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SCHWEIZ

Am Boden

Das Ende der Swissair kam innerhalb von Stunden. Die Chronik des schwarzen Dienstags in Kloten.

Von Tobias Bossard

Flugwetter. Stahlblauer Himmel am schwarzen Dienstag. «Wir halten den Flugbetrieb unter allen Umständen aufrecht», sagt Markus Jöhl, Präsident der Pilotengewerkschaft Aeropers, morgens um elf Uhr an der kurzfristig anberaumten Pressekonferenz. Die Bemerkung eines Journalisten, er habe gerade gehört, die Swissair-Flieger blieben am Boden, irritiert Jöhl nicht. Er schaut aus dem Fens-ter: «Da draussen sehe ich etwas anderes.» Jöhl hat gerade den letzten Swissair-Flieger starten sehen.

Der Tag, der für die Swissair im Chaos enden wird, beginnt ruhig. Die ersten Annullierungs- und Verspätungsmeldungen auf den Bildschirmen nimmt noch niemand ernst. Die Passagiere strömen wie immer die Rolltreppe hoch ins Terminal A, wo alle Swissair-Flüge sowie jene der Crossair und Partnergesellschaften abgefertigt werden.

Markus Müller, Geschäftsführer des KMU-Betriebes IMC Metall und Vielflieger, schaut auf die grosse Anzeigetafel. Er hat sein Meeting in Wien bereits um einige Stunden verschoben. «Meine Vertragspartner verstehen, dass die Swissair Probleme hat, und akzeptieren eine Verspätung.»

Die 54-jährige Denise aus Kansas City ist auf dem Weiterflug nach Athen. Als sie in New York ihr Gepäck für den Flug nach Zürich eincheckte, habe sie zwar in den CNN-News von Swissair-Problemen ge-hört. Schockiert waren ihre Freunde aber nur darüber, dass sie so kurz nach den Anschlägen von New York aus geflogen sei.

Die Verspätungsmeldungen beginnen sich zu häufen. Um 14.30 Uhr würden genauere Angaben über die Situation gemacht, wird versprochen. An den Schaltern wird weiter Gepäck eingecheckt. Die ersten Gerüchte, die Swissair hebe nicht mehr ab, machen die Runde. Trotzdem: Die meisten Leute bleiben ruhig. Nicht ahnend, was auf sie zukommt, sagt Kundenbetreuerin Evelyne Meier: «Ich habe mich noch nie so wenig um die Passagiere kümmern müssen wie heute Morgen.»

Eine grosse Betreuung benötigt zu diesem Zeitpunkt das Swissair-Personal. Gegen aussen herrscht zwar Galgenhumor vor. Doch der Schein trügt: Einzelne Flight Attendants brechen in Tränen aus. Vor dem Swissair-Personalhaus diskutieren die Angestellten. Informationen von oben sind rar bis inexistent. Eine schreckliche Nachricht jedoch erhalten sie: Die Swissair hält die persönlichen Gelder der Angestellten zurück sie können von ihren bei der Swissair eingelegten Sparguthaben nur noch 5000 Franken abheben. Mehr gibt die Kasse nicht heraus, obwohl viele einen Grossteil der Ersparnisse auf diesen Konten liegen haben.

Ein wenig Genugtuung für die leidenden Angestellten gibt einzig die Tatsache, dass der ehemalige Konzernchef Eric Honegger einen noch gestarteten Flug nach New York als VIP-Passagier in der ersten Klasse - dies hat er sich bei der Entlassung ausbedungen - nicht antreten konnte. Das Kabinenpersonal habe ihn bedrängt, bis er freiwillig Reissaus genommen hat, wird erzählt.

