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Die weltweit größte Rolls-Royce-Ausstellung ist in einem alten Textilwerk bei Dornbirn zu sehen

Der Traum des Autonarren

Von Andrea Felder

Nur das Feinste vom Feinen aus einem knappen Jahrhundert Rolls-Royce-Geschichte ist ab morgen auf 3.000 m² über drei Stockwerke zu bestaunen. Jedes Detail auf
spezielle Kundenwünsche handgefertigt von Karrosseriebauern, die die Kutschenbauer von damals waren; edelste Fahrzeuge mit Ästhetik, die Welten von der heutigen kurzlebigen Automobil-Massenware
trennen. Unikate, die jedes für sich zu Kunstwerken gestylt wurden. Erbaut für eine Lebensdauer von mindestens drei Generationen zu einem Preis, der damals mit dem Wert einer Liegenschaft inklusive
Schloß vergleichbar war.

Auch Fahrzeuge von berühmten Vorbesitzern wie John Lennon, King George V, der Englischen Queenmother, Prinz Ali Khan oder des Diktators Franco sind unter den etwa 30 ausgestellten Exklusivkarossen.
(Die Sammlung enthält etwa doppelt so viele). Eigentlich hätte es schon am 1. April 1999 · exakt 95 Jahre nach der ersten Probefahrt von Frederick Henry Royce · so weit sein sollen. Doch langwierige
Verhandlungen über die Verwendung des Namens Rolls-Royce und bauliche Verspätungen verzögerten die Eröffnung um zwei Monate. Gut Ding braucht eben Weile.

Mit dem Museum hat sich der Vorarlberger Franz Vonier, Inhaber einer Rolls-Royce-Reparaturwerkstätte, seinen Lebenstraum erfüllt. Vonier wuchs in St. Gallenkirch im gebirgigen Vorarlberger Montafon
auf. Schon als kleiner Bub interessierte er sich für Autos. Mit besonderer Vorliebe half er stolzen Autobesitzern, die am Brunnen neben seinem Elternhaus Halt machten, beim Auffüllen der dampfenden
Kühler mit kaltem Wasser. 1958 erwarb und „frisierte" er sein erstes Zweirad, eine BSA Rennmaschine. Ursprünglich im Baufach ausgebildet, übertrug man ihm, dem Autodidakt, während seiner Militärzeit
die Verantwortung für den Wagenpark. Für Franz Vonier ein Anlaß, sich ab sofort nur mehr diesem Thema zu widmen. Nach seiner Zeit beim Bundesheer ging Franz Vonier, begeistert von Rolls-Royce
Fahrzeugen, in die Schweiz und nach England, um sich bei Spezialisten weiterzubilden. 1968 gründete er zusammen mit seiner Frau Hilde einen Kfz-Betrieb in Klaus in Vorarlberg. Damals war die Rolls-
Royce Sammlung noch klein, wuchs aber stetig und bald spezialisierte sich die Familie Vonier auf Rolls-Royce aus den „Goldenen Jahren" (1923 bis 1938). Franz Vonier lebte fortan von der Herstellung
von Ersatz- und Spezialteilen · wie Kolben oder Zylindern · und pflegte seine Kontakte zu Rolls-Royce Besitzern in aller Welt. Bei Hochzeitsfahrten oder anderen speziellen Anlässen konnte man in
Vorarlberg hin und wieder ein Modell aus der Rolls-Royce-Sammlung der Familie Vonier bewundern.

Silverghost und Phantom

Auf der Suche nach einem geeigneten Standort für sein geplantes Rolls-Royce-Museum nahm Franz Vonier 1994 Verhandlungen mit der Stadt Dornbirn auf. Gemeinsam mit der Stadt Dornbirn und der F. M.
Hämmerle Holding AG konnte dieses weltweit einzigartige Projekt realisiert werden. Die bedeutendste Rolls-Royce-Sammlung befindet sich in einer ehemaligen Spinnerei im „Gütle" in Dornbirn, am Eingang
zur wildromantischen Rappenschlucht. Das Bauwerk mit rechteckigem Grundriß und drei Stockwerken besticht durch Klarheit, typisch für das ausgehende 19. Jahrhundert, der Zeit in der der Rolls-Royce
geboren wurde.

Das Museum präsentiert Rolls Royce-Unikate aus den Jahren 1925 bis 1938, fast vorwiegend Rolls Royce „Phantom", die den früheren „Silverghost" ablösten. „In diesen goldenen Zeiten hatten die Leute
auch das Geld dafür", weiß Johannes Vonier, der Sohn des Museumsbesitzers. „Außerdem waren die Modelle vor 1925 vorne ohne Bremse und deshalb sehr ungeeignet für die Alpen", ergänzt Franz Vonier. Da
das Verchromen erst 1929 erfunden wurde, glänzt bei allen Rolls-Royce älteren Datums massives Silber statt Chrom.

Nach der Museumseröffnung hat Franz Vonier noch keineswegs alle seine Träume verwirklicht: Sein großes Ziel ist es, den Silverghost vom ehemaligen russischen Zar für eine Sonderausstellung zu
bekommen. Dieser wurde dann von Lenin übernommen, der ihn auf Kettenantrieb umgebaut hat.

Wie es zum Rolls-Royce kam

Der aus ärmlichen Verhältnissen stammende und als Perfektionist bekannte Elektroingenieur und Erfinder des Elektrokrans Sir Frederick Henry Royce war unzufrieden mit seinem damaligen französischen
Wagen der Marke Decauville und bastelte sein eigenes Automobil; ganz nach seinem Leitspruch: „Take the best that exists and make it better. When it does not exist, design it." (Nimm das Beste,
das es gibt und verbessere es. Wenn nichts Bestes exisitiert, mach es selbst.) Am 1. April 1904 absolvierte er seine erste Probefahrt und stellte fest, daß dieser erste Rolls-Royce seinen Ansprüchen
weit mehr gerecht wurde als sein 1903 gekaufter Decauville. Damit setzte er den Grundstein für diese Luxuskarosse.

