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Datum:   05.07.1999
Ressort:   Leserbriefe
Autor:   -

Nachdenklich

Debatte Zum Leserbrief "Es war ein unerwarteter, wunderbarer Erfolg" von Klaus Hoppe (28. Juni):

Der sachliche und ehrliche Leserbrief von Herrn Hoppe zum 74er WM-Erfolg der DDR über die deutsche Nationalmannschaft (BRD) ließ mich doch ein wenig nachdenklich werden. Als ein 1956 geborener Fußballfan aus dem Westteil der Hauptstadt, der im Schatten der Mauer groß wurde, hätte ich Herrn Hoppe damals nach dem Spiel für seine in der Zeitung zum Ausdruck gebrachte Position geohrfeigt.

Lange Zeit habe ich nachgedacht, was "uns die DDR angetan" hat. Wie konnten nur so dachte ich sich "diese Zonentrottel" so ins Zeug legen, um uns bei der WM im eigenen Land vor den Augen von Millionen Fernsehzuschauern so eine empfindliche Niederlage beibringen und ihr Regime, ob sie das wollten oder nicht, sportlich so aufwerten. Mir hätte in jenen Tagen kein Ossi in die Quere laufen dürfen. Doch das war vor vielen Jahren.

Heute, etwas älter und klüger geworden, sieht man die Sache etwas anders als im Kalten Krieg, den beide Seiten führten und auch den Sport dabei einbezogen.

Jeder wollte beweisen, daß er besser ist und jeder den anderen ärgern, womöglich insbesondere auch deshalb, weil die reichere, wirtschaftlich stärkere und im Fußball erfolgreichere Bundesrepublik immer etwas geringschätzig von oben herab auf ihre "lieben Brüder und Schwestern im Osten" sah.

Das stachelte den Ehrgeiz der Fußballer im Osten an, es mal dem großen Bruder aus dem Westen zu zeigen, dessen Nationalteam im Osten sehr beliebt war und als Vorbild für guten und erfolgreichen Fußball galt. Nicht alles kann deshalb von als "von oben in der DDR angeordnet" gelten, denn Honecker und Mielke hätten nie einen Sieg über die Bundesrepublik befehlen können, das Spiel gewinnen mußten schon die Fußballer selbst.

Sie nutzten, wie wir wissen diese Chance, die sich bot, und es macht keinen Sinn, sich heute darüber zu erregen und diesen Erfolg kleinzureden. Und für viele DDR-Bürger das macht auch der Leserbrief von Herrn Hoppe deutlich hatte dieser Erfolg für das Selbstwertgefühl der Ossis in etwa die gleiche Bedeutung wie unser WM-Erfolg von 1954.

Deshalb kann ich aus der Sicht eines reifen Mannes keinen Ossi seinen Erfolg vom 22. Juni 1974 verübeln. Da gibt es nichts "aufzuarbeiten" oder später "nachzubessern".

H.-Peter Schwarze, Berlin-Wedding

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