Merken   Drucken   06.12.2011, 07:14 Schriftgröße: AAA

Top-Rating "AAA": S&P tut's schon wieder

Drohung verbreitet sich wie ein Lauffeuer
Nun folgte am späten Montag eine neue Episode: Nach Handelsschluss in Europa, aber noch zur Handelszeit in den USA kurz vor 21 Uhr mitteleuropäischer Zeit bekommen Händler, die Financial Times und die Nachrichtenagentur Bloomberg Wind von der Drohung von Standard & Poor's gegenüber den Euro-Staaten, die sich sofort wie das sprichwörtliche Lauffeuer verbreitet, den Euro knapp ein Cent zum US-Dollar einbrechen und die US-Aktien zwei Drittel ihrer Tagesgewinne preisgeben lässt - obwohl die Agentur erst ab 16:26 Uhr US-Ostküstenzeit (22:26 Uhr Mitteleuropäischer Zeit) und somit auch nach US-Handelsschluss ihre Entscheidung öffentlich macht und begründet.
Für die Vorgänge gibt es zwar auch eine andere Erklärungen - etwa die, dass beleidigte Politiker oder Aufseher die Herabstufung, von der sie aus dem vertraulichen Dialog mit der Ratingagentur wissen, vorab durchsickern lassen, um Standard & Poor's bewusst zu schaden. Standard & Poor's argumentiert nun genau so: Man habe im Falle der drohenden Massenherabstufungen den Regierungen mit zwölf Stunden Vorlaufzeit die Nachricht vorab mitgeteilt. Aber macht dies den Sachverhalt besser? Schließlich liegt es in der Verantwortung von Standard & Poor's, selbst die Vertraulichkeit von selbst produzierten und stark kursrelevanten Nachrichten sicherzustellen.
Gewiss: In vielen Fällen sind Ratingagenturen die Überbringer schlechter Nachrichten, nicht ihre Ursache. Auch stehen sie oft zu Unrecht am Pranger, denn für die Abhängigkeiten, in die sich viele Akteure von den Ratingurteilen begeben haben, sind diese Akteure selbst verantwortlich: Investmentfonds bei ihren Anlagekriterien, die Europäische Zentralbank bei der Beleihfähigkeit von Wertpapieren oder die ganze Euro-Zone bei der Konstruktion des Rettungsfonds EFSF - sie alle haben sich oft sklavisch gekettet an das Urteil von Standard & Poor's und Co. Und tatsächlich gehören auch Gerüchte zur Börse. Mal stimmen sie, mal stimmen sie nicht. Insiderhandel mag verboten sein, ist aber auch Teil des Börsenalltags.
Die jüngsten Vorgänge sind aber weit mehr als nur ein Imageproblem für Standard & Poor's. Die Ratingagentur muss zusammen mit den Regierungen und Aufsehern die Informationslecks in den Griff bekommen und zügig aufklären, wie derart wesentliche Informationen vorab durchsickern konnten; die Aufseher müssen die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Andernfalls steht nicht nur der ohnehin schon ramponierte Ruf der Ratingagentur, sondern auch der des Kapitalmarkts auf dem Spiel.
Der Eindruck, dass im Markt für Staatsanleihen mit gezinkten Karten gespielt wird, ist das letzte, was ohnehin schon nervöse menschliche Investoren und auf chronisch nervösen Handel programmierte Computerprogramme derzeit noch gebrauchen könnten - und wäre ein Signal auch dafür, dass viele Vorwürfe der "Occupy"-Bewegung womöglich näher an der Wahrheit liegen, als es selbst Profis wahrhaben wollen.
  • FTD.de, 06.12.2011
    © 2011 Financial Times Deutschland,
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Kommentare
  • 08.12.2011 08:17:33 Uhr   ohminus: @Achim

    "Man mag die USA, GB und Japan wegen ihrer hohen Verschuldung vergleichen und angreifen. Aber immerhin herrscht dort Ordnung und nicht so ein Chaos wie in Euroland"

    Wann hast Du Dich das letzte Mal über die USA informiert? Dass die USA aus rein wahltaktischen Gründen seit Monaten am Rand der Zahlungsunfähigkeit operiert ist neuerdings "Ordnung"? Eine Fundamentalopposition, die selbst ohne konkreten Anlass reflexartig ihr "Dagegen"-Schild hochhält ist Ordnung? Präsidentschaftskandidaten, die weniger Ahnung haben von der Welt als ein deutscher Schulabbrecher sind sicherlich auch Garanten für Ordnung?

  • 07.12.2011 15:36:15 Uhr   focus: @Achim
  • 07.12.2011 10:26:00 Uhr   John Doe: Casino Spielchen
  • 06.12.2011 21:01:49 Uhr   Achim: Informationsvorsprung? Bitte Hirn einschalten...
  • 06.12.2011 17:58:07 Uhr   Arbeiter: S&P
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