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11.11.2011

Plusminus
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Rückschau: Feuchte Keller

Sanierung durch Strahlung? 

 

Feuchte Kellerwände (Bild: Bild: imago) Bild vergrößern Bildunterschrift: Wer feuchte Mauern trockenlegen will, muss tief in die Tasche greifen. ]
(© WDR) von Nicole Kohnert

Wer Mauern trocken legen muss, weiß genau: Das wird teuer. Denn oft können solche Maßnahmen mehrere 10.000 Euro kosten. Und je nach Lage sind die Bemühungen nicht immer von Erfolg gekrönt. Darum wirkt das Angebot der Firma Aquapol umso verlockender: Ein Gerät, das man in den Keller hängt, soll ganz ohne Bohren, ohne Dreck und Chemie die Nässe aus den Wänden vertreiben. Die Kosten dafür betragen zwischen 5.000 und 10.000 Euro.

Die Firma wirbt mit vielen Referenzen, unter anderem mit dem Parlament in Budapest, wo das funktioniert haben soll und verweist auf ihrer Webseite auf einen berühmten Fürsprecher: TV-Pfarrer Jürgen Fliege. In mehreren Sendungen hatte er Aquapol-Kunden zu Gast, die gute Erfahrungen mit dem Gerät gemacht haben sollen. Und der Pfarrer höchstpersönlich hat das Gerät schon ausprobiert. Es soll in seinem Privathaus funktioniert haben.

Gerät der Firma Aquapol (Bild: WDR/TV-Bild) Bild vergrößern Bildunterschrift: Ein Gerät der Firma Aquapol soll die Nässe aus den Wänden vertreiben. ]
Wie es funktioniert, interessiert ihn nicht: „Mich interessiert nicht, was Wissenschaftler sagen, muss ich Ihnen wirklich sagen. Ich gehe ja auch in eine Arztpraxis und verstehe nicht, was die mit mir machen. Ich gehe in ein Flugzeug und verstehe es nicht unbedingt. Also ich gehe und gucke: Kann ich vertrauen oder nicht vertrauen? Das ist mein Maßstab.“ Jürgen Fliege hat Aquapol vertraut. Wissenschaftler und Bauexperten zweifeln an dem Gerät.

Ein Aquapol-Kunde, der unerkannt bleiben möchte, erklärt uns in seinem Keller, wie das Gerät installiert wurde. Ein Aquapol-Mitarbeiter sei gekommen, um den richtigen Ort für das Gerät zu finden. Nach zwei Jahren hatte der Kunde Zweifel, dass das Gerät seinen Keller trockengelegt hat. Ein Sachverständiger nimmt für plusminus Proben und schickt sie ins Labor. Dort soll mit der sogenannten Darr-Methode festgestellt werden, ob die Kellerproben immer noch feucht sind.

Kraft aus dem Kosmos

Innenleben des Gerätes der Firma Aquapol (Bild: WDR/TV-Bild) Bild vergrößern Bildunterschrift: Wie das Gerät funktionieren soll, will Aquapol nicht erklären. ]
Wie das Gerät funktionieren soll, will uns die Firma nicht erklären. Auf eine schriftliche Anfrage wird uns nicht geantwortet. Noch vor der Ausstrahlung des Beitrags hat sich die Firma bei der Geschäftsleitung des WDR beschwert und rechtliche Schritte angedroht.

plusminus sucht eine Erklärung im Buch „Angriffsziel Altbauten“. Darin erklärt Aquapol-Geschäftsführer Wilhelm Mohorn, wie das Gerät ohne Strom funktionieren soll. Angeblich holt sich das Gerät die Energie aus dem natürlichen Erdfeld. Außerdem speist sich das Gerät „aus einer zweiten Energiequelle, die von Physikern mit dem Oberbegriff ‚Raumenergie’ bezeichnet wird. Diese zusätzliche Kraft aus dem Kosmos verstärkt das aus dem Erdfeld angezapfte gravomagnetische Feld und erweitert das Wirkungsfeld.“

Die Begriffe erinnern uns zunächst an Science-Fiction-Serien. Aber wir holen eine Expertenmeinung ein. Wir fragen Professor Harald Garrecht von der TU Darmstadt nach den Begriffen, mit denen Aquapol wirbt. Seine Reaktion: „All diese Begrifflichkeiten, die bei diesen Dingen zum Einsatz kommen, auch die technischen Beschreibungen, die mir bekannt sind, lassen sich mit ingenieurwissenschaftlichen, naturwissenschaftlichen Begrifflichkeiten nicht in Übereinstimmung bringen.“

Auch Kolja Prothmann, Diplom-Physiker am Max-Planck-Institut, zweifelt an den Begriffen: „Die gravomagnetische Energie wurde noch nie in einem wissenschaftlichen Versuch nachgewiesen. Die einzige mir bekannte Referenz bezieht sich auf die Science-Fiction-Serie ‚Mondbasis Alpha 1‘ aus dem Jahr 1977.“

Feuchtigkeitsmessung an einer Kellerwand; Bild: WDR (TV-Bild) Bild vergrößern Bildunterschrift: Zwei Jahre nach Installation des Gerätes ist der Keller immer noch feucht. ]
Dabei wirbt die Firma Aquapol damit, es schon 44.000 Mal verkauft zu haben. Außerdem steht auf der Internetseite eine lange Liste mit Zertifikaten – unter anderem auch das TÜV-Zertifikat. Das, so ergeben unsere Recherchen, sagt aber nichts über die Wirksamkeit aus, sondern dass von dem Gerät keine gefährliche Strahlung ausgeht. Ohne einen Stromanschluss, so leuchtet uns ein, kann dieses Gerät tatsächlich nicht gefährlich sein. Aquapol wurde schon vor Jahren abgemahnt, einen Zusammenhang zwischen dem TÜV-Zertifikat und der Wirksamkeit des Geräts herzustellen, erklärt ein TÜV-Sprecher.

Zumindest der Aquapol-Kunde, dessen Mauerproben wir ins Labor geschickt haben, ist mit dem Gerät unzufrieden. Die Überprüfung hat ergeben, dass sein Keller immer noch feucht ist. An einigen Stellen sogar noch feuchter als zuvor.

Dieser Text informiert über den Fernsehbeitrag vom 30.11.2010. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.

Sendung vom
Di, 30.11.10 | 21:50 Uhr

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