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Warum der Mars fast keine Atmosphäre hat · Überraschende Entdeckungen einer Marssonde

Vom Sonnenwind verweht?

Von Georg Breuer

Der Mars ist beträchtlich kleiner als die Erde. Sein Durchmesser ist etwa halb so groß, das Volumen also ein Achtel. Er besteht überdies aus leichterem Material und
hat vermutlich keinen oder nur einen kleinen Eisenkern. Seine Masse beträgt deshalb nur ein Zehntel der Erdmasse. Die Anziehungskraft an der Marsoberfläche entspricht 38 Prozent der irdischen
Schwerkraft. Teilchen der Atmosphäre können daher leichter in den Weltraum entweichen. So ist es nicht verwunderlich, dass die Marsatmosphäre dünner ist als die der Erde. Tatsächlich beträgt der
„Luft"druck nahe der Marsoberfläche jedoch nur 1 Prozent des irdischen Luftdrucks, und das ist wesentlich weniger, als man aufgrund der Größenverhältnisse erwarten würde. Viele Fachleute nehmen
deshalb an, dass der Mars ursprünglich eine beträchtlich dichtere Atmosphäre hatte, die später verloren gegangen ist.

Ein „Marstag", also eine Rotationsperiode, dauert nur eine halbe Stunde länger als ein Erdentag. Aber weil der Mars keine schützende Atmosphäre hat, kühlt er in der Nacht viel stärker ab als die
Erde. Um die Mittagszeit werden in der Nähe des Marsäquators Temperaturen von 20 bis 30 Grad Celsius erreicht, aber in der Nacht sinkt die Temperatur dort bis gegen minus 70 Grad ab, in den
Polarregionen sogar auf unter minus 100 Grad. Unter solchen Bedingungen kann es kein flüssiges Wasser geben.

Es gibt jedoch auf der Marsoberfläche Spuren, die offenbar von Erosion durch Wasser stammen: tief eingeschnittene Täler, Küstenlinien, Sedimentablagerungen von Flüssen. Auch das unterstützt die
Annahme, dass es früher eine Atmosphäre mit einem die Abkühlung verminderndem Treibhauseffekt gegeben hat.

Atmosphäre

ohne Kohlendioxyd

Nach einer von Jim Kasting von der Pennsylvania State University und anderen in den achtziger Jahren entwickelten Hypothese wurde dieser Treibhauseffekt vor allem durch Kohlendioxid und
Wasserdampf verursacht. Aber wo flüssiges Wasser vorhanden ist, bildet CO2 Kohlensäure, die in Verwitterungsvorgängen Kalzium aus dem Felsgestein löst. So entstehen Karbonate, die schließlich
als Sedimente abgelagert werden. Dank solchen Vorgängen ist auf der Erde ein beträchtlicher Teil des ursprünglich in der Atmosphäre vorhandenen CO2 herausgeholt worden und der Treibhauseffekt
wurde abgeschwächt, so dass es bei uns nicht so heiß wurde wie auf der Venus.

Im Zuge von Vorgängen der Plattentektonik, bei denen sich Teile der Erdkruste übereinanderschieben, werden Karbonatsedimente nach und nach ins Innere der Erde gedrückt, wo sie unter Hitzeeinwirkung
zerfallen. Das CO2 gelangt dann in einem sehr langfristigen Kreislauf bei Vulkanausbrüchen wieder in die Atmosphäre. Auf dem Mars gibt es jedoch keine nennenswerte Plattentektonik. Das CO
2 bleibt in den Karbonaten gebunden und kehrt nicht mehr in die Atmosphäre zurück. Der Treibhauseffekt nimmt ab, und wenn es dann so kalt wird, dass Wasser kaum mehr verdunsten kann, sondern
zu Eis wird, geht auch das zweite wichtige Treibhausgas verloren.

