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Euromosaik-Studie

.1. Allgemeine Informationen

.1.1 Sprache

Serbisch [srpski] ist eine südslawische Sprache und eng verwandt mit dem Kroatischen. Es wird weltweit von ca. 12 Millionen Menschen gesprochen, die hauptsächlich in Serbien leben (ca. 6,7 Millionen). Neben dem Kroatischen hat sich auch Serbisch mehr slawische Elemente in seinem Vokabular bewahrt als andere slawische Sprachen. Die in Ungarn gesprochenen serbischen Dialekte sind stark vom Ungarischen beeinflusst und unterscheiden sich daher von der in Serbien gesprochenen Variante.

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.1.2 Geschichte, Geografie und Demografie

Die serbisch-ungarischen Kontakte gehen auf das 12. Jahrhundert zurück. Die erste bekannte serbische Siedlung in Ungarn wurde 1404 auf der Insel Csepel gegründet. Eine große Anzahl Serben kam zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert infolge der osmanischen Besetzung der Balkanhalbinsel und deren späteres Eindringen in das Donaubecken nach Ungarn. Im 18. und 19. Jahrhundert erlangten die Serben auf Grundlage der ihnen vom habsburgischen Kaiser zugestandenen Privilegien persönliche, religiöse und nationale Autonomie. Im 18. Jahrhundert kontrollierten sie einen Großteil des Donauhandels. Die kulturellen Zentren des serbischen Lebens dieser Zeit waren Buda, Pest und Szentendre. Infolge der einsetzenden Magyarisierung zogen sich die Serben gegen Ende des 19. Jahrhunderts allmählich aus Ungarn zurück. Nachdem der Erste Weltkrieg mit dem Vertrag von Trianon beendet wurde, siedelten die meisten über das Land verstreut lebenden Serben in den 1920er Jahren nach Jugoslawien um.

Die Hälfte der Serben lebt in und um Budapest. Die andere Hälfte lebt vor allem in Städten südlicher Landkreise: Bekesch, Csongrad, Batschka und Branau.

Die Größe der serbischen Minderheit beträgt zwischen 3.816 (nach den vorläufigen Ergebnissen der Volkszählung von 2001) und 10.000 Personen (Minderheitenorganisationen zufolge - Tabelle 1 im Länderbericht ). Etwa 8 % der Angehörigen der serbischen Minderheit (Zensus von 2001) fallen in die Altersgruppe ‚0-14’, etwa 38 % in die Altersgruppe ‚15-39’, etwa 35 % in die Altersgruppe ‚40-59’ und etwa 18 % in die Altersgruppe ‚60+’. Von den 44 % berufstätigen Serben (Zensus von 2001) arbeiten etwa 2 % im primären, 14 % im sekundären und 77 % im tertiären Wirtschaftssektor.

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.1.3 Gesetzlicher Status und offizielle Politik

Informationen zum gesetzlichen Status des Serbischen und zur offiziellen Politik bezüglich der serbischen Sprache in Ungarn finden sich in Abschnitt 3 des Länderberichts .

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.2. Präsenz und Gebrauch der Sprache in verschiedenen Bereichen

.2.1 Schule

Im Schuljahr 1999/2000 gab es neun serbische Vorschulen. Insgesamt besuchten 87 Kinder muttersprachliche Vorschulen (erste Kategorie des Vorschulunterrichts für Minderheiten - 3.11 im Länderbericht ) und 94 Kinder zweisprachige Vorschulen (zweite Kategorie des Vorschulunterrichts für Minderheiten - 3.11 im Länderbericht ). Im gleichen Schuljahr war an elf Schulen eine serbische Grundschulausbildung möglich. Muttersprachliche Grundschulen besuchten 164 Schüler (erste Kategorie des Grundschulunterrichts für Minderheiten - 3.12 im Länderbericht ), und 111 Schüler nahmen am serbischen Sprachunterricht teil (dritte Kategorie des Grundschulunterrichts für Minderheiten - 3.12 im Länderbericht ). Muttersprachlicher bzw. zweisprachiger Sekundarschulunterricht auf Serbisch wurde an einer Schule angeboten. An Gymnasien nahmen 126 Schüler am muttersprachlichen oder zweisprachigen Unterricht teil. Im Schuljahr 1999/2000 studierten 66 Studenten Serbisch an Hochschulen. Grundschullehrer für Serbisch werden an der pädagogischen Fakultät der ELTE-Hochschule ausgebildet. Eine Ausbildung für Sekundarschullehrer findet an der geisteswissenschaftlichen Fakultät der geistes- und naturwissenschaftlichen Universität (ELTE) in Budapest und der geistes- und naturwissenschaftlichen Universität József Attila in Segedin [Szeged] statt.

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.2.2 Gerichtsverhandlungen

Allgemeine Informationen zu diesem Thema finden sich in Abschnitt 3.23 des Länderberichts .

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.2.3 Behörden und sonstige offizielle Stellen

Allgemeine Informationen zu diesem Thema finden sich in Abschnitt 3.24 des Länderbericht s. Unklar ist, inwieweit die Angehörigen der Minderheit Dokumente in ihrer Muttersprache verlangen. In einigen Fällen sind sie sich nicht einmal bewusst, dass Übersetzungen vorhanden sind (Zweiter Bericht der Republik Ungarn über die Umsetzung der Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten des Europarates vom Februar 2004). In Magyarcsanád (Landkreis Csongrád) sowie im Dorf Deszk ist der mündliche Gebrauch des Serbischen im Amtsverkehr üblich.

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.2.4 Massenmedien und Informationstechnologie

Zu den staatlich geförderten Printmedien des Szerb Demokratikus Szövetség [Serbischer demokratischer Verband] zählt Srpske Narodne Novine, eine serbische Wochenzeitung. Serbische Bücher sind u. a. in lokalen Bibliotheken verfügbar.

