Wiener Zeitung Homepage Amtsblatt Homepage LinkMap Homepage Wahlen-Portal der Wiener Zeitung Sport-Portal der Wiener Zeitung Spiele-Portal der Wiener Zeitung Dossier-Portal der Wiener Zeitung Abo-Portal der Wiener Zeitung Suche Mail senden AGB, Kontakt und Impressum Benutzer-Hilfe
 Politik  Kultur  Wirtschaft  Computer  Wissen  extra  Panorama  Wien  Meinung  English  MyAbo 
  Lexikon    Glossen     Bücher     Musik  

Artikel aus dem EXTRA LexikonDrucken...

Zum 25-Jahr-Jubiläum der Staatengründung: Unterwegs in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate

Abu Dhabi: Der Zwergstaat als Ölriese

Von Walter M. Weiss

Dubai und Abu Dhabi - ein seltsameres Brüderpaar läßt sich in der Familie der arabischen Städte kaum finden. Der eine, vergleichsweise langsam gewachsen entlang eines gewundenen Meeresarms, ist im Kern seines Wesen selbstbewußt, weil von Jugend an im Zentrum des Handels und deshalb an einen gewissen Wohlstand gewöhnt. Der andere, vor drei Jahrzehnten noch ein schmächtiger Kerl, der sein Dasein auf einer schmalen, sumpfigen Nehrung mit Datteln, Fisch und ein wenig Perlhandel fristete, ist heute ein in die Höhe geschossenes Glückskind, das seinen neuen Reichtum zur Gänze jenen winzigen Lebewesen der Urmeere verdankt, die sich vor rund 500 Millionen Jahren just auf seinem späteren Territorium in Unmengen zu Faulschlamm und schließlich zu jener Mixtur aus Aliphaten, Phenolen, Naphthenen und anderen Kohlenwasserstoffen verwandelten, die man heute Rohöl nennt.


Die beiden waren eifersüchtige Rivalen, die einander, obwohl sie ursprünglich demselben Stamm angehörten, oft beraubten. Vor exakt einem Vierteljahrhundert haben sie sich, erwachsener geworden, in einem Bündnis vereint und den neuen Frieden bislang nicht bereut. Gemeinsam sorgen sie für fünf kleinere Geschwister - Sharjah, Ras al-Khaima, Ajman, Umm al-Qaiwain und Fujairah, wobei Abu Dhabi der Nährvater ist, der mit seinen Einkünften aus dem Öl für über 80 Prozent des stattlichen Familienbudgets aufkommt. Ob seine Freigebigkeit freilich einem weiten Herz oder doch eher einem klugen Kopf entspringt?


Sicher hat Scheich Said bin Sultan al Nahayan, der mittlerweile fast 80jährige Herrscher des Emirats Abu Dhabi und Präsident des Staates, das Schicksal seiner Vorgänger nicht vergessen. Von den letzten vierzehn Scheichs seines Stammes, der Bani Yas, wurden acht ermordet, vier durch Familienrebellionen gestürzt. Nur zwei starben friedlich. Ebenso sicher aber fließt in seinen Adern noch das echte Blut eines Beduinen, für den das Teilen mit dem Bruder zu den höchsten Werten zählt. Und mit Sicherheit haben er und die Oberhäupter aller anderen Emirate erkannt, daß Öl zu fördern und Geschäfte zu machen eine weit einträglichere und bequemere Beschäftigung ist als Krieg zu führen.


An unserem ersten Abend sind wir Gäste des österreichischen Handelsdelegierten. Sein Appartement ist eines der höchsten in der Stadt. ,Silver Tower`, 26. Stock. Das Panorama ist dementsprechend schwindelerregend. Ganz Abu Dhabi liegt uns zu Füßen.


Noch 1958, jenem Jahr, als in dem Emirat das erste Erdöl entdeckt wurde, war seine Hauptstadt eine winzige Siedlung, die sich zwar bei Ebbe über die Sabkha, den salzigen Sand des Watts, bei Flut jedoch nur mit dem Boot erreichen ließ, und rund 5.000 Einwohner, vornehmlich Fischer, zählte. "Wir pflügten", schrieb der britische Archäologe Geoffrey Bibby damals in seinem Buch über die Suche nach dem legendären Hafen Dilmun, "in unseren Land-Rovers auf weichen Reifen und im Vierradantrieb durch verwehten Sand. Vor uns standen eine Reihe zerzauster Palmen, zur Linken das weißgetünchte Fort, zur Rechten eine handvoll Barastihütten, ein paar magere Ziegen, versprengte Hühner, und Esel, die gleichgültig an Abfallpapier knabberten. Die Spurrillen im Sand bildeten die einzige Straße. Sie schlängelten sich zwischen den Hütten hindurch zum Ufer. Dort stießen wir auf zwei Gebäude aus Zement: das Quartier der Polizei und das Büro der Ölgesellschaft."


