Bayern 2 - Notizbuch


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Gewalt im Kinderzimmer Wie der Krieg ins Legoland kam

Lego hat sich neue Märkte und Zielgruppen erschlossen: Der amerikanische Markt wurde über die Jahrzehnte immer wichtiger, trägt heute rund ein Drittel zum Umsatz bei. Immer mehr seiner Spielwelten produziert Lego in Lizenz: Star Wars, Batman, Herr der Ringe. Und wie die martialischen Namen schon zeigen: Es ist mit ihnen nicht friedlicher geworden in Legoland.

Stand: 29.01.2013
Legofiguren aus der Serie "Super Heroes" | Bild: Lego

1978 lächelt die Lego-Minifigur erstmals freundlich aus ihrem gelben Gesicht. Sie kann nicht anders als glücklich sein: In ihrer friedlichen Welt gibt es nichts Böses - eine Feuerwehr, eine Krankenstation, eine Tankstelle, ein paar Fahrzeuge.

1978: Frieden in Legoland

Tankstelle, Bauarbeiter, Feuerwehr: So friedlich war das Leben in Legoland anno 1978.

Natürlich gibt es auch eine Polizei, sogar mit Gefängniszelle. Aber wer soll da rein? Die Bauarbeiter graben Gruben, der Werkstatt-Mann repariert Autos. Alle tun es mit dem freundlichen Lächeln, das ihren Ursprung im friedlichen, toleranten Dänemark verrät. Waffen gibt es in ihrer Welt nicht. Die Ritter aus der gelben Burg haben zwar Lanzen, Schwerter und Hellebarden, aber gegen wen sollen sie kämpfen? Es fehlen die Gegner. Und im Weltraum sind Raketen und Raumtransporter unterwegs, die aber nur auf die Erforschung fremder Welten aus sind - und deshalb weder Laserkanonen noch Blaster mit sich führen.

80er und 90er: Piraten und schwarze Raumschiffe

Keep smiling: Selbst Piraten und schwarze Raumfahrer lächeln Ende der 80er noch freundlich.

Mitte der 80er Jahre ist der ewige Friede zumindest für die Ritter vorbei: Jetzt gibt es zwei Fraktionen, die Löwen und die Falken. Sie rüsten auf: Speere, Katapulte und Belagerungstürme ziehen ein ins Legoland. Wer gut ist und wer böse, diese Entscheidung allerdings bleibt dem Kind überlassen. Die Fronten klären sich etwas, als 1989 die Piraten einfallen ins Legoland, und mit ihnen Kanonen, Vorderlader-Gewehre, Pistolen und Säbel. Im Weltraum sind schwarze Raumschiffe dazu gekommen, die etwas kriegerischer aussehen - aber von echten Konflikten (noch) keine Spur. Auf der Erde sind die Polizisten weitgehend arbeitslos. Sie regeln den Verkehr und pflegen ihre leeren Gefängniszellen. Und egal ob Piraten, Raumfahrer oder Stadtbewohner: Sie alle lächeln, lächeln und lächeln.

Lego-Ritter - 1978 und heute

1999: Krieg der Sterne - jetzt auch in Legoland

Keine expliziten Waffen: Noch sind die Blaster umgedrehte Megafone. Das ändert sich allerdings bald.

Seit 1999 ist Krieg im Orbit über Legoland (das es unter diesem Namen schon längst nicht mehr gibt): Star Wars - Krieg der Sterne - ist die erste Produktlinie, die Lego in Lizenz produziert. Der Kampf von Gut gegen Böse mit Hilfe von Sternenzerstörern, X-Wing-Fightern und dem Todesstern, dieser Kampf ist für Lego unerhört erfolgreich: Es rettet das Unternehmen zur Jahrtausendwende vor dem drohenden Ruin - und heute tragen Lego-Sets mehr als zwei Drittel zum gesamten Umsatz mit allen Star-Wars-Lizenzprodukten bei. Was anfangs fehlt, sind Handfeuerwaffen - als Ersatz dienen Megafone, denen man ein Lämpchen als Laser aufpinnt. Und egal ob Kampfschiff-Pilot oder Darth Vader: Sie lächeln ihr typisches Lego-Lächeln.