Im Terminal A steigt die Spannung. Um 14.36 Uhr werden die seit dem Morgen wartenden Passagiere um eine weitere Stunde vertröstet. Das Einchecken geht weiter, so auch jenes einer japanischen Gruppe, die die Schweiz gerade von ihrer Schokoladenseite kennen gelernt hat. Viele Passagiere warten bereits hinter dem Zoll in den Gates auf ihre Flüge. Im Terminal B, wo die Kunden aller anderen Fluggesellschaften abgefertigt werden, geht es noch gemächlicher zu - der Dienstagnachmittag gilt generell als der ruhigste Tag. Wie immer musiziert der Panflöten-Spieler beim Strassenübergang zum Terminal B. Dann die erste Schreckensmeldung: «Eine Entscheidung steht immer noch aus. Die Swissair wartet auf das Geld einer Grossbank», ist 15.16 Uhr über die Lautsprecher zu hören. Mittlerweile wollen die ersten Passagiere, die schon seit neun Uhr morgens warten, ihr Gepäck zurück. Sie rechnen bereits mit dem Debakel, werden aber wegen des wachsenden Chaos auch bei der Abfertigung um mindestens eine Stunde vertröstet. Die Swissport-Angestellten geben trotz totaler Unsicherheit ihr Bestes. Sie wurden zwischenzeitlich um 14.00 Uhr orientiert. Wichtigste Mitteilung: Die Oktober-Löhne sind gesichert. Das gilt aber nicht für das Swissair-Personal.

Im Terminal A finden sich unterdessen Passagiere ein, die seit dem Morgen im Flugzeug sassen. «Um 10.30 Uhr hätten wir nach einer Stunde Wartezeit im Flugzeug abheben sollen. Dann mussten wir aber wegen eines Defektes die Maschine wechseln. Eine Stunde später bekamen wir ein Mittagessen. Um 14.30 Uhr mussten wir dann definitiv aussteigen», erzählt Bernard Baumann, der mit seiner Frau und seinen zwei Kindern über Athen nach Karpathos in die Ferien wollte und 4000 Franken für den Athen-Flug bezahlte. Nun ist das Feriengeld aufgebraucht - «für das teuerste Mittagessen in unserem Leben».

Dann um 16.17 Uhr, nachdem im Radio das Aus bereits vermeldet wurde, die vernichtende Durchsage: «Aus finanziellen Gründen ist die Swissair nicht mehr in der Lage, ihre Flüge durchzuführen. Deshalb ist es uns nicht möglich, irgendwelche Kompensationen auszuzahlen. Wir müssen Sie bitten, Ihre eigenen Reisepläne mit einer anderen Fluggesellschaft oder via Ihr Reisebüro zu tätigen.»

Zuerst Konsternation. Doch kurz darauf bricht Hektik aus: Viele gehen im Laufschritt zu den Schaltern, zur Information oder - die Abgeklärten - direkt ins Terminal B, wo plötzlich Grossbetrieb herrscht und sich vor den Verkaufsschaltern der Fluggesellschaften Schlangen bilden.

Viele frustrierte Gesichter. Überall Ratlosigkeit. Keine Ferien für Familie Rougemont in Malaga. Vorerst keine Rückkehr für Schwester Agnes nach Rom. «Dann gibt es statt Surfen auf Karpathos halt Ferien am Murtensee», witzeln gar Angela und Stephan. Henry aus San Francisco allerdings - er steht Schlange für ein anderes Ticket - sieht schwarz: «Das ist definitiv der Beginn einer weltweiten Depression. Die Schweiz kollabiert, Mann!»