Das alles klingt durchaus einleuchtend. Doch die von der NASA gestartete Marssonde Mars Global Surveyor, die 1999 detaillierte Aufnahmen und Spektralanalysen von etwa drei Vierteln der Marsoberfläche
gemacht und zur Erde gefunkt hat, konnte keine Spuren von Karbonaten ausfindig machen. Und auch in den 13 vom Mars stammenden Meteoriten, die man auf der Erde gefunden hat, gibt es nur sehr wenig
Karbonat. Wenn es also tatsächlich in weit zurückliegenden Zeiten eine starke Bildung von Karbonaten gegeben hat, dann sind sie unterdessen von anderen Sedimenten, Eis oder „Trockeneis" (gefrorenem
CO2) zugedeckt worden.

Asteroideneinschlag?

Aber könnte die Marsatmosphäre nicht auch auf andere Weise verloren gegangen sein? Eine Möglichkeit wäre der Einschlag eines sehr großen Meteoriten oder eines Asteroiden auf dem Planeten. Dabei
können große Schwaden der Atmosphäre in den Weltraum geschleudert werden.

Kevin Zahnle von der NASA weist darauf hin, dass die Isotopenzusammensetzung des Edelgases Xenon in der Marsatmosphäre ganz anders ist als in unserer Atmosphäre. Es enthält auf dem Mars einen
wesentlich höheren Anteil des Isotops Xenon-129, das beim Zerfall von radioaktivem Jod entsteht und sich allmählich in der Atmosphäre anreichert. Ein Großteil des ursprünglich vorhandenen Xenon, das
weniger von diesem Isotop enthielt, ist offenbar bei einem Großereignis mit einem beträchtlichen Teil der Atmosphäre verloren gegangen.

Eine dritte Möglichkeit sind Verluste am oberen Rand der Atmosphäre durch Einwirkung des Sonnenwinds · des ständigen Schauers von Teilchen, die von der Sonne in den Weltraum geschleudert werden.
Unsere Atmosphäre ist durch das Magnetfeld der Erde vor solchen Einwirkungen weitgehend geschützt. Der Mars hat jedoch heute kein Magnetfeld mehr, und durch dieses „Abnagen" am äußeren Rand können im
Lauf langer Zeiträume beträchtliche Mengen der Atmosphärengase verloren gegangen sein.

Ein Indiz für die Richtigkeit solcher Vorstellungen ist, dass Stickstoff und andere Gase in der heutigen Marsatmosphäre erheblich mehr schwere Isotope enthalten als die gleichen Gase in der
Erdatmosphäre. In den höchsten Schichten der Atmosphäre reichern sich vor allem die Moleküle mit den leichteren Isotopen an. Solche Moleküle werden dann vom Sonnenwind „weggeblasen", während Moleküle
mit den schwereren Isotopen zurückbleiben.

Gasspuren im ältesten vom Mars stammenden Meteoriten zeigen keine vergleichbare Anreicherung schwerer Stickstoffisotope. Es gab damals offenbar noch keine starke Auswirkung des Sonnenwinds. Eine
Erklärung liefert eine andere unerwartete Entdeckung des Mars Global Surveyor. Der Mars hat zwar heute kein Magnetfeld mehr, aber einzelne Teile seiner Kruste sind stark magnetisiert. Er hat also
offenbar in seiner Frühzeit ein Magnetfeld gehabt, das damals die Atmosphäre geschützt hat. Doch die im Inneren des Planeten gespeicherte Energie reichte anscheinend nicht aus, um den „Dynamo" für
dieses Magnetfeld ständig in Betrieb zu halten.

Wasser wie Lava?

Die Marsatmosphäre ist also wahrscheinlich durch ein Zusammenwirken mehrerer Vorgänge verloren gegangen. Und das Wasser ist vielleicht auf der Oberfläche unseres Nachbarplaneten in ganz anderer
Weise in Erscheinung getreten als bei uns · etwa bei vulkanartigen Ausbrüchen, bei denen statt Lava große Mengen heißen Wassers ausgespieen wurden. Und auch in Zeiten, als es auf dem Mars schon sehr
kalt war, könnte Wasser aus heißen Quellen gekommen sein.

Literatur: „New Scientist", 20. November 1999, S. 35.

Freitag, 07. April 2000

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