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Spuren des "rasenden Reporters"

Kisch, Egon Erwin

Von Christine Dobretsberger

Zeit seines Lebens war der Journalist Egon Erwin Kisch ein Reisender, ständig auf der Suche nach neuen Eindrücken, die er in seinen legendären literarischen Reportagen festschrieb. So
führten ihn seine Reiserouten nicht nur kreuz und quer durch Europa, sondern u. a. auch nach China, Nordafrika, in die UdSSR und die USA. Spätestens nach seiner Aufdeckung der Spionageaffäre Redl im
Jahre 1913 mutierte sein Name zum Synonym für den "rasenden Reporter", der immer zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein schien, um Mißstände aufzudecken.

Anläßlich des 50. Todestages von Kisch organisierte das Jüdische Museum eine Retrospektive (Ausstellungsdauer bis zum 9. August), die das umtriebige Leben des Kosmopoliten ausführlich dokumentiert.
Dank der Öffnung der Grenzen nach Osteuropa können erstmals Exponate aus dem Prager Nachlaß gezeigt werden. Neben Briefen, handschriftlichen Reisedokumenten und Privatfotos gibt die Ausstellung
Aufschluß über politische und gesellschaftliche Strömungen und fungiert als kritisches Zeitzeugnis dunkler Vergangenheit.

Als Mensch war Kisch Revolutionär und Reporter, verstand sich als Kommunist, Bürgerlicher, Jude, Tscheche, Deutscher und Österreicher zugleich.

1885 in Prag geboren, tingelte der "Internationalist" zwischen Berlin, Wien, Moskau, Schanghai und Tokio, ehe er 1939 nach New York flüchten mußte, 1940 nach Mexico City übersiedelte und erst 1946
die Heimreise nach Prag antreten konnte, wo er auch zwei Jahre später starb.

Auch seine Auffassung von Kunst spiegelt die hochpolitische Person Egon Erwin Kisch. So vermerkte er als Antwort auf die Rundfrage, ob es eine proletarische Kunst gebe: "Jede wirkliche Kunst ist
Opposition, Rebellion oder Revolution. Jede wirkliche Kunst muß wahrhaft sein und sich daher gegen die Lügen richten, mit denen die herrschenden Klassen die Unterdrückung der anderen Klassen
motivieren. Jede wirkliche Kunst ist eine Gefahr für die Machthaber."

Als Blickfang im knallroten Ausstellungsraum des Jüdischen Museums fungiert die großformatige Reproduktion des Porträts von Christian Schad, das Kisch mit nacktem Oberkörper zeigt, und dessen bunte
Tätowierungen auf illustre Weise zur Schau stellt. Ebenso unverwechselbar wie sein glasklarer Schreibstil ist auch die verschnörkselte Handschrift des Vollblutjournalisten, die auf x-large-
Dimensionen aufgeblasen eine der Wände schmückt.

Ansonsten orientiert sich die Philosophie der Ausstellung strikt am Wahrheitsfanatismus von Kisch, der im Vorwort von "Der rasende Reporter" anmerkte: "Nichts ist verblüffender als die Wahrheit,
nichts ist exotischer als die Sachlichkeit. Und nichts Sensationelleres gibt es in der Welt als die Zeit, in der man lebt."

Samstag, 16. Mai 1998

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