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Ausgabe 1/2003
Mit Wissen, Mut und manchmal etwas Herz klopfen
   
Monika Margreiter, appunto communications, Glattbrugg
 
Für das Sammeln von Kunst gibt es keine Patentrezepte. Kunstsammler müssten das richtige Gespür dafür entwickeln, sagt Frau Dr. Claudia Steinfels, Managing Director bei Sotheby’s Zürich. Im Interview mit denaris gibt sie Tipps für Einsteiger, nennt aktuelle Trends und bezeichnet die Schweizer bezüglich Kunstkäufen als «sehr aufgeschlossen».
 
Frau Steinfels, wer sammelt Kunst?
Schweizer sind grosse Sammler; in der Schweiz sammelt fast jeder. Das beginnt beim Briefmarken Sammeln. Und die Schweizer werfen grundsätzlich wenig fort. Die «Jäger und Sammler»-Mentalität ist hierzulande sehr ausgeprägt.
Welches Wissen und welche Erfahrung braucht es dafür?
Für das Sammeln von Kunst braucht es einerseits keine, andererseits viel Erfahrung. Keine, weil Kunst grundsätzlich eine individuelle Angelegenheit ist und oftmals der Bauch entscheidet; das Wissen beruht auf Erfahrung. Und dies ist kein messbarer Begriff. Andererseits braucht es viel Erfahrung, um die Intuition zu schulen. Dies erreicht man, indem man möglichst viele Ausstellungen und Galerien besucht, Kunstkritiken liest, an Auktionen teilnimmt – sich ein breites Wissen in und um Kunst aneignet. So trainiert der Sammler sein Auge und entwickelt seinen eigenen Geschmack. Wohl spielen auch andere Einflüsse eine Rolle, beispielsweise das soziale Umfeld, die Kunst, die im Elternhaus hing usw.

Wo erstehen Sammler Kunstwerke, beim Künstler, in Galerien oder im Auktionshaus? Was müssen sie dabei beachten?
Gekauft wird überall. Es gibt aber Sammler, die immer in der gleichen Galerie kaufen, weil der Service dort besonders gut ist, sie ausführlich beraten werden und mit der Zeit ein Vertrauensverhältnis zum Galeristen aufbauen. Dieser kennt die Wünsche seines Kunden genau und wird ihn informieren, wenn neue Werke eintreffen, die diesen interessieren könnten. Bedeutende Sammler informieren sich selbstverständlich umfassend und nutzen alle möglichen Quellen. Sie kennen die Galerien und die Auktionshäuser, teilweise sogar die Künstler persönlich.
Will ein Sammler bei einer Galerie oder einem Auktionshaus kaufen, muss er zwingend deren Strukturen kennen. Galerien besitzen Bilder und verlangen bei deren Verkauf meist einen festen Betrag. Zwischen Künstler und Galerie besteht eine Partnerschaft: die Galerie unterstützt den Künstler, stellt ihre Ausstellungsfläche zur Verfügung und fungiert als eine Art Promoter. Dafür verkauft der Künstler seine Werke nur über die Galerie, also nicht direkt an Sammler. Es gibt aber wenig geschriebene Gesetze. Klar ist: Der Galerist will gute Künstler zeigen, und vice versa will der Künstler bei einem guten Galeristen ausstellen. Ebenso klar ist, dass wirklich gute Kunst auch ohne Galerie bekannt werden kann. Und umgekehrt ist eine renommierte Galerie kein Garant für den Erfolg eines Künstlers.
Im Gegensatz zu Galerien besitzen Auktionshäuser selber keine Kunstwerke. Sie nehmen Bilder in Kommission, sind also Vermittler und verkaufen Objekte in öffentlichen Versteigerungen zum bestmöglichen Preis. Vom sogenannten Hammer- oder Zuschlagspreis, das ein Werk bei einer Auktion erzielt, erhalten sie einen fixen Prozentsatz. Dazu muss man sagen, dass Auktionshäuser bezüglich Verkaufspreise transparenter sind als Galerien, sind doch Versteigerungen öffentlich zugänglich und die Resultatlisten beispielsweise auf dem Internet abrufbar. Erzielt ein Kunstwerk auf einer Auktion einen hohen Preis, so kommentieren dies die Medien. Geschieht dasselbe in einer Galerie, wird es kaum jemand wissen.

Wo können sich Sammler beraten lassen?
Eigentlich überall, auf Auktionen, in Galerien, Ausstellungen, Publikationen. Eine Beratung sollte möglichst umfassend sein und sich auf verschiedene Quellen abstützen. Die Schweiz verfügt über sehr viele Galerien. Ich empfehle allen Interessierten, einmal einen «Parcours» durch verschiedene Galerien zu absolvieren und sich unverbindlich zu informieren. Dabei ist es sicher von Vorteil, über kunsthistorische Kenntnisse zu verfügen, um die Spreu vom Weizen trennen zu können, aber keineswegs Bedingung.

Ein Neuling möchte eine Sammlung aufbauen: Wie soll er dabei vorgehen?
Leuten, die zum ersten Mal Kunst kaufen, empfehle ich, sich an Galerien zu wenden. Dort können sie sich in sehr persönlicher Atmosphäre beraten lassen und in aller Ruhe über einen Kauf nachdenken und sich dann entscheiden. Oder sie gehen an Auktionsvorbesichtigungen, sprechen mit den Experten, bilden sich eine Meinung und bieten bei der Versteigerung mit. Allerdings geht es an der Auktion selber sehr schnell. Der Sammler muss also vorher genau wissen, wie hoch er mitbieten will.
Tatsache ist: Jeder grosse Sammler hat schon «Fehlgriffe» gemacht. «Fehlgriffe» meine ich aus Anlegersicht: Ein Sammler investiert in ein Bild, in einen Künstler, der – wider Erwarten – nicht bekannt wird.