Das öffentliche ungarische Radio sendet täglich ein halbstündiges regionales serbisches Programm, viermal wöchentlich ein regionales 50-minütiges Programm sowie landesweit ein tägliches halbstündiges Programm. Das landesweite Programm wird zwischen 18.30 Uhr und 22.30 Uhr ausgestrahlt. Das Regionalprogramm wird morgens und nachmittags gesendet. Es liegen keine Informationen über serbische Programme privater ungarischer Lokalsender vor.

Das öffentliche ungarische Fernsehen sendet wöchentlich das 26-minütige serbische Programm Srpski ekran. An Werktagen wird es zwischen 14 Uhr und 15 Uhr auf Kanal 1 ausgestrahlt und samstagmorgens auf dem Satellitensender Kanal 2 wiederholt. Die serbischen Programme werden im Studio in Segedin produziert. Es liegen keine Informationen über serbische Programme privater ungarischer Lokalsender vor.

Ende 2003 gab es drei Websites der Serben in Ungarn. Verweise zu verschiedenen serbischen Organisationen und Einrichtungen finden sich unter www.kisebbseg.lap.hu (3.22 im Länderbericht für allgemeine Informationen über Ungarns Minderheiten und neue Medien).

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.2.5 Kunst und Kultur

Serbische Traditionen sowie nationale und religiöse Bräuche werden in den Familien, der Kirche, der Religionsgemeinde und an den Schulen fortgeführt. Auch regionale und lokale Kultureinrichtungen beteiligen sich an der Bewahrung der Volkstraditionen. Die bedeutendsten serbischen Bibliotheken in Ungarn sind: Bibliothek und Archiv des Episkopats der serbisch-orthodoxen Kirche, die Bibliothek der nationalen Selbstverwaltung der serbischen Minderheit sowie die Bibliothek der serbischen Schule in Budapest. Das Verlagshaus Izdan veröffentlicht, oft in Zusammenarbeit mit Partnerverlagen in Jugoslawien, wissenschaftliche, belletristische und Sachbücher serbischer Romanciers, Verfasser von Kurzgeschichten sowie Dramatiker. Jährlich werden drei bis fünf Bücher herausgegeben. Im Jahr 1998 erschien die enzyklopädische CD-ROM „Die Geschichte der serbischen Kultur in Ungarn“ in serbischer Sprache. Die Lokalverwaltung Pomáz und der serbische demokratische Verband gründeten gemeinsam das serbische Theater Joakim Vujity, das heute im Dorf Lórév tätig ist. Das Büro der serbischen nationalen Selbstverwaltung dient als nationales Kulturzentrum.

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.2.6 Wirtschaft

Allgemeine Informationen zu diesem Thema finden sich in Abschnitt 3.25 des Länderberichts .

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.2.7 Familie und sozialer Gebrauch der Sprache

Während 1990 nur 2.953 Personen Serbisch als Muttersprache angaben, waren es 2001 schon 3.388. Da die Ergebnisse des Zensus nur einen Hinweis auf eine mögliche Entwicklung geben (2.1 im Länderbericht ), kann nicht gesagt werden, ob dieser relativ geringe Anstieg auf eine Umkehrung des Sprachwechsels hindeutet. Die ungarischen Serben sind heute meist zwei- oder dreisprachig (d. h. sie verwenden Ungarisch und/oder einen lokalen Dialekt des Serbischen und/oder Standard-Serbisch). Es bestehen jedoch Unterschiede zwischen den Generationen: Während die ältere Generation vorwiegend zweisprachig mit Schwerpunkt auf dem Serbischen ist, liegt der Schwerpunkt bei der zweisprachigen jüngeren Generation auf dem Ungarischen (oder es wird nur das Ungarische beherrscht).

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.2.8 Die europäische Dimension

Es wurde ein bilaterales Abkommen zum Schutz der Rechte der ungarischen Minderheit in der Föderalen Republik Jugoslawien und der in der Republik Ungarn lebenden Serben abgeschlossen.

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.3. Zusammenfassung

Mit etwa 3.816 (Zensus von 2001) bis 10.000 (Minderheitenorganisationen) Angehörigen ist die serbische Minderheit eine der kleinsten Ungarns. Die Serben, deren Vorfahren hauptsächlich im 12. Jahrhundert nach Ungarn kamen, haben sich der ungarischen Bevölkerung weit gehend angepasst. Serbisch wird in begrenztem Umfang in den Medien sowie von einigen Kulturorganisationen verwendet, doch ist der tatsächliche tägliche Gebrauch auf eine ältere Minderheit innerhalb der Minderheit beschränkt. Es werden Versuche unternommen, den Sprachwechsel Serbisch-Ungarisch durch die Einrichtung muttersprachlicher serbischer oder zweisprachiger serbisch-ungarischer Schulen entsprechend dem Bildungsgesetz umzukehren. Sollen diese Initiativen die Weitergabe der Sprache von Generation zu Generation sowie den Gebrauch des Serbischen im Alltag der serbischen Gemeinde ankurbeln, müssen sie von weiteren koordinierten Maßnahmen in den verschiedenen Lebensbereichen der serbischen Minderheit begleitet werden. Trotz des fortschrittlichen Minderheitengesetzes stehen derartige Maßnahmen noch aus. Die Hauptgründe hierfür sind mangelnde Finanzierung, die offensichtliche Kluft zwischen den Rechtsvorschriften und ihrer Umsetzung in die Praxis sowie die Überzeugung einiger Angehöriger der Minderheit, die serbische Kultur und Identität könnten auch ohne die serbische Sprache überleben.