FACTS Online Leser-Forum
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Total Leserbeiträge zu diesem Artikel: 17
Datum: 05.10.2001, 18:41

Liebe Fcts Leser, Wer wirklich Facts und andere Zeitungen gelesen hat, der weiss dass die Swissair bis vor ca. 6 Jahren eine gewinnbringende Geselschaft war. Durch Fehletscheide und den Zukauf von maroden Geselschaften haben es die Manager unter der Aufsicht eines unfähigen Verwaltungsrates fertiggebracht die Swissair in den Ruin zu treiben. Es ist ungäuerlich dass der Bund nun 450`000'000 Fr in ein Loch ohne Boden steckt. Es wäre ein guter Entscheid gewesen die 'Schweizluft' möglichst schnell zu liquidieren anstatt noch Steuergelder nachzuwerfen. Die Verantwortlichen sollten möglichst schnell vor Gericht gebracht werden. Aber eben es gilt der alte Spruch die kleinen Firmen können ruhig verschwinden, die Grossen werden immer geschützt. Für die Angestellten gibt's die Arbeitslosenkasse, wiso sollen da die Swissairleute bvorzugt werden? Für Härtefälle hätte der Bund bei den Pasagieren helfend eingreifen können. Uebrigens ist die Swissar eine normale Luftfahrtgesellschaft, die für den transport von Menschen da ist. Für die Indentifikation als Sweizer gibt es nun wirklich viel bessere Werte als die Swissair.

Autor: B Sagi , Bern - E-Mail: bsager@ymail.ch

Datum: 05.10.2001, 16:45

Dieser vorige Leserbrief ist nicht gerade clever. Man sollte weniger kiffen und weniger "Wall Street" schauen, dann würde man auch erkennen, dass sich alles um Geld dreht. Die Sozialhilfe erhalten Sie ja auch in CHF und nicht in naturgefärbten Baumwoll-Pullover. Wie schon gesagt, sollte man die Fakten anschauen und falls man sie nicht kennt, sollte man nicht richten.

Autor: Daniel Alonso , Basel

Datum: 05.10.2001, 16:28

Und doch sind es die Banken - und mit Ihnen wir alle., auch die Kleinsparer die am Schlamassel schuld sind. Persönlichkeiten wie Ebner predigen selbst dem minderbemittelten Arbeiter, dass Aktienspahren lohnt. Dass der Arbeitet aber damit am eigenen Ast sägt, predigt niemand. Er wird zum Shareholder, hat aber wenig bis nichts zu sagen gegenüber den Grossaktionären mit mehr Stimmrecht. Viele kleine Aktionäre geben zusätzliches Kapital, welches dann Grossaktionäre verwalten und auch ausgeben, wenns sein muss eben gegen die "eigenen Leute", sprich Kleinaktionäre. Es ist an der Zeit, den "Fuggern" in der Finanzwelt das Handwerk zu verbieten, resp. mal dort zu restrukturieren. Nichts gegen "freie" Marktwirtschaft, aber es artet schon länger in eine "vogelfreie" Wirtschaft aus. Solange die Banker "jung" sind, hecheln Sie nach einem 18 Stundentag nach Kompensation von schicken Klamotten, Designmöbeln etc. Dabei gehen Sie innerlich vor die Hunde, die Ethik wird dabei oft zum "Schweinehund". MIt 35 sind sie dann meist ausgepumpt, Beziehung im A.., die Boni lassen nach, weil jüngeres Kanonenfutter besser schiesst, resp. sich leichter metzgen lässt. Dann kommt die Standortbestimmung und der Gang nach Cointrin - öh Canossa, von der FDP in die CVP oder SP, wenn überhaupt, oder zum Kleinsparer. Man mag nicht mehr und schweigt, und das verheerende Karusell dreht sich weiter.

Autor: meinBier datenschutz@datenschutz.ch , auchmeinBier

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Frust für Kunden
Fiasko total

Mit einem Swissair-Ticket hat man schlechte Karten: Schadenersatz gibts nicht, und man muss auf eigene Kosten bei einer anderen Airline buchen.

Unglaublich und irr. Das bislang wertvolle Ticket mit dem weissen Kreuz auf rotem Grund wurde von einer Stunde zur anderen wertlos.

