Hintergrundinformationen
Im November 2009 wurde eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem Deutschen Bundestag und dem Bundesarchiv zur Digitalisierung und Onlinestellung des Bestandes DA 1 Volkskammer der DDR, Teil 10. Wahlperiode geschlossen. Anlass war der 20. Jahrestag der freien Wahl zur Volkskammer der DDR am 18. März 2010.
Am 18. März 1990 fanden in der DDR die ersten freien Wahlen zur Volkskammer statt. Daran nahmen erstmals die in der Wendezeit neugegründeten Parteien und andere politische Vereinigungen teil. Im Vorfeld schlossen sie sich zu Wahlbündnissen zusammen.
Mit der neugewählten Volkskammer der 10. Wahlperiode entstand erstmals in der DDR ein demokratisches Parlament auf der Grundlage freier Wahlen. Dieses Parlament schuf durch seine gesetzgeberische Arbeit Rahmenbedingungen für das Zusammengehen beider deutscher Staaten im Einigungsprozess. Präsidentin der letzten Volkskammer der DDR war von April bis Oktober 1990 Frau Dr. Sabine Bergmann-Pohl (CDU). Die meisten Abgeordneten der 10. Wahlperiode wurden erstmalig gewählt. In den knapp sechs Monaten absolvierten die Abgeordneten 38 Plenarsitzungen, verabschiedeten 164 Gesetze, fassten 93 Beschlüsse und gaben zahlreiche Stellungnahmen ab. Sie schufen damit die gesetzlichen Grundlagen eines demokratischen Staates und die Voraussetzungen für ein geeintes Deutschland.
Unter dem Ministerpräsidenten Lothar de Maiziere (CDU) wurde die erste frei gewählte Koalitionsregierung der DDR gebildet, die zum 1. Juli 1990 die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion mit der Bundesrepublik Deutschland beschloss und dazu beitrug, am 3. Oktober 1990 durch den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik die deutsche Einheit wiederherzustellen.
Das Ende der DDR bedeutete auch das Ende der Volkskammer. Am 2. Oktober 1990 fand die letzte Tagung der Volkskammer statt. Bereits am 4. Oktober 1990 hielt der neue Bundestag im Berliner Reichstagsgebäude die erste Sitzung ab. Nach Artikel 42 Absatz 1 des Einigungsvertrages wählte die Volkskammer 144 Abgeordnete sowie Ersatzpersonen zur Entsendung in den 11. Deutschen Bundestag und benannte zusätzlich von jeder Fraktion Abgeordnete zur Entsendung als Beobachter für das Europäische Parlament. In das Kabinett der Regierung Kohl wurden 5 Minister der ehemaligen DDR-Regierung aufgenommen.
Die am 3. Oktober 1990 eingesetzte Abwicklungsstelle der Volkskammer übergab dem Bundesarchiv 1990/1991 auch die Unterlagen der 10. Wahlperiode. Die über 730 Akten mit mehr als 142.600 Digitalisaten sind nun online einsehbar.
Die Akten stellen eine wertvolle Quelle des ersten und zugleich letzten demokratischen Parlaments in der Geschichte der DDR dar. Sie dokumentieren den von den demokratischen Kräften getragenen Umbruch in der DDR sowie den Zusammenbruch des alten Partei- und Staatsapparates und enthalten u.a. die Wahlniederschriften und Wahlergebnisse sowie Einladungen, Tagesordnungen, stenografische Niederschriften, Protokolle und Druckschriften, Anträge der Fraktionen, Berichte und Stellungnahmen der Tagungen. Von den 26 ständigen Ausschüssen der Volkskammer sind Beschlussprotokolle oder Sitzungsberichte, zum Teil auch Vorlagen und Schriftwechsel vorhanden. Über Aufgaben und Ziele der neuen Parteien und Organisationen ist in der Rechtsabteilung ein geschlossener Aktenkomplex zu den Eintragungen in das Parteienregister einsehbar.
Neben dem Online-Angebot des Bundesarchivs bietet der Deutsche Bundestag auf seiner Webseite die digitalisierten Druckschriften und Protokolle der 10. Wahlperiode der Volkskammer der DDR im PDF-Format an.