Nur für Kunden von Adel

Bereits zwei Jahre später gründete er mit dem adeligen Charles Stuart Rolls das gemeinsame Unternehmen Rolls-Royce. In ihm fand Sir Frederick Henry Royce seine geistesverwandte Ergänzung. Der
bekannte Sportsmann, Ballonfahrer, Autorennfahrer und gewiefte Autoverkäufer hatte nämlich bis dahin schon den englischen Hoch- und Finanzadel mit Automobilen versorgt.

Um einen Rolls-Royce Phantom erwerben zu können, mußte man nicht nur das notwendige Kleingeld haben, sondern auch adelig sein und sich eines Chauffeurs bedienen, der von Rolls-Royce ausgebildet
wurde. Weil alles bis ins kleinste Detail auf speziellen Kundenwunsch angefertigt wurde, war eine Auslieferungszeit von zwei Jahren üblich.

Im Erdgeschoß des Museums wurde die erste Produktionsstätte von Rolls-Royce, die „Cooke Street", teilweise rekonstruiert. Hier werden Fahrzeuge aus aller Welt restauriert. Wer mehr über die
Geheimnisse der Rolls-Royce Konstruktion erfahren möchte, für den bietet sich die Möglichkeit bei der Schau-Restauration selbst Hand an die edlen Stücke anzulegen und so längst vom Computer
verdrängte Techniken und Praktiken in der Praxis kennenzulernen. Eigene Restaurierungsseminare und Kurse werden dazu angeboten. Auch 20 Vitrinen mit Kleinexponaten, Originaldokumenten und Berichten
sowie multimediale Vorführungen gibt es dort rund um das Thema Rolls-Royce. Ausgestellt sind weiters zum Beispiel Rolls-Royce-Flugmotoren, Originaldokumente und Pläne, aber auch andere wichtige
Errungenschaften der Automobilgeschichte wie z. B. ein Rad des Rekordwagens „Bluebird" von Donald Campbell, eine Holzgasanlage, die verwendet wurde, um brennbare Gase als Ersatz für flüssige
Treibstoffe zu erzeugen. Kein verstaubtes Museum also, sondern Veranstaltungen, Vorführungen, Seminare und vieles mehr.

Tee mit Stil

Ein „English Tearoom" mit original englischen Stilmöbeln aus den Jahren 1720 bis 1920 lädt zu englischem Teezeremoniell ein. Angelehnt an die Kühlerfigur des Rolls-Royce ist eine von der Familie
Vonier eigens kreierte Torte namens „Spirit of Ecstasy" kulinarisches Highlight. In Originalatmosphäre auf Möbeln jener Zeit können MuseumsbesucherInnen stilvoll auch englische Tees, englisches Bier,
klassische Sandwiches, frische Salate oder englische Blechkuchen genießen. Das Brot wird vor Ort frisch gebacken. Für die kleinen Besucher gibt es eine eigene Spielecke. Während deren Eltern in
Rolls-Royce-Nostalgie schwelgen und sich dabei vergessen können, finden die Kids zwischen nostalgischem Spielzeug wie Schaukelpferden, Puppenhäusern und Modellfahrzeugen aller Art ein unterhaltsames
Feld.

Im Museumsshop gibt es ein Angebot an exklusiven und eigens für das Museum designten Textilien, wie z. B. eleganten Hemden, britischem Porzellan und anderen Besonderheiten. Die Realität der
Ausstellung und die Einrichtung im Stil der zwanziger und dreißiger Jahre machen diesen Museumsbesuch zu einer unvergeßlichen Zeitreise durch die Geschichte der legendären Rolls-Royce Phantom.

Five o'clock-Tea in stilvollem Ambiente nach Rolls-Royce-Ausstellungsbesuch und Schluchtenwanderung · eine neue Ausflugsidee im Dreiländereck. Das Museum liegt mitten im Grünen, im Ortsteil „Gütle"
in der Textilstadt Dornbirn. Ein Besuch im Rolls-Royce-Museum läßt sich ideal mit der Besichtigung einer weiteren Attraktion verbinden. Das „Gütle" liegt nämlich direkt am Eingang zur
„Rappenlochschlucht", eine der imposantesten und größten Schluchten der Ostalpen. Das Museum wird nicht nur den Tagestourismus in Dornbirn zusätzlich beleben. Der Verkehrsverein Dornbirn bietet
jedenfalls bereits Rolls-Royce-Wochenend-Packages an. Im Museum Franz Vonier haben sich die ersten Ausstellungsbesucher aus aller Welt schon bei der Rolls-Royce-Ausstellung Ende letzten Jahres in
Lech am Arlberg angemeldet.

Das Rolls-Royce-Museum erreicht man wie folgt: Mit dem Privatwagen fährt man auf der A14 nach Dornbirn-Süd, orientiert sich an der Karrenseilbahn und folgt dem Wegweiser ins Gütle. Die Bahn
verläßt man in Dornbirn. Vom Bahnhof fahren regelmäßig Linienbusse ins Gütle. Für den Flugverkehr steht ein kleiner Landeplatz zur Verfügung. Wer mit dem eigenen Flugzeug anreist, soll sich kurz
vorher mit Johannes Vonier telefonisch in Verbindung setzen: Tel. +43/664/

242 26 76 oder +43/55 72/526.

Freitag, 28. Mai 1999

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