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Datum:   30.11.1999
Ressort:   Politik
Autor:   Bettina Vestring
Seite:   04

Vor Steuern flieht das Kapital am schnellsten

Es war Großbritanniens Schatzkanzler Gordon Brown egal, dass er in der Runde der 15 EU-Finanzminister alleine stand. Ungerührt lehnte er am Montag den eindringlichen Appell Deutschlands, Frankreichs und Italiens ab, bei der EU-Zinsbesteuerung wenigstens ein ganz kleines bisschen Entgegenkommen zu zeigen. "Dies ist kein britisches Problem, dies ist ein europäisches Problem", beschied er seine Verhandlungspartner. Das Schlimmste an diesem Ausspruch: Brown hat Recht. Finanzminister Hans Eichel und seine Mitstreiter verfügen über keinen Hebel, mit dem sie Großbritannien zum Nachgeben bewegen könnten. Denn Entscheidungen über Steuern müssen in der Europäischen Union einstimmig gefällt werden.

So hart wie nirgendwo sonst stehen in der Zinsfrage die Interessen Großbritanniens denen der meisten anderen EU-Länder entgegen. Die Kontinental-Europäer wollen die Mindestabgabe für Zinseinkünfte in ganz Europa einführen, um zu verhindern, dass sich immer mehr ihrer Steuerbürger durch Kapitalanlagen im Ausland dem Fiskus entziehen. Nur Großbritannien und in geringerem Umfang Luxemburg sind konsequent dezidierte Gegner dieser Forderung. Mit Blick auf den florierenden Wertpapierhandel in der City verlangt die Londoner Regierung weit reichende Ausnahmen für Eurobonds. Doch das würde dazu führen, dass Steuerflüchtlinge ihre Anlagen sofort so umschichteten, dass sie keine Abgaben mehr bezahlen müssten. Besteuert würde dann nur der kleine Sparbuchbesitzer.

Geld und Männerfreundschaft

Dass das für die EU-Partner politisch nicht erträglich ist, weiß auch die britische Regierung. Dennoch vertritt sie ihre Haltung ohne Kompromissbereitschaft. Vorschläge der anderen EU-Länder, eine zeitlich gestaffelte Einführung der Steuer zu akzeptieren, lehnt sie ab. Mit einem Nachgeben in letzter Minute ist auch in Helsinki beim EU-Gipfel in zehn Tagen nicht mehr zu rechnen. Diplomatisch höflich, aber inhaltlich hart formulierte ein britischer Diplomat: "Wenn die anderen wollen, dass wir unsere Argumente noch einmal vortragen, tun wir das gerne."

Beim Geldbeutel macht eben auch die Männerfreundschaft zwischen Tony Blair und Gerhard Schröder halt. Für die Europäische Union bedeutet das Scheitern des Steuerpakets ausgerechnet im ersten Jahr nach der Einführung des Euro einen schweren Rückschlag. Dies gilt umso mehr, als sich die Staats- und Regierungschefs Ende 1998 ausdrücklich verpflichtet hatten, bis zum Helsinki-Gipfel eine Einigung zu erreichen.

Für Finanzminister Hans Eichel steht aber noch mehr auf dem Spiel als für die Ressortchefs der anderen europäischen Länder. Denn Mitglieder der SPD-Fraktion im Bundestag machen großen Druck, endlich eine Lösung für das Problem der Steuerflucht zu finden. Wenn es die EU-Steuer nicht gebe, dann müsse man eben darüber nachdenken, in Deutschland das Bankgeheimnis einzuschränken, meint auch Fraktionschef Peter Struck. Doch das Bankgeheimnis genießt in Deutschland den Rang einer heiligen Kuh und Eichel weiß, dass es sich die SPD derzeit besonders wenig leisten kann, ihre Wähler zu vergrätzen.

Primat der Innenpolitik

Doch auch Eichels Gegenspieler Gordon Brown steht unter dem Zwang der Innenpolitik. Denn bei aller Unbeliebtheit der EU-Regeln überhaupt sind es doch die Brüsseler Anläufe in der Steuerpolitik, die auf der Insel die wütendste Ablehnung hervorrufen. Man erinnere sich: Es war Ex-Finanzminister Lafontaines Äußerung zu EU-Steuern, die ihm in der Boulevardzeitung "Sun" den Titel "Der gefährlichste Mann Europas" einbrachte. Die Schlussfolgerung daraus ist für Brown und Blair klar: Wenn sie in der Steuerpolitik den Eindruck erwecken, klein beigegeben zu haben, gefährden sie andere europapolitische Projekte wie den Aufbau europäischer Krisenreaktionskräfte, an denen ihnen viel mehr liegt

Und noch etwas: Die britische Regierung braucht die Einnahmen aus der Zinsbesteuerung nicht. In diesem Jahr erwirtschaftet sie einen Haushaltsüberschuss von 0,6 Prozent des BIP, der in den nächsten Jahren noch weiter steigen wird.

Brown liegt viel mehr daran, die Bondhändler auf Dauer in London sesshaft zu machen, um die Wirtschaft der Hauptstadt zu stärken. 100 000 Menschen leben dort heute ganz ausgezeichnet vom Wertpapierhandel. Doch Kapital ist flüchtig, wie sich schon beim Entstehen des Londoner Eurobond-Marktes zeigte: Er blühte in den 60er-Jahren auf, weil die USA eine Zinssteuer einführten, vor der die Anleger nach Europa flüchteten.

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27. Januar 2005
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