Wer zieht in Hessens Gemeinde- und Städteparlamente ein? Wer regiert künftig in Rathäusern und Landratsämtern? Rund 4,6 Millionen Einwohner Hessens sind am Sonntag zur Kommunalwahl aufgerufen. 17 Parteien und 550 Wählergruppen buhlen landesweit um Stimmen. Auch wenn es dabei vor allem um die kommunalen Ämter und Sitze geht – die Kommunalwahl gilt auch als wichtiger Stimmungstest für die neugebildete Landesregierung und die Bundespolitik.

SPD setzt auf Rückenwind aus dem Norden

Mit SPD, Grünen und Linkspartei warben am Donnerstag gleich drei Parteien auf zentralen Abschlussveranstaltungen um letzte Wählerstimmen. Gastredner bei den Sozialdemokraten im Frankfurter Bürgerhaus Gallus war Hamburgs frischgebackener Bürgermeister Olaf Scholz. Der strahlende Wahlsieger aus der Hansestadt sollte seiner Partei und vor allem den Frankfurter Genossen um Spitzenkandidat Klaus Oesterling im Wahlkampfendspurt zusätzlichen Rückenwind verleihen. "Sein Wahlsieg beflügelt uns", war sich der Frankfurter Landtagsabgeordnete Gernot Grumbach sicher.

SPD-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel, der Scholz im voll besetzten Bürgerhaus begrüßte, hat ein ehrgeiziges Ziel ausgegeben: Mehr als die Hälfte der Rathäuser und Kreisverwaltungen wollen die Sozialdemokraten erobern. Vor allem will die Partei ein besseres Ergebnis als bei der Kommunalwahl vor fünf Jahren erzielen. Damals hatte die SPD landesweit nur 34,7 Prozent aller Stimmen geholt – ein Minus von 3,8 Punkten gegenüber 2001. In Hessens größter Stadt Frankfurt lag die SPD bei einer Umfrage vor knapp zwei Wochen bei 28,2 Prozent. Das würde ein Plus gegenüber 2006 von immerhin 4,2 Prozentpunkten bedeuten.

Selbstbewusste Grüne

Beflügelt von der neu entbrannten Debatte um die Atomkraft strotzen die Grünen derzeit nur so vor Selbstbewusstsein. Auch sie hatten sich für ihre Abschlussveranstaltung am Donnerstagabend prominente Verstärkung ins Boot geholt: In der Darmstädter Centralstation unterstützte Bundestags-Fraktionschef Jürgen Trittin seinen hessischen Kollegen Tarek Al-Wazir sowie den Darmstädter OB-Kandidaten Jochen Partsch. Partsch werden durchaus Chancen eingeräumt, den Rathaussessel in der südhessischen Metropole zu erobern – genauso wie seinen Parteikollegen Andreas Jürgens in Kassel und Franz Kahle in Marburg.

2006 kamen die Grünen in Hessen insgesamt auf 9,2 Prozent. Das soll sich am Sonntag gehörig ändern. Al-Wazir strebt den Gewinn von insgesamt 900 Mandaten an. "Wir haben eine unglaubliche Chance", erklärte der Landeschef, dessen Partei sich seit Monaten auch bundesweit im Höhenflug befindet. In Frankfurt, wo die Grünen auf eine Fortsetzung der Koalition mit der CDU setzen, kann die Partei laut Umfrage sogar mit gut 25 Prozent rechnen – das wäre ein Stimmenzuwachs von zehn Punkten.

Linkspartei vor Premiere

Etwas bescheidener dürften die Ziele der Linkspartei sein. Für sie ist es nach ihrer Gründung 2007 ohnehin die erste Kommunalwahl. 2006 hatten ihre Vorgänger – Die Linke, WASG und ZL – zusammen 3,3 Prozent aller Stimmen erhalten. In Frankfurt hatte die Liste "Die Linke.WASG" noch 6,6 Prozent bekommen. Laut Umfrage droht dort nun mit 3,4 Prozent allerdings ein kräftiges Minus.

Die Linkspartei setzte auf ihrer Abschlussveranstaltung auf Gregor Gysi. Der Chef der Bundestagsfraktion wurde im Kasseler Kulturbahnhof erwartet. Es sollte dort vor allem um den Kampf gegen die Schuldenbremse gehen, über die am Sonntag ebenfalls in einer Volksabstimmung entschieden wird. Die Linkspartei lehnt als einzige Partei im hessischen Landtag das Verbot zum Schuldenmachen ab dem Jahr 2020 ab.

CDU und FDP am Freitag

Am Freitag gehen auch CDU und FDP letztmals auf Stimmenjagd. Während die Christdemokraten mit Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière und Ministerpräsident Volker Bouffier in Volkmarsen zu einem verspäteten "Politischen Aschermittwoch" laden, sind die Liberalen in Kassel zu Gast. Dort wollen Justizminister und Landesvorsitzender Jörg-Uwe Hahn sowie Wirtschaftsminister Dieter Posch um Wähler werben.

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