Ist das Kaufen auf Auktionen nicht auch eine Frage des Budgets?
Nicht unbedingt. Oft herrscht Schwellenangst vor Auktionshäusern, weil die Leute glauben, dass die Objekte enorm teuer wären. Entgegen der weit verbreiteten Meinung werden auf Versteigerungen aber nicht nur Objekte in Millionenhöhe gehandelt. So können Sammler Kunstwerke bereits für wenige hundert oder tausend Franken erstehen. Zusätzlich zu den live auctions bieten die online auctions, also Versteigerungen via Internet, fantastische Gelegenheiten für Schnäppchenjäger. Sotheby’s arbeitet hier in Kooperation mit e-bay und erreicht dadurch eine optimale Verbreitung. Zudem arbeiten wir auf 78 verschiedenen Sammelgebieten (Gemälde, Juwelen, Möbel, Skulpturen, Wein, Silber, Porzellan, et.al.), welche alle unterschiedliche Preisniveaus aufweisen.

Erwachsen den Auktionshäusern ernsthafte Konkurrenz durch Online-Auktionen?
Absolut nicht. Der Verkaufskanal ist ein anderer, und so sind es die angebotenen Objekte. Gewisse Werke eignen sich für online-Versteigerungen (Collectibles, Graphik, et.al.), andere wiederum sind prädestiniert für live-Auktionen. Kurz: Die Wahl des Verkaufkanals ist durch das Objekt gegeben. Sotheby’s bietet beide Möglichkeiten an.

Gibt es typische Einsteiger-Objekte?
Beliebte Einsteigerobjekte sind Bilder, speziell aus dem Sektor Gegenwartskunst, aber auch Skulpturen und Fotografien. Installationen weniger, rein schon aus praktischen Gründen: Wer hat schon bei sich genügend Platz für raumfüllende Objekte? Viele Sammler beginnen zudem mit Grafiken, die sich aufgrund ihrer tieferen Preise für einen Einstieg gut eignen. Professionelle Sammler konzentrieren sich auf ein bestimmtes Gebiet, beispielsweise auf Deutsche Expressionisten, und kaufen gezielt nur solche Werke. Dies mag einen möglichen späteren Verkauf der Sammlung in finanzieller Hinsicht begünstigen.

Ist Schweizer Kunst ein Renner für Sammler?
Oh ja! Die Schweizer sind der eigenen Kunst sehr verpflichtet. Viele Schweizer Sammler richten ihr Augenmerk auf die Vertreter der klassischen Moderne wie Ferdinand Hodler, Cuno Amiet, Félix Vallotton, Giovanni Giacometti und auf zeitgenössische Schweizer Künstler. Jede Nation ist ihrem eigenen Kulturgut gegenüber verbunden. Diese Tatsache bewog Sotheby’s auch dazu, Versteigerungen zur Irischen, Deutschen, Italienischen und Südamerikanischen Kunst durchzuführen. Diese Versteigerungen finden allerdings nicht im eigenen Land statt, sondern in den internationalen Zentren wie London und New York.
Die Schweizer Kunst dagegen wird nach wie vor in Zürich versteigert, wobei sich Schweizer Kunst einer wachsenden internationalen Nachfrage erfreut.

Was ist beim Sammeln von internationaler Kunst zu beachten?
Grundsätzlich gilt das gleiche wie bei nationaler Kunst: man muss sich gründlich informieren. Und man muss mutig genug sein, bei einer guten Gelegenheit – und bei Herzklopfen – zuzuschlagen. Natürlich: je teurer das Werk, desto schmerzhafter ein möglicher Fehlgriff. Ich werde immer wieder um Rat gefragt – «kaufen oder nicht kaufen»? Patentrezepte gibt es nicht. Ob ein Kunstwerk seinen Wert steigert, ist aufgrund der Qualität manchmal anzunehmen, aber nie garantiert.

Welche Art von Kunst liegt zur Zeit im Trend?
Sicher einmal die klassische Fotografie – Alfred Stieglitz, Man Ray, Robert Frank – und Gegenwartskunst. Darunter fällt auch zeitgenössische Fotografie wie etwa von Nan Goldin, Fischli Weiss, den Becher-Schülern. Daneben ist auch Design, beispielsweise von Le Corbusier oder Arne Jacobsen, von Verner Panton oder Charles und Ray Eames sehr «in». Die im 20. Jahrhundert entstandenen Design-Museen haben diesen Trend entscheidend mitgeprägt.
Nicht zu vergessen ist die Rolle der Medien: Sie verstärken aktuelle Trends zusätzlich, indem sie bestimmte Objekte thematisieren und so das Auge des Publikums «schulen» und deren Geschmack beeinflussen.
Ein extremes Beispiel dafür ist New York: Erscheint in der Zeitung eine gute Kritik über eine Galerienausstellung, so ist diese am nächsten Tag ausverkauft. Ist die Kritik dagegen schlecht, hat die Galerie in den nächsten drei Monaten Verkaufsschwierigkeiten. Die Schweizer sind zum Glück unabhängiger und eigenständiger in ihrer Meinungsbildung.

Welches sind Ihre persönlichen Präferenzen?
Einerseits Gegenwartskunst, andererseits die lange verpönte Kunst des 19. Jahrhunderts. In diesen Bereichen sind auch bezahlbare Objekte zu haben. Ich gehe zudem gerne auf Entdeckungsreise und komme auch mal mit einem Objekt nach Hause, für das ich weder Platz noch Bedarf habe – und zum bereits Vorhandenen passt es sowieso nicht; Tatsache ist, dass ich einfach nicht widerstehen konnte.
 
 
 
 
 
 
 
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