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SCHWEIZ

Villa statt Weide

Schumi will in der Landwirtschaftszone wohnen. Trotz Widerstand wird er die Baubewilligung erhalten.

Von Marco Lüssi

An Wochenenden kommt es im appenzellischen Wolfhalden jeweils zu Volksaufläufen. Rentner und Familien pilgern auf den Hügel «Guggenbühel», um die herrliche Aussicht auf den Bodensee zu geniessen. Ein Ausblick, der vermutlich bald Michael Schumacher gehören wird. Und der Gemeinde Wolfhalden rosige finanzielle Perspektiven eröffnet.

Sobald der Formel-1-Star auf dem Hügel residiert, wird es aber mit dem Wandern vorbei sein: «Den Wanderweg wird man verlegen müssen», räumt Landammann Hans Altherr (FDP) ein. «Aber auf eine ebenso attraktive Route.»

Bevor sie von Schumi auserwählt wurde, stand der Name der Gemeinde höchstens wegen ihres Witzwanderwegs in den Zeitungen. Wolfhalden ist ein Appenzeller Dorf, wie man es sich vorstellt: 1734 Einwohner. Eine Käserei, eine Raiffeisenbank-Filiale, eine Naturheilpraxis. Kühe grasen an grünen Hängen, ein Appenzeller Hund zottelt herum, aus dem Wald schleichen gegen Abend Rehe auf die Wiesen.

Trotz der Idylle ist Wolfhalden für Michael Schumacher nur zweite Wahl. Im letzten Dezember wollte er erst das Restaurant Gupf in Rehetobel AR erwerben. Der Deal scheiterte an Besitzer Migg Eberle: Der wollte nicht verkaufen - «für kein Geld der Welt». Doch jetzt will Schumacher ein Wolfhalder werden, und Wolfhalden ist glücklich. Jedenfalls schien es im ersten Moment so: Am Stammtisch im Restaurant «Adler» malte man sich aus, welchen Aufschwung das Gewerbe durch Schumis Bauprojekt erleben könnte. Auch durften sich die Dorfbewohner darauf freuen, mit Michael persönliche Freundschaft zu schliessen. Der will sich nämlich «ins Dorfleben einbringen und den Kontakt mit der Bevölkerung pflegen», weiss Altherr.

Doch es gibt ein Problem. Ohne das Wohlwollen der Wolfhalder kann Schumi nicht bauen. Im März 2002 stimmt die Gemeinde darüber ab, ob der Guggenbühel von der Landwirtschaftszone in Bauland umgezont werden darf. Dagegen wird Protest laut. Der Schriftsteller und Kleinverleger Werner Bucher betreibt in Zelg-Wolfhalden die Kulturbeiz «Kreuz». Er stört sich nicht nur daran, dass Schumi laut der italienischen Zeitung «Il Messaggero» noch nie ein Buch gelesen hat. Er ärgert sich auch darüber, dass Schumacher bevorzugt behandelt wird. «So wird Ausserrhoden zur Bananenrepublik», schimpft der Literat. Es wurmt ihn, dass «sich der Landammann für den Steuerflüchtling Schumacher einsetzt, ja ihm beinah in den Hintern kriecht».

Tatsächlich mutet die Idee, den Guggenbühel zu Bauland zu machen, seltsam an. Denn rundherum gibt es weit und breit keine Bauzonen. Der Hügel ist der höchstgelegene Punkt der Gemeinde, 900 Meter über Meer, teilweise bewaldet, bei Bikern und Spaziergängern beliebt.

Schumacher erhalte keine Sonderbehandlung, beteuert Landammann Altherr. Und eine solche Umzonung sei nichts Ungewöhnliches, sagt er und verweist allen Ernstes auf die «traditionelle Appenzeller Streubauweise». Gern weist er auch auf den Imagegewinn hin, den der Zuzug der Familie Schumacher für den Kanton bedeute. «Für mich ist das alles andere als eine Imageverbesserung», sagt dagegen die SP-Kantonsrätin Ruth Tobler. Auch fürchtet sie architektonische Verirrungen: «Wenn Herr Schumacher wirklich im Appenzeller Stil bauen will, kann das ziemlich schief herauskommen.» Den echten Appenzeller Stil gebe es heute gar nicht mehr.

Das schlagende Argument für Schumis Zuzug bleiben aber die Steuereinnahmen, die er der Gemeinde bringt. Doch selbst die sind bedeutend tiefer, als sich die Einwohner von Wolfhalden vorstellten. Pro Million, die Schumi in Wolfhalden verbaut, wird er 82'000 Franken Steuern zahlen. Davon gehen lediglich 32'000 Franken an die Gemeinde. Liegt der Wert seines Anwesens beispielsweise bei zehn Millionen, bleiben Wolfhalden ganze 320'000 Franken im Jahr. «Für unsere Gemeinde ist ein solcher Betrag zwar substanziell, aber nicht exorbitant», sagt der parteilose Wolfhalder Kantonsrat Renato Waldburger.

Trotz allem werden die Wolfhalder für Schumi stimmen. Im Januar sollen erste Baupläne aufliegen. Erst nach gewonnener Abstimmung aber wird der Verkauf des Baulands notariell vollzogen. Dann beginnt ein Bewilligungsverfahren, das mehrere Monate dauert. Einsprachen könnten es weiter verzögern. Sollte das Geschäft doch noch scheitern, wird Wolfhalden es verkraften. «Wir haben jetzt schon ein paar wohlhabende Einwohner», verrät Gemeindeschreiber Edgar Schmid.

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