mit einem höchsten Neigungswinkel von 49 Grad ist die Bahn der Steher, d. h., der Fahrer hinter großen Schrittmachermotoren. Auf dieser Bahn kann bis zu einer Geschwindigkeit von 140 km in der Stunde - 1 Runde in 10,3 Sekunden - gefahren werden. Die viereckige Fläche in der Mitte des Innenraumes dient zur Abhaltung von Radballspielen, Reigenfahren, Boxkämpfen etc. In den Innenraum der Bahn führen zwei Tunnel, der eine für Zuschauer von der Mörfelder Landstraße aus, der andere für Rennfahrer von den unterhalb der großen Tribüne befindlichen Kabinen, Bade- und Betriebsräumen. Das Tribünengebäude enthält neben dem Restaurant ebenso wie das Hauptgebäude ein Kursistenheim zur Beherbergung von auswärtigen Teilnehmern an den hier stattfindenden Sportlehrgängen. Ein Rundgang um die Bahn führt uns an dem von der Familie von Opel gestifteten Denkmal August Lehr's vorbei, dem Pionier und ersten Weltmeister im Radrennen auf der Bahn. In der Radrennbahn können bequem 20000 Zuschauer Platz finden.

Radrennbahn

Wir sind nunmehr auf der kleinen Achse angelangt, in deren Flucht die Radrennbahn, die Schwimmbahn und das Licht-Luftbad mit Planschbecken sowie die Gaststätten liegen. Bemühen wir uns über die Treppe zu der hinter dem Springturm gelegenen Terrasse, von der aus man einen herrlichen Blick über die ganze Badeanlage genießt! Rechts unter uns liegen die 100 m lange und 22 m breite Schwimmbahn und das 18 m lange Sprungbecken. Von den 8 numerierten Blöcken auf der Brücke, die die Schwimmbahn und das Sprungbecken trennt, starten die Wettschwimmer. Aus fünf verschiedenen Höhen, nämlich aus l, 3, 5,7 und lo m Höhe, werden die Sprünge geübt. Die Tiefe des Sprungbeckens beträgt 4,70 m und die des Schwimmbeckens von 1,80 bis 2,50 m. Beide Becken zusammen fassen 7000 cbm Wasser, das von einer in der Nähe im Stadtwalde gelegenen Pumpstation der städtischen Wasserwerke kommt, fortgesetzt erneuert und in einer maschinell betriebenen Filteranlage gereinigt wird. Je nach der Witterung wird das Wasser durch Zusatz von Dampf, der als Abfalldampf von der Pumpstation Oberforsthaus bezogen wird, auf durchschnittlich 2O-21 Grad Celsius erwärmt. Unterhalb der Wasserlinie liegt in der Wandung des Beckens eine Reihe von elektrischen Beleuchtungskörpern, ähnlich den Bullaugen der Schiffe, durch die das Wasser von unten erleuchtet werden kann. Die rechts aufsteigenden Terrassen fassen 6000 Zuschauer.

Schwimmbahn

Das im Licht-Luftbad gelegene Planschbecken beginnt bei einer Tiefe von nur 30 cm, die sich bis zur Mitte auf 1,20 m steigert. Hier können sich also ohne Gefahr Kinder und Nicht-Schwimmer im Wasser tummeln. Für die ganz Kleinen ist das Sandbecken da. Jenseits des Waldweges liegt, eingebettet zwischen hohen Bäumen, eine nur für die Badegäste bestimmte Spielwiese, die durch eine Brücke mit der Hauptanlage verbunden ist. Für alle Bequemlichkeiten des Badepublikums ist gesorgt: Friseur und Masseur für Damen und Herren stehen zur Verfügung, Tages- und Sportzeitungen sowie sonstige Unterhaltungslektüre sind erhältlich. Die Korbstühle und Liegesessel auf den Dächern stehen unentgeltlich zur Verfügung. Für die leiblichen Genüsse sorgt die Gaststätte, zu der der Besucher sich nunmehr über den links an den Badeanlagen vorbeiführenden Waldweg wenden möge, um sich nach den Anstrengungen des Rundgangs an Speise und Trank zu laben.

Restaurant im Luftbad

Zum Schluß sei noch die rechts der Aufmarsch-Allee, abseits im Wald gelegene Tanzwiese mit Spielplatz erwähnt, die sich besonders für Vereine und Schulen zur Abhaltung von Festen eignet. Der Platz ist bemerkenswert durch die sogenannte "Tanzeiche", so genannt, weil um sie herum ein Tanzpodium im Freien errichtet ist.

Als schwierig erwies sich auch die Regelung der Verkehrsverhältnisse. Bei einer derartigen Anlage muß von vornherein mit einer sehr großen Zahl von Besuchern gerechnet werden, deren Verweisung auf eine Zugangsstraße zu Verkehrsstockungen und Unfällen führen würde, die sich durch eine zweckmäßige Anordnung leicht vermeiden lassen. Der Verkehr ist in sich vollkommen getrennt. Bei großen Veranstaltungen - an einem Tage der Arbeiter-Olympiade des Jahres 1926 waren über 200000 Besucher anwesend - ist die Mörfelder Landstraße, die große Chaussee, die am Stadion entlang führt, für jegliches Gefährt verboten. Lediglich die Straßenbahnen fahren bis zu einem vor der Eisenbahnunterführung rechter Hand liegenden Bahnhof. Die Radfahrer biegen auf der Forsthausstraße in den Stadtwald ab und kommen auf den im Wald hergestellten Radfahrwegen bei den Radaufbewahrungsstellen an, die gegenüber dem Haupteingang und neben dem Eingang zur Radrennbahn liegen. Alle Fuhrwerke, Automobile und Pferdefahrzeuge biegen am Oberforsthaus ab und fahren von der Isenburger Chaussee über eine für diesen Zweck hergerichtete Automobilstraße quer durch den Wald, endigend bei der Anfahrtstraße, die zwischen der Radrennbahn und den Tennisplätzen liegt.

Das Stadion verdankt seine Entstehung den wiederholten Eingaben und Vorstellungen der Frankfurter Turn- und Sportvereine. Trotzdem wäre wohl nie an die Ausführung eines solchen Projekts gedacht worden, wenn nicht in Frankfurt in den Nachkriegsjahren die große Erwerbslosenziffer mit einem starken Prozentsatz von entlassenen kaufmännischen und Bankangestellten eine Beschäftigung dieser nach Arbeit sich sehnenden Menschen notwendig gemacht hätte. Es entsprach den durchaus berechtigten Forderungen der Bürgerschaft, daß man die Erwerbslosen, wenn irgend möglich, nicht unterstützen, sondern ihnen Arbeit geben möge. So verdankt das Stadion seine Entstehung einer fürsorgerischen Maßnahme, die vielen Menschen über schwere Zeiten hinweggeholfen hat. Sogar die Betonarbeiten der Sitzreihen, Einfassungen im Luft- und Lichtbad vor dem Restaurant usw. sind auf diese Weise erstellt worden, da sich am südlichen Ende, gegenüber dem Haupttribünengebäude der großen Übungswiese, der geeignete Sand vorfand, so daß eine kleine Fabrik hierfür errichtet werden konnte. Für die Verwaltung der Anlage ist eine Betriebsgesellschaft gegründet worden, deren Anteile sich ganz in den Händen der Stadtverwaltung befinden. Daß das Unternehmen seinen Zweck und sein Ziel, den Bürgern beiderlei Geschlechts der Stadt zu dienen, erfüllt hat, geht aus den hohen Besucherziffern der letzten Jahre hervor.

Bilder und Text aus: Das Stadion zu Frankfurt am Main, 1928