Revolverschnauze
Der Claire-Waldoff-Abend
Katrin Schinköth-Haase ist Claire Waldoff
Sie wird am Piano begleitet von Alexander Goldenberg, der auch alle
Lieder arrangierte
Clara Wortmann, geboren 1884, rothaariges Kuckuckskind, bekanntermaßen
nicht die Tochter ihres Vaters: wächst auf in Gelsenkirchen,
verprügelt Jungs, geht auf's erste Mädchengymnasium im damaligen
Kaiserreich und schmeißt ihr Abitur für ein Leben als Künstlerin.
Sie tingelt mit Theatergruppen durchs Land, ernährt sich von
Zigaretten und Tee, verfeiert ihr bisschen Geld mit Freunden, geht
1906 nach Berlin, steht 1907 das erste Mal auf einer Kabarettbühne
und singt, gegen den Willen des Intendanten, ihr "Schmackeduzchen".
Einen Tag später ist der "Stern von Berlin" - Claire
Waldoff.
Sie lebt schnell, laut und intensiv, niemand grölt so empfindsam
wie sie. Ihre Lieder werden auf der Straße gepfiffen, sie ist
die bestbezahlte Künstlerin in ganz Berlin, verkauft massenhaft
Schallplatten und - kauft sich eine Gartenlaube.
Ihr "Wer schmeißt denn da mit Lehm" ist der Soundtrack
zur Weltwirtschaftskrise.
Sie füttert ihre Freunde (meistens Maler) durch, lebt in einer
Dauerbeziehung mit einer Frau - Olly von Roeder. Sie ist emanzipiert
bevor es das Wort gibt, vermarktet sich ein Leben lang selber.
Sie eckt bei den Obrigkeiten an, aber von den Bühnen kriegt sie
keiner, das Kaiserreich nicht und die Nazis auch nicht. Ihr "Hermann
heeßt er" wird im Volksmund zum Spottlied auf Hermann Göring,
Joseph Goebbels, der Bock vom Babelsberg, muss "damit leben,
dass es sie gibt".
Erst ein Schlaganfall bremst diese Frau die, nach einigen Konzerten
in Westberlin, die erstmals nicht ausverkauft waren, selber bekennt,
dass "eben alles mal ein Ende hat".
Claire Waldoff stirbt am 22. Januar 1957. Im Friedrichstadtpalast
steht das Publikum für eine Gedenkminute auf.
Ein Leben das erzählt werden muss. Katrin Schinköth-Haase
setzt mit Waldoff-Liedern und Texten einige Blitzlichter auf das Wirken
und Schaffen einer Frau, die sich in jeder Lebenslage treu geblieben
ist und sagen konnte "Ich habe nie für die feinen Pinkels
gesungen".