Nun, keine 40 Jahre später, blicken wir auf ein arabisches Manhattan hinab. Ein Meer aus Wolkenkratzern, von einem Raster rechtwinkeliger Straßen in quadratische Inseln zerschnitten. Unser Gastgeber hilft bei der Erstorientierung: direkt unter uns, auf der von Blumenrabatten und wöchentlich gewaschenen Palmen gesäumten Corniche, das Wahrzeichen der Stadt: der Uhrturm, von dem die legendäre Airport Road, die älteste geteerte Straße vor Ort, hinaus zum Flughafen führt; nicht weit davon das für hiesige Verhältnisse methusalemische, weil über 100 Jahre alte, fein säuberlich restaurierte Fort al-Hosn.


Vor gut 200 Jahren haben, heißt es, Beduinen aus dem Landesinneren hier, inmitten der salzigen Sabkha, eine Gazelle beim Trinken beobachtet und den Ort daraufhin Abu Dhabi, ,Vater der Gazelle`, getauft; und später dann um die Süßwasserquelle herum jenes Fort errichtet, in dem heute das Stadt-und Dokumentationsarchiv untergebracht ist. Im Südosten, ungefähr dort, wo die Al-Maqta-Brücke, vom gleichnamigen archaischen Wehrturm bewacht, die Stadtinsel mit dem Festland verbindet, erahnt man am Horizont Umm-an-Naar, die ,Mutter des Feuers` - jene weit kleinere Nachbarinsel, die, wie reiche Gräberfunde belegen, schon vor über 4.000 Jahren besiedelt war, und auf der sich auch Abu Dhabis neue, gigantische Entsalzungsanlage erhebt.


In der Gegenrichtung, am Horizont off shore, die küstennächste von unzähligen Bohrplattformen, und davor, zwischen Stadt und offenem Meer, der Welt angeblich größte künstliche Insel - ein Stück aufgeschüttete, flache Wüste, aus dem schon in Bälde ein Freizeitparadies mit Swimming-pools, Seilbahnen, Sportanlagen und einem Zoo werden soll.


Vor gut vier Jahren, erwähnt unser Gastgeber, als er sein luftiges Domizil bezog, habe keines der Nachbarhäuser mehr als zehn Etagen gehabt. Inzwischen ragen in unmittelbarer Umgebung mehrere dutzend Wohn- und Büropaläste doppelt so hoch in den Himmel. Darunter auch der Bainunah-Tower, das mit 42 Stockwerken derzeit höchste Gebäude am Golf.


Jedes Jahr hieße es, heuer lasse der Bauboom bestimmt nach. Dann aber halte er doch wieder an. Der Kränewald ist von imposanter Dichte.


Das Land der Ichthyophagen, der ,Fischesser`, nannte Ptolemäus den Küstenstreifen zwischen Leerem Viertel und Golf. Islamische Historiker bezeichneten es als Sahil al-Uwman, als ,omanische Küste`. Schon die Portugiesen hatten hier Festungen errichtet, um die Türken und Perser daran zu hindern, ihnen den Weg nach Ostindien zu versperren - ein handelsstrategisches Motiv, das später auch die Briten veranlaßte, Flagge zu zeigen. Als die Araber daraufhin den Heiligen Krieg gegen die ungläubigen Eindringlinge ausriefen, brandmarkten die Europäer sie als Piraten. Als deren Hochburg galt Ras al-Khaima, das Dschulfar des Mittelalters. Es wurde 1819 von englischen Kanonenbooten in Schutt und Asche gebombt. Kurz darauf begann London mit den diversen Stammesscheichs Frieden zu schließen. Aus der ,Piratenküste` wurde die Trucial Coast, die ,Vertragsküste` - de facto eine Art Protektorat.


Einen kleinen Rest von Unfügsamkeit legte Ras al-Khaima viel später noch einmal an den Tag, indem es erst 1972, ein Jahr nachdem sich die anderen sechs Scheichtümer zu den Vereinigten Arabischen Emiraten zusammengetan hatten, zögerlich der Föderation beitrat.


