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Datum:   03.06.1999
Ressort:   Feuilleton
Autor:   Christine Deggau
Seite:   20

Wie wichtig darf die Liebe sein?

Ab heute wird in Berlin und Umgebung ein Kinofilm über Dietrich Bonhoeffer gedreht - auf englisch

An der Zionskirche in Prenzlauer Berg hängt eine Tafel, auf der steht: "In dieser Kirche predigte und konfirmierte 1932 der Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer, geboren 4.2.1906, ermordet im KZ Flossenbrück am 9.4.1945." Diese Tafel hat den örtlichen Pfarrer Broier schon zu zahlreichen Briefen an die zuständige Behörde veranlaßt, aber bisher blieben alle unbeantwortet. Was den Pfarrer empört: Das Konzentrationslager, in dem der Theologe und Widerstandskämpfer Bonhoeffer zu Kriegsende hingerichtet wurde, hieß Flossenbürg.

Diese Nachlässigkeit ist symptomatisch für den Umgang der evangelischen Kirche mit einem ihrer rebellischsten Vertreter. Auch nach Kriegsende blieb Bonhoeffers Engagement im Widerstand umstritten. Seine klare Haltung zum 1933 erlassenen Arierparagraphen verstieß gegen den lutheranischen Grundsatz, auch theologische Fragen vom Staat regeln zu lassen. Bonhoeffer war ein gläubiger Christ, der den Kampf gegen das Unrecht aufnahm und durch sein tragisches Ende heute auch von der Kirche gern als Märtyrer vereinnahmt wird.

54 Jahre nach Bonhoeffers Hinrichtung durch die Nazis wird dieses deutsche Leben, das deutsche Geschichte schrieb, jetzt das erste Mal verfilmt als deutsch-kanadisch-amerikanische Koproduktion mit einem Budget von 4,5 Millionen Mark und unter Beteiligung der lutheranischen Kirchen aller drei Länder. Allein mit deutschen Geldern wäre das Projekt nicht finanzierbar gewesen. Also wird das englischsprachige Drehbuch nun vom kanadischen Regisseur Eric Till in englischer Sprache gedreht. Der amerikanische Markt hat Vorrang.

Es ist nicht das erste Mal, daß sich die Deutschen vormachen lassen, wie spannend deutsche Geschichte erzählt werden kann. Parallelen zu "Schindlers Liste" drängen sich auf. Doch anders als beim erfolgsverwöhnten Spielberg fehlt den Produzenten des Bonhoeffer-Films das rechte Vertrauen in die Marktfähigkeit ihres Stoffes. Trotz gegenteiliger Beteuerungen scheinen sie nicht recht daran zu glauben, den schweren Stoff tatsächlich ins Kino bringen zu können.

Heute beginnen die Dreharbeiten in Berlin und Umgebung. Ein Teil des Films wurde zuvor bereits in Prag gedreht, aus Kostengründen. Die Motivsuche in Berlin ist schwierig: Noch immer fehlt die Zusage vom Berliner Dom, wo morgen der Anfang des Films inszeniert werden soll: Am hellichten Tage entfernen Pfarrer Bonhoeffer und sein Schüler Eberhard Bethge die hinter dem Altar hängenden Hakenkreuz-Flaggen und werfen sie in die Spree.

Bonhoeffer wird von Ulrich Tukur gespielt, er war die Wunschbesetzung und ähnelt seiner Rollenfigur tatsächlich ein wenig. Ulrich Noethen spielt Bonhoeffers Schwager Hans von Dohnanyi, Susanne Lothar die Schwester Sabine. Justus von Dohnanyi, der Enkel des ebenfalls 1945 hingerichteten Dohnanyi, stellt Eberhard Bethge dar. Bethge war Bonhoeffers Wegbegleiter, sein Freund und nach der Hinrichtung sein Biograph. Heute ist Bethge 90 Jahre alt, und da die Produktion großen Wert auf Authentizität legt, werden er und seine Frau Renate (eine Nichte Bonhoeffers) regelmäßig konsultiert.

Die Bethges sind kritisch mit dem Drehbuch ins Gericht gegangen, an dem der Regisseur Eric Till einen bedeutenden Anteil hat. Sie irritiert der Raum, der darin der Liebesgeschichte zugestanden wird. Natürlich sei Maria von Wedemeyer wichtig für den inhaftierten Bonhoeffer gewesen aber seine Familie und Freunde doch ebenso. Die heimlichen Briefe aus dem Militärgefängnis Berlin-Tegel etwa seien alle an ihn, Eberhard Bethge, gegangen. Da steht das Interesse des Zeitzeugen mit wissenschaftlichem Anspruch gegen das des Produzenten, dem der Unterhaltungswert am Herzen liegt und der in der Beziehung zwischen Bonhoeffer und der 18jährigen Maria einen vorzüglichen Kinostoff entdeckt. Die Verlobung fand statt, als Bonhoeffer bereits im Gefängnis saß, drei Jahre lang schrieben sich beide die innigsten Briefe und träumten von einer gemeinsamen Zukunft. Sie haben sich nie wieder gesehen. Von einer solchen Liebe kann ein Film natürlich nicht absehen aber die Berliner Produzentin Gabriela Pfändner betont, das Drehbuch dichte der wahren Geschichte nichts hinzu.

"Bonhoeffer" soll ein Film mit hohem Anspruch bleiben. Eher unbeabsichtigt könnte er auch ein Beitrag zur Diskussion um den nicht endenden Krieg auf dem Balkan sein. Darf, wer an Gott glaubt, töten, oder ist er dem Pazifismus verpflichtet? Bonhoeffer hat diese Frage für sich gelöst und dafür mit dem Leben bezahlt.

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21. Januar 2005
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