Mitte/West-Thüringen

Weimar : Stiftung beendet Suche nach Schiller-Schädel

Auch wenn es bereits neue Theorien gibt: Die Klassik Stiftung Weimar wird sich nicht an einer Suche nach Schillers Schädel beteiligen. Der Sarg neben Goethe werde künftig leer bleiben, teilte Stiftungspräsident Seemann mit.

Die Klassik Stiftung Weimar wird nicht weiter zum Verbleib des echten Schädels von Friedrich Schiller forschen. "Das ist nicht unsere Aufgabe", sagte Stiftungspräsident Hellmut Seemann am Montag zur Vorstellung der Forschungsergebnisse. "Wir hatten nur die Frage zu klären, ob einer der zwei Schädel in der Fürstengruft Schiller zuzuordnen ist oder nicht." Ein internationales Wissenschaftlerteam hatte in einem vom MDR mitinitiierten Projekt anhand von DNA- Analysen zweifelsfrei geklärt, dass keiner der beiden Schädel und auch keine anderen Skelettteile aus Schillers Sarg vom Dichter stammen.

Seemann rechnet nicht mit Besucherschwund

Seemann erklärte, er sei erleichtert, dass sich nach 180 Jahren diese Frage endgültig geklärt habe. "Wir werden nicht in europäischen Schädelsammlungen nach ihm suchen", betonte Seemann. Zugleich teilte er mit, dass in der Fürstengruft neben dem Sarkophag mit den Gebeinen Johann Wolfgang von Goethes weiterhin der leere Sarg von Schiller stehen werde. Auch habe er keine Bedenken, dass die Schillerverehrer ausbleiben werden, sagte Stiftungspräsident Hellmut Seemann am Montag in der Klassikerstadt. Eher rechne er mit dem Gegenteil.

"Es ist nicht Aufgabe der Klassik Stiftung, in den europäischen anthropologischen Sammlungen nach Schillers Schädel zu suchen."

Hellmut Seemann, Präsident der Klassik Stiftung Weimar

Historiker glaubt an frühen Raub

Der Historiker Ralph Jahn ist überzeugt, dass der echte Schädel noch irgendwo existiert. Der Schiller-Experte geht von einer gezielten Vertauschung des Schiller-Schädels kurz nach der Beerdigung 1805 aus. Im Verdacht hat er den Weimarer Professor Ludwig Friedrich von Froriep, der 1826 an der Umbettung Schillers aus dem Gewölbe in die Fürstengruft beteiligt gewesen war. Froriep habe Schiller gut gekannt, er habe Zeit, Gelegenheit und das Motiv gehabt. Zudem habe damals ein regelrechter Schädelkult bestanden. Froriep soll 1.500 Schädel besessen haben. Man war der Ansicht, von der Schädelform auf das Genie schließen zu können. "Es wäre eine absolute Todsünde gewesen, den Schädel vermodern zu lassen."

"Es wäre eine absolute Todsünde gewesen, den Schädel vermodern zu lassen."

Ralf Jahn, Historiker.

Wie kam es überhaupt zu zwei Schädeln?

Friedrich Schiller (1759-1805) war nach seinem Tod zunächst in einem Sammelgrab des sogenannten Kassengewölbes auf dem Jakobskirchhofs in Weimar beigesetzt worden. Erst 21 Jahre später sollte er auf Grund seiner posthum gestiegenen Popularität eine würdigere Ruhestätte erhalten. Der Weimarer Bürgermeister wählte dazu aus der Vielzahl der im Gewölbe lagernden Schädel den aus, der ihm am passendsten erschien. Goethes Sohn August verfuhr kurz darauf auf gleiche Weise mit den Gebeinen. Den zweiten Schädel barg 1911 der Tübinger Forscher August von Froriep, ein Enkel des von Jahn vermuteten Schädeldiebs. Vorausgegangen war eine jahrzehntelange Expertendebatte um die Echtheit des Schädels. 1914 wurde der Schädel in einem eigenen Sarg in der Fürstengruft bestattet.

Zuletzt aktualisiert: 05. Mai 2008, 19:01 Uhr

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