Noch am Vorabend, wenige Stunden nach der Ankunft, haben wir durch einen unglaublichen Zufall den Protokollchef eines Präsidentensohnes kennengelernt. Er hatte an der Hotelbar aufgeschnappt, daß wir für ein Buch recherchieren, und uns für den Folgetag zum Lunch geladen. Nun sitzen wir in einem dickgepolsterten Mercedes auf dem Weg in den Palast. Wie es sich für Herren seines Status offenbar geziemt, fährt er deutlich zu schnell und hantiert dabei gleichzeitig mit einem Telefonpager und zwei Handys.


Empfangen werden wir von etwa 30 jungen Herren in blütenweißen Dischdaschas, die, unter klirrenden Kristallustern in brokatbezogenen Fauteuils sitzend, Small talk halten. Als wir den Saal betreten, erhebt sich der Hausherr. Alle anderen tun es ihm gleich. Das folgende Händegeschüttle erinnert an das Begrüßungsritual zweier Eishockeyteams. Währenddessen flimmert im Hintergrund über einen riesigen Fernsehschirm CNN. Und wir trauen unseren Augen nicht.


Just jetzt, in diesen Minuten, läuft live ein Programm über das Abu Dhabi von anno dazumal. Zu sehen
ist - wohlgemerkt live, nicht auf Video - Scheich Said, der Vater des Gastgebers, in jungen Jahren als Falkenjäger, zu sehen sind Kamelkarawanen und Krieger, archaische Basare, Zeltlager und Sand, viel Sand.
Der Mittagstisch ist nebenan auf dem Fußboden bereitet und bedeckt eine Fläche von ungefähr drei mal fünf Metern. Auf kolossalen Platten häufen sich von der Königsdattel bis zum Limonensorbet und von der Lammkeule bis zum Hummer die kulinarischen Köstlichkeiten dieser Welt. Und zwar in einer Menge, die mindestens dem Zwanzigfachen des Gesamtvolumens aller anwensenden Mägen entspricht. Wieder einmal erleben wir in natura die charakteristische ,Reishand` der Beduinen. Jene über viele Generationen an Lagerfeuern angelernte Manier, mit bloßen Fingern Reis, aber auch andere Speisen zu packen, zu kneten, in der geschlossenen Faust zum Mund zu führen und zwischen die Zähne zu schieben.


Beim Verlassen des Palasts entdecken wir im gepflasterten Hof zwischen den vielen Karossen ein winziges, mit Sand beschüttetes Geviert und darauf ein Beduinenzelt aus Kamelhaar. "Die Privatwüste des Prinzen", lacht der Protokollchef. Kommen so vererbte, unterdrückte Leidenschaften wieder zutage?


Es folgt ein ausgedehnter Verdauungsspaziergang die Corniche entlang. Etwa auf Höhe des sogenannten Vulkanbrunnens, der abends, in rotes Scheinwerferlicht getaucht, den - vorwiegend männlichen - Flaneuren als Treffpunkt dient, passieren wir mehrere Schaltstellen der Macht: das Hauptquartier der ,Abu Dhabi National Oil Company`, der ADNOC, die immerhin täglich über 350 Millionen Liter Rohöl produziert; das der ,Investment Authority`, die für die sinnvolle Anlage der Einkünfte sorgt; und auch die ehemalige Zentrale der ,Bank of Credit and Commerce`, besser bekannt unter dem Kürzel BCCI - jenes von Scheich Said gegründete Geldinstitut, dessen Manager überaus rege im Waffen- und Drogenbusiness tätig waren, und das 1991 mit Schulden in Höhe von 20 Mrd. Dollar zusammenbrach.


Die Rasensprenger entlang dieser Meile des Mammons kämpfen mit wahren Fontänen gegen die Hitze des Tages an. Die Phalanx der gläsernen Hochhausfassaden gleißt in der Abendsonne wie der Goldbarren in der Benson & Hedges-Reklame. Zu ihren Füßen schnurren Kolonnen glitzernder Großraumlimousinen mehrreihig dem nächsten Geschäftstermin entgegen.