Die Pleite der nationalen Fluggesellschaft hat für die Kunden gravierende Auswirkungen. «Die Passagiere», meldete die Swissair, «erhalten für die ausgefallenen Flüge kein Geld zurück.» Sie müssen auf Hunderte Millionen Franken verzichten. Bundesrat Kaspar Villiger erklärte in einer notfallmässig einberufenen Pressekonferenz am Dienstagabend, dass die Swissair eine Milliarde Franken vorausbezahlter Tickets mit unbekanntem Verfalldatum in ihren Büchern hat - sie kommen in die Konkursmasse, und die geprellten Kunden gehen leer aus.

Vorausgesetzt, die Swissair geht definitiv Pleite. Und dies ist derzeit die wahrschein-lichste Variante für die Zukunft der nationalen Airline.

Der Schaden, den das so genannte Grounding, die Stilllegung der Swissair-Jets, verursacht, ist immens. Denn jetzt machen auch die anderen Fluggesellschaften der Qualiflyer-Gruppe in Schadensbegrenzung. Normalerweise konnte ein Passagier mit Swissair-Ticket problemlos in ein Flugzeug der American Airlines, der Malaysian Airways, der South African Airlines oder der polnischen Lot einsteigen. Das ist min-destens zum Teil vorbei. «Unsere Codeshare-Partner», sagt Jean-Claude Donzel von der Swissair Group, «akzeptieren Swissair-Tickets nur noch zum Teil.» Welche Codeshare-Gesellschaften dies sind, konnte Donzel im allgemeinen Chaos vom letzten Dienstag nicht sagen.

Endstation Flughafen für Tausende von Herbstferien-Reisenden. Pech hat, wer beispielsweise vor einer Woche ein Einzelbillett nach San Francisco am Swissair-Schalter gekauft hat. «Dieser Passagier», sagt Donzel, «muss sich bei einer anderen Fluggesellschaft ein neues Ticket kaufen.» Wer keine entsprechende Barschaft im Portemonnaie hat, steckt fest, bis er den entsprechenden Betrag organisiert hat.

Solange die Swissair-Flieger am Boden festsitzen, sind sämtliche Flugscheine grundsätzlich nichts mehr wert. Reklamationen beim Reisebüro bringen nichts, Denn wer einen so genannten Nur-Flug bucht, geht mit der Airline und nicht mit dem Reisebüro eine vertragliche Beziehung ein. Der Kunde hat kein Forderungsrecht gegenüber dem Reiseveranstalter. Der Ausfall für den Kunden ist total und kann in Tausende von Franken gehen - wenn Familien nach Übersee in die Ferien fliegen wollen.

Anders, wenn der Kunde bei Kuoni, Hotelplan oder Imholz ein Ferienarrangement gebucht hat - beispielsweise einen Städteflug nach Barcelona oder Lissabon. In diesem Fall kann er vom Reisebüro erwarten, dass es ihm gratis eine Umbuchung auf eine andere Airline vornimmt. Er muss allerdings einen allfälligen Aufpreis fürs neue, teurere Ticket selber berappen. Sitzt der Kunde eines Pauschalarrangements am Ferien-Ende fest, so muss er sich den Retourflug selber organisieren, oder der Reiseveranstalter tut dies vor Ort für ihn. Die zusätzlichen Auslagen ersetzt dann der Garantiefonds der Reisebüros - nicht das Reisebüro selbst.

Fiasko total. Die Hotelplan-Gruppe, die allein im Oktober jeweils rund 35'000 Passagiere an ihre Feriendestinationen bringt, musste am 2. Oktober in einer Hauruck-Übung einen Krisenstab bilden. «Wir müssen», sagt Hotelplan-Sprecher Hanspeter Nehmer, «alles selber kommunizieren, die Swissair tut gar nichts mehr.» Damit die Flugzeuge von Hotelplan, die von der Swissair-Tochter Balair betrieben werden, am letzten Dienstag überhaupt abheben konnten, musste der Tour-Operator fürs Flugbenzin Vorauszahlungen an die Ölfirmen leisten. Sonst wären die Tanks leer geblieben - wie die der Swissair.