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Ein Gespräch

Faes Urs: Der Anfang ist oft das Ende

Urs Faes

Urs Faes (© Archiv)

Von Markus Bundi

  • Wiener Zeitung: In Ihrem neuen Roman ("Als hätte die Stille Türen", Besprechung s. u., Anm.) spielt der Musiker und Komponist Alban Berg eine Hauptrolle. Wie sind Sie auf ihn gestoßen?

Urs Faes: Durch einen Zufall. Ich sollte fürs Radio ein Hörspiel zum Thema Musik schreiben, eine Freundin wies mich auf die Dramatik innerhalb der "Zweiten Wiener Schule" hin: Liebesgeschichten, Eifersuchtsdramen, Femmes fatales, Todesarten, politische Verfolgung und immer wieder Kunst: Was will man als Schriftsteller mehr?

  • Sie erzählen zwei Liebesgeschichten zu unterschiedlichen Zeiten. Daraus ergibt sich ein Quartett von Figuren, die alle – auf je unterschiedliche Art – miteinander verbunden sind. War es schwierig, gleich vier Figuren im Zaum zu halten?

Eigentlich nicht. Denn die Figuren sind im Zaum gehalten durch die Liebe, die ihnen widerfährt, darin schweben, zappeln und bangen sie. Sie erfahren das Glück der Erfüllung, den Schmerz des Abschieds, die Ambivalenz von Nähe und Distanz. Das ist Zaum genug. Als Autor schrieb ich an diesem Lieben entlang. Es führt in die Stille, in den Resonanzraum der Erwartung, da gehen Türen auf, manchmal ins Glück, manchmal in den Schmerz.

Alban Berg hatte, was seine Sehnsucht nach Hanna Fuchs-Werfel betrifft, denkbar schlechte Karten. Er selbst war gebunden, dazu kam die geografische Distanz zwischen Wien und Prag. Obwohl David und Simone im Jahr 1999 diese Probleme nicht haben, scheint die Liebe an sich nicht einfacher geworden zu sein.

Der Mensch, das sagt schon Augustin, ist viel stärker liebes- als erkenntnisbedürftig. Daher erzählt das Buch von Möglichkeiten der Liebe, aber eben auch von Schwierigkeiten, gerade heute. David und Simone haben Sehnsüchte, aber auch Lebensgeschichten und Erfahrungen. Sie möchten Ankunft finden beim geliebten Menschen, aber auch bei sich selbst bleiben. So haben sie Angst vor zu viel Nähe oder gar Abhängigkeit, die Simone als Hörigkeit erfahren hat. Zusammensein ist für sie genauso schwierig wie Alleinsein. Dem modischen Singleleben droht die Vereinzelung, der Autismus. Was tun? David und Simone zögern. Aber die Liebe hält sie immerhin in Bewegung.

  • In all Ihren Romanen ist das Unterwegssein ein wiederkehrendes Motiv. Rastlosigkeit und Erinnerung scheinen für Sie in einer psychologisch prekären Wechselwirkung zu stehen.

Reisen ist immer ein Aufbrechen aus Gewohnheiten, die das Leben ersticken, aus Mustern und Zwängen des Alltags. Es ist aber auch eine Rückfahrt dorthin, wo wir herkommen, wo die frühen Prägungen sind. Wenn diese in Bildern und Geschichten gebannt werden, erlauben sie ein Loslassen.

  • In Ihrem Roman "Ombra" erklärt ein Maler, wie das Erkennen von Teilen zum Erahnen des Ganzen führt: "Es ist wie eine Sprache, die gelesen und gefunden sein will. Ein unablässiger Versuch." Heißt das nicht, dass ein Roman nie abgeschlossen sein kann?

Genau das heißt es. Das Widersprüchlichste an einem Buch ist, dass es einen Anfang und ein Ende haben soll. So sind unsere Lebensgeschichten aber nicht. Wir sind immer schon mittendrin und finden oft nicht heraus aus den Situationen und Verwicklungen. Deshalb ist in meinen Büchern der Anfang oft das Ende – oder umgekehrt.

  • Viele Ihrer Romane bedingen umfassende historische und geografische Recherchen. Wohin führt Sie Ihr Weg als Nächstes?

Ich bin noch unterwegs – schreibend, reisend, wahrnehmend; immer wieder lösen sich Gewissheiten auf, gerät, was sicher schien, in die Schwebe. Somit heißt es einfach weitergehen...

Biographisches

Urs Faes wurde 1947 in Aarau geboren. Er studierte Geschichte und Germanistik an der Universität Zürich. 1974 debütierte er als Schriftsteller mit dem Gedichtband "Eine Kerbe im Mittag"; 1983 kam im Basler Lenos Verlag sein erster Roman, "Webfehler", heraus. Seit 1989 erscheinen seine Bücher im Suhrkamp Verlag; zuletzt die Romane "Ombra" (1997), "Und Ruth" (2001) und "Als hätte die Stille Türen" (2005). Faes lebt in Zürich und in San Feliciano/Umbrien.

Freitag, 03. Juni 2005

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