Der kollektive Wille zur Repräsentation ist überdeutlich. Vor kurzem erst erließ die Stadtverwaltung ein Gesetz, das den Anrainern dieses Prachtboulevards aus ästhetischen Gründen untersagt, ihre Wäsche zum Trocknen auf die Balkone zu hängen. Dahinter, auf den Freiflächen und in den Höfen, liegt der Sand, auf dem die Stadt ruht, noch offen zutage. Hier, wo stellenweise sogar Wüstensträucher wachsen, ist das Revier der Gastarbeiter vom Subkontinent mit ihren Imbißstuben und Wäschereien, Kolonialwarenhandlungen und Videoverleihen. Hier, im Schatten der himmelstürmenden Monumente des Überflusses, stehen auch viele kleine Moscheen.


Scheich Said wünscht, daß in seinen Städten jeder Gläubige zum Beten höchstens 400 Meter weit gehen muß. 2.600 Gotteshäuser gibt es bereits im Land. Und ihre Zahl wächst täglich weiter. Prunkstück wird künftig die am Südrand der Insel in Bau befindliche, 150 Millionen Dollar teure Scheich-Said-Moschee sein.


Abends, vor dem Hoteleingang des örtlichen Intercont: Heerscharen von Sicherheitsbeamten. Hektik, Absperrungen, Walkie-Talkies. Scheich Khalifa, der ehemalige Emir von Katar, den sein Sohn im Vorjahr ins Exil vertrieb, habe, hören wir, seit Monaten für sich und seinen Riesentroß die Luxussuiten einer ganzen Etage angemietet.


Nachtfahrt von Abu Dhabi zwei Stunden lang nach Südwesten in die berühmten Oasen von Liwa. Es gewittert und gießt. Nach der Abzweigung von der Küstenstraße bei Tarif tauchen zu beiden Seiten am Horizont immer wieder lodernde Flammen auf. Ein paar Schreckmomente lang verfolgt mich der blödsinnige Gedanke, die gewaltigen Blitze hätten die Öllager im Wüstenboden entzündet. Doch in Wirklichkeit passieren wir Bu Hasa, Sahil, Al-Asab . . . die großen Gas- und Ölförderfelder des Landes.


Was hier noch abgefackelt wird, ist freilich nur ein Bruchteil der Menge, die man in den Siebzigern ungenutzt in den Himmel pustete. Denn inzwischen wird das Gas auf der Insel Das, dem der Küste vorgelagerten Verarbeitungs- und Verladezentrum von Abu Dhabis Ölindustrie, verflüssigt und in speziellen Kühltankern nach Fernost verschifft.


Der Besuch einer petrochemischen Anlage, off und auch on shore, wurde uns nicht erlaubt. Sicherheit geht den zuständigen Behörden über alles. So müssen wir mit dem Blick aus der Distanz auf diverse riesige Bohrgestänge und die Raffinerie bei Madinah Zayid Vorlieb nehmen. Er ist imposant genug.


Bei Al-Mariyah erreichen wir schließlich die Liwa, jenen halbmondförmigen Kranz aus Oasen, deren Grundwasser aus einer geologischen Laune der Natur süßer ist, als im Rest der Region, und damit einer handvoll Beduinen für Jahrhunderte ein, wenn auch karges, Dasein ermöglichte.


Der Tag bricht an. Durch einen Spalt in der dichten Wolkendecke kommt für wenige Minuten als glühende Orange die Sonne zum Vorschein. Ihr Licht erhellt ein wunderbares, endloses Dünenwellenmeer. Die Wellenkämme sind bis zu 200 m hoch und ihre Kurven von erotischer Vollkommenheit. Die Täler sind vielerorts von akkurat abgesteckten, sattgrünen Feldern bedeckt.


Der Versuch, die Wüste weitflächig urbar zu machen, kostet Scheich Said Hunderte Millionen und wird von Ökologen und Ökonomen gleichermaßen skeptisch beurteilt. Er ist wohl eher tiefenpsychologisch, denn rational zu erklären. Für jeden Wüstenbewohner ist das Paradies grün. Und für jeden Beduinen erfüllt sich ein Traum, kann er einmal Bauer sein. Nie werde ich den Stolz vergessen, mit dem der Manager jener Musterfarm, die wir an diesem Tag besichtigen, eine Karotte aus dem Boden zieht und vor unseren Augen geradezu rituell verspeist.


Die Stadt Al Ain liegt 160 km östlich von Abu Dhabi, direkt an der Grenze zu Oman. Für diese Strecke durch den Wüstenbezirk Taff brauchte der britische Abenteurer Wilfred Thesiger vor einem halben Jahrhundert auf dem Rücken eines schnellen Batinah-Kamels vier Tage. Geoffrey Bibby schaffte sie 1959 in seinem Land-Rover dünenauf und dünenab immerhin in einem Viertel der Zeit. Wir sind auf dem sechsspurigen Highway knapp eineinhalb Stunden unterwegs.


