Fangfrage

Neulich mußte Olaf Ludwig beruhigende Worte sprechen. Ein Mann hatte sich vertrauensvoll an den Sportlichen Leiter der Deutschland-Tour gewandt, um eine Frage loszuwerden: Ob die Rundfahrt nach dem Sturz und Ausstieg von Jan Ullrich, dem prominenten Radprofi, nun beendet sei, wollte der besorgte Herr wissen.

War das eine scherzhafte Fangfrage? Ludwig begriff schnell: Es war keine. Also machte er seinem Gegenüber klar, daß die Rundfahrt selbstverständlich weitergehe. Danach fühlte sich Ludwig in seiner These bestätigt: Deutschland ist keine Radsportnation. "Es dreht sich alles nur um Jan Ullrich und das Team Telekom." Zwischen Berlin und Bonn radeln Spitzenprofis wie Pawel Tonkow oder Johan Museeuw. Bis zu seinem Unfall am Sonntag aber war Ullrich Thema Nummer eins, von Tonkow und Museeuw sprach kaum jemand.

Das Verständnis für den Radsport ist hierzulande nur schwach ausgeprägt. Daran kann die Neuauflage der Deutschland-Rundfahrt, nach 17 Jahren Zwangspause mit großem finanziellen Aufwand wieder auf den Weg gebracht, wenig ändern. Sie kann jedoch zumindest eines: Der Republik im internationalen Radsport zu einem prominenteren Platz verhelfen. Der derzeitige Termin zwischen Giro d Italia und anderen, ebenfalls etablierten Veranstaltungen, läßt nur geringen Spielraum zur Expansion. Aber gerade wegen des Zeitpunkts und des gemäßigten Streckenprofils gilt die Rundfahrt als willkommene Vorbereitung für die Tour de France.

Die Wiedergeburt der Deutschland-Tour darf trotz der unglücklichen Sturzserie und des unvorhersehbar heftigen Unwetters als gelungen gelten. Maßgeblich dank der Popularität Jan Ullrichs und seiner Teamkollegen. Deutschland-Tour mit Jan Ullrich, so lautete der Werbeslogan. Zu mehr als einer Initialzündung reicht dies allerdings nicht. Unlängst machte übrigens ein Fahrer einen ironischen Präsentations-Vorschlag: "Jan Ullrich, in Klammern Deutschland-Tour." Besser nicht darauf hören. Sonst muß sich Olaf Ludwig auf Fragen besorgter Herren doch noch eine andere Antwort einfallen lassen.

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