Aus Blech muss es sein

Die Motorroller-Freunde der "Morlocks Scooter Gang" fahren nur Vespas oder Lambrettas

Puck lächelt zufrieden. "Ich muss schrauben. Wenn ich nicht schrauben kann, bin ich nicht glücklich." Damit meint er nicht unbedingt seinen Beruf - der Mittzwanziger mit dem in die Stirn gezogenen Stoffkäppi ist Rohrleger bei den Wasser-betrieben. Nein, das Leuchten, das aus seinen Augen hinter der dicken Brille spricht, gilt anderem Blech: Erst beim blitzenden Chrom von Motorrollern kommt er richtig in Fahrt. Genau wie Tinchen, Linus, Kalle, Ganja und die anderen von der "Morlocks Scooter Gang".

Am Sonnabend trafen sich die Morlocks mit vier Dutzend anderen Roller-Fans auf dem Winterfeldtplatz in Schöneberg. Zum Abrollern, dem alljährlichen Saisonabschluss, fuhren sie durch die Stadt zum Tommy-Weißbecker-Haus, einem alternativen Kulturzentrum in Kreuzberg. Dort tanzten sie nach Ska und Punk. So wie früher.

Traditionsbewusst sind die Morlocks noch in ganz anderer Hinsicht. Denn eines ist klar: "Es muss ein klassischer, italienischer Roller zum Schalten sein, und vor allem aus Blech." Hier geht es um nichts weniger als eine Frage des Stils, des "Understatements", wie der Elektriker Simon findet. Da kommen lediglich Vespas oder Lambrettas in Frage, und auch nur die alten Modelle, die schon lange nicht mehr gebaut werden. Die neuen Dinger, "das ist Plastikkrams, das sind Jogurtbecher", sagt der 36-jährige Kalle. 13 Roller hat der Sozialpädagoge. "Die haben so eine Form - das ist, als ob du eine Frau anguckst", sagt er. Ganz zu schweigen vom "Tacktack des Motors".

Kalle ist von Anfang an dabei gewesen, schon 1984, als der Club aus den "Berliner Rollermods" hervorging. In der Jugendbewegung der Mods, die in den 60ern in England entstand, fühlen sich die Morlocks verwurzelt. Damals hieß es: weg vom Mief der Fünfziger, Roller fahren, smart aussehen. Heute steht bei den Morlocks das Fahrzeug im Vordergrund. Den schicken Anzug der Mods haben sie eingetauscht gegen robuste Kleidung, die es erlaubt, an der Maschine zu werkeln. Das ständige Schrauben und Schweißen, Lackieren und Hämmern gehört dazu. Entweder, um das Gefährt in klassischer Schönheit zum Glänzen zu bringen oder aufzumotzen zum schnellen Flitzer mit Totenkopf an der Front.

Mit jugendlichem Eifer diskutieren die gar nicht mehr so jungen Morlocks über Mods und Mode, die Unterschiede zwischen Motorrädern und Rollern und die Bedeutung von "abgeschnittenen Backen" am Hinterrad oder das Kupplungsseil. Immer noch geht es um die "Rebellion gegen das Erwachsenwerden", wie Kalle findet. "Man kann zwar alt werden, aber nicht unbedingt erwachsen."

Die Jugendbewegungen von damals finden die Morlocks "vielschichtiger als heute, wo es nur noch HipHop und Techno gibt". Nur die Mitstreiter, die fehlen ihnen. Denn Berlin liegt "immer noch im wilden, weiten Osten", sagt Linus. Hier fährt man hauptsächlich die "Schwalbe" aus DDR-Zeiten - für die Morlocks undiskutabel.

Eine Rekrutierungsveranstaltung sollte das Abrollern am Sonnabend nicht sein. Und wurde es auch nicht. Sich mit Gleichgesinnten austauschen, ja - aber "eigentlich wollen wir gar nicht größer werden", sagt Puck. Ganze zwölf Mitglieder zählen die Morlocks. Hinz und Kunz sollen nicht in den Club kommen. Vereinsmeierei ist ihr Ding nun wahrlich nicht. "Korrupte TÜV-Prüfer nehmen wir aber gerne auf", sagt Puck und grinst breit.

Foto: BERLINER ZEITUNG/MICHAEL BREXENDORFF Alles eine Frage des Stils. Die Morlocks bei einer Ausfahrt auf der Avus.

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