Friedfertigkeit lohnt sich nicht mehr

Das Lächeln vergeht den Figuren in den Folgejahren. Immer naturalistischer wird der Gesichtausdruck der Lego-Minifigur: begeistert oder ängstlich, ärgerlich oder boshaft - alles das ist den gelben Gesichtern jetzt deutlich abzulesen. Irgendwann in dieser Zeit zwischen 2000 und 2010 muss Lego beschlossen haben, dass sich Friedfertigkeit nicht mehr lohnt. Vielleicht ist es der Einfluss von Lizenz-Linien wie Harry Potter, Spiderman oder Herr der Ringe, der es nötig macht, dass man die Frage von gut und böse nicht mehr den Kindern überlassen darf. Vielleicht sind es auch die Videospiele, mit denen Lego sein Produktportfolio erweitert - und bei denen es halt, wie bei Computergames üblich, eben meistens ums Kämpfen geht.

2001: Bionicals - riesenhafte Actionfiguren

Hat mit Lego im herkömmlichen Sinne wenig zu tun: Bionicle-Actionfigur.

Jedenfalls nehmen explizit kriegerische Spiel-Settings immer mehr zu: 2001 kommen die Bionicals auf den Markt, riesenhafte, martialische Actionfiguren, die mit Lego in herkömmlichem Sinn nichts mehr zu tun haben, sich dafür aber bis aufs Messer bekriegen. Sie werden 2010 von der Hero Factory abgelöst, wobei die Helden nicht friedlicher sind - im Gegenteil. Doch die Aufrüstung erfasst auch den Rest von Legoland: Ein Revolver hier, ein Blaster dort - bei den meisten Sets sind die Waffen heute explizit als solche erkennbar. Ein umgedrehtes Megafon? Diese Zeiten sind vorbei. Und auch die Polizei hat endlich was zu tun: Seit mehreren Jahren sind Gauner und Ganoven auf den Straßen von Lego City unterwegs, sie klauen Handtaschen und knacken Tresore und schauen dabei sehr grimmig drein.

Lego-Polizei - 1978 und heute

2013: "Legends of Chima" - in der Tarnfarbe olivgrün

Ein Kriegsschiff? Set Nr. 70006 aus der "Legends of Chima"-Reihe in militärischem olivgrün.

Auch das beginnende Jahr 2013 passt da ins Bild: "Legends of Chima" heißt das neuste Action-Spielthema aus dem Hause Lego. Tierstämme, die ums lebenswichtige Chi kämpfen, in einer Welt aus Chaos und Gewalt - mit martialischen Maschinen und Kampfschiffen, die zwar Tierformen nachbilden, aber ansonsten nur auf eines aus sind: Vernichtung. Echtes Kriegsspielzeug? Nein, Panzer, Kampfflugzeuge oder U-Boote produziert Lego bislang noch nicht, obwohl die Nachfrage danach groß ist, speziell in den USA, wie der Erfolg von Lego-Konkurrenten wie "Kre-o" oder "Best-Lock" dort zeigt. Immerhin: Lego hat in diesem Jahr eine neue Farbe in seine Sets integriert - olivgrün. Vielleicht ein erster Schritt zum Militär in Legoland? Kein Wunder, dass den Minifiguren da das freundliche Lächeln vergangen ist.


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Frank, Dienstag, 29.Januar, 15:53 Uhr

2. Star Wars

Ich bin jetzt 43 Jahre und habe 1978 meine erste Lego Feuerwehr bekommen. 1979 dann die ersten Lego Space-Sets. Es ist vollkommen richtig, dass diese damals noch keine Waffen hatten. Zu dieser Zeit begann jedoch schon der Star Wars-Hype und ich war ein Riesenfan von Star Wars.
Deshalb wurden einfach die Antennen oder sonatiges Legoteile an den Raumschiffen als Laser umfunktioniert und es wurde so der "Krieg" geführt.

Mein Junior spielt heute noch genauso phantasievoll mit der aktuellen Lego-Feuerwehr wie auch mit den Lego Star Wars-set.

Volker, Dienstag, 29.Januar, 12:36 Uhr

1. Lego-VW

Nachdem ich erfahren haben, dass der VW-Käfer von Adolf Hitler in Auftrag gegeben wurde, habe ich den Lego-Käfer sofort in Einzelteile zerlegt und in die Restmülltonne getan. Jetzt ist mein Kinderzimmer wieder sauber.