Ursprünglich war Al Ain eines von neun Dörfern, die über ein 30 km² großes Oasengebiet verstreut lagen. Um das Siedlungskonglomerat, das den Namen des Ortes Buraimi trug, brach 1952 ein bewaffneter Konflikt aus. Saudiarabische Truppen fielen mit Unterstützung der Arabian-American Oil Company in die noch unbedeutende, von Muscat und Abu Dhabi gemeinsam verwaltete Oase ein. Ihr Ziel: sich langfristig den Zugriff auf die westlich der Hadjschar-Berge, im Inneroman vermuteten Ölvorkommen zu sichern. Denn der Grenzverlauf war wie so oft in der Region in diesen Jahren noch keineswegs klar definiert. Nachdem die Briten auf Seiten der Omanis eingegriffen und sich die Saudis zurückgezogen hatten, setzte man sich an den grünen Tisch. Doch erst 1974 akzeptierte Riad formell die noch heute gültige, offene Grenze, die den Ort in eine östliche Hälfte, das omanische Buraimi, und eine westliche, das zu Abu Dhabi gehörige Al Ain, teilt.


Letzteres zählt heute über 200.000 Einwohner. Seine Hoheit Scheich Said, der hier geboren wurde, machte aus ihm eine moderne, grüne Metropole mit einer Universität, Hochhäusern, drei Dutzend ausgedehnten Gartenanlagen und sogar einem Lunapark samt Eishalle, in der die Einheimischen bei fünfzig Grad Außentemperatur mit Wollsocken unter ihren Dischdaschas auf Schlittschuhen ihre Runden drehen.


Etwas außerhalb, in einem Ausflugspark, hat man eines jener fast 5.000 Jahre alten Rundgräber rekonstruiert, wie sie Archäologen am Fuß des nahen Djebel Hafit, im Nachbarort Hili und auch auf Umm an-Naar zuhauf gefunden haben. Eines der in diesen Zeiten des Friedens obsoleten Wüstenforts wurde in ein Museum verwandelt. Es birgt auch eine Sammlung historischer Fotos. Auf einem ist Scheich Said im Kreise seiner Getreuen zu sehen: er tanzt bloßfüßig im Sand und mit dem Gewehr in der Hand zur Feier von Bayram, dem Fest des Fastenbrechens. Welchen zivilisatorischen Quantensprung dieser Mann erlebt hat!


1918 geboren, amtierte er lange Jahre als Gouverneur von Al Ain. Sein Stamm war bettelarm, und dessen Oberhaupt, Saids Bruder Schachbut, ein primus inter pares, den jedermann jederzeit aufsuchen konnte, und dessen Ansehen und Einfluß ausschließlich auf seinem Charisma und seinem Sinn für Gerechtigkeit beruhten.


Als dann die Flut der Petrodollars hereinbrach und er - 1966, in einem unblutigen Putsch - Schachbut, der das Geld im Palast hortete, statt es in den Aufbau des Landes zu investieren, stürzte, mutierte Said binnen weniger Jahre zu einem der reichsten Männer der Welt.


Seither residiert er, stets von schwerbewaffneten Leibwächtern umgeben, in unvorstellbar luxuriösen Palästen und bekommt seinen höfischen Alltag von mehreren Protokollchefs organisiert.


Der vorliegende Text ist, stark gekürzt, dem soeben in der "Bibliothek des Orients" (Edition Christian Brandstätter) erschienenen opulenten Text-Bild-Band "Vereinigte Arabische Emirate und Oman. Zwei Perlen in der Wüste" (mit Fotos von Kurt-Michael Westermann) entnommen.

Donnerstag, 27. März 1997

Aktuell

Kollidierende Kleinplaneten
Japan greift sich mit der Weltraummission "Hayabusa" ein Stück des Asteroiden Itokawa
Zu Fuß zum Schneeberg
In drei Tagen von Wien auf den Gipfel – Wandern wie vor 200 Jahre n
Countdown für Olympia 2014
Mit Kreativität könnte sich Salzburg gegen das favorisierte PyeongChang durchsetzen

1 2 3

Lexikon



Wiener Zeitung - 1040 Wien · Wiedner Gürtel 10 · Tel. 01/206 99 0 · Impressum