Im indonesischen Benjina sitzt ein Arbeiter hinter Gitterstäben. | Bildquelle: AP

Fischerei-Sklaven in Südostasien "Wir sind doch keine Tiere"

Stand: 28.03.2015 13:25 Uhr

Sie wohnen in Käfigen, schuften in 20-Stunden-Schichten, bekommen eine Schale Reis pro Tag - viele Matrosen auf Fischkuttern in Indonesien und Thailand werden gehalten wie Sklaven, und das oft jahrelang. Wer von Bord will, wird mit dem Tod bedroht.

Von Udo Schmidt, ARD-Hörfunkstudio Südostasien

Niemand kennt ihre genaue Zahl, aber es sind mindestens Hunderte. Hunderte Fischer, meist aus Myanmar, die allein in Indonesien wie Sklaven auf Fischkuttern gehalten werden, dazu kommen ebenso viele, die in Thailand unter ähnlich menschenunwürdigen Bedingungen Monate oder sogar Jahre zubringen müssen.

Kurze Videosequenzen, aufgenommen im Hafen von Benjina in der indonesischen Provinz Maluku, zeigen Männer, die in Holzkäfigen sitzen und auf ihr nächstes Schiff warten. Heuer haben sie noch nie erhalten. Wer nach Hause wolle, werde mit Schlägen daran gehindert, ruft einer der Männer von einem Boot herunter: "Wir haben lange nicht mehr mit unseren Familien gesprochen. Unsere Eltern denken sicher schon, dass wir tot sind. Wir sind ja einfach verschwunden. Ich arbeite hier schon lange und habe dem Kapitän gesagt, dass ich kein Geld will, sondern nur noch nach Hause, aber ich darf nicht. Wir alle hier wollen weg."

Viele der Sklaven sind Rohingya

Die gequälten Fischer kommen aus Myanmar, viele gehören der muslimischen Rohingya-Minderheit an, die in Myanmar verfolgt wird und nirgendwo ein Zuhause findet. Eingeschleust werden sie über Thailand, dorthin zurück gehen auch die Shrimps und Krebse, die vor allem gefangen und in Thailand verarbeitet, verpackt und etwa nach Europa geschickt werden. 4,2 Millionen Tonnen Fisch und Meeresfrüchte verarbeitet die thailändische Fischindustrie jährlich, 90 Prozent davon werden von den USA sowie von EU-Staaten abgenommen.

Ein myanmarischer Arbeiter präsentiert gefälschte thailändische Dokumente für die Arbeit auf den Fischtrawlern. | Bildquelle: AP
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Ein myanmarischer Arbeiter präsentiert gefälschte thailändische Dokumente für die Arbeit auf den Fischtrawlern.

Arbeiter auf einem Fischkutter in Benjina, Indonesien | Bildquelle: AP
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Arbeiter auf einem Fischkutter in Benjina, Indonesien

20-Stunden-Schichten und eine Schüssel Reis

In Indonesien sind viele thailändische Fischkutter unterwegs, unter mit Schmiergeldern erkaufter indonesischer Flagge. Das hat der Vorsitzende der Songkhla Fisheries Association der Nachrichtenagentur AP bestätigt. Auf diesen Booten wird in 20-Stunden-Schichten gearbeitet, kaum geschlafen und eine Schüssel Reis pro Tag gegessen. Manche Männer kommen monatelang nicht an Land.

In den thailändischen Hoheitsgewässern sieht es nicht besser aus, auch hier, im Hafen von Songkhla etwa im Süden Thailands, warten verwahrlost aussehende Gestalten auf ihr nächstes Schiff. Sie sind zu verängstigt zum Weglaufen, seit Jahren geht das schon so. Einige vertrauten sich der britischen Tageszeitung "The Guardian" an.

Der Burmese Vuti war früher Mönch in Myanmar, dann 18 Monate auf einem Schiff gefangen: "Ich dachte, ich muss sterben. Der Kapitän hat mich anketten lassen. Es gab nichts zu essen. Ich musste draußen bei Wind und Regen sitzen. Wir wurden wie Tiere behandelt, aber sind doch Menschen. Wir sind keine Tiere."

Aufnahmen aus der südostasiatischen Fischereiindustrie (unkommentiert)
28.03.2015

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Überfischte Meere, harte Arbeit

Der Fang in Thailand geht dramatisch zurück, nach aktuellen Zahlen in den vergangenen 50 Jahren um mehr als 80 Prozent. Die Meere sind überfischt, der ökonomische Druck wächst, kaum jemand will freiwillig die extrem harte Arbeit auf Fischerbooten verrichten - das ist der Nährboden für die aktuelle Form der Sklaverei, wie sie in Südostasien Alltag ist.

Thailands Militärregierung, unter Druck seitens des US-Außenministeriums, will schärfer durchgreifen, überprüft regelmäßig Besatzungen, verfolgt die Kutter mittels GPRS. 260 Arbeitsvermittler wurden festgenommen, trotzdem, sagen Insider, ändere sich grundsätzlich nichts an den Bedingungen des Sklavenmarktes in der thailändischen Fischindustrie. Jetzt wurden die thailändischen Gesetze gegen Menschenhandel noch einmal verschärft: Auch die Todesstrafe ist nun vorgesehen.

Sklaverei in Südostasiens Fischindustrie
U. Schmidt, ARD Singapur
28.03.2015 12:18 Uhr

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Dieser Beitrag lief am 28. März 2015 um 06:41 Uhr auf NDR Info.

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