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Mit dem Auto unterwegs im Inselstaat Sri Lanka

Die Reise zur Himmelsburg

Von Barbara Schleicher und Fritz Keller

Welcome in Sri Lanca - welcome in paradise in ausgezeichnetem Englisch begrüßt uns Iqkram Jaleel am Bandaranaike International Airport in Colombo. In den nächsten acht Tagen wird uns der sympathische 42-Jährige als persönlicher Reiseführer und Chauffeur begleiten. Schnell ist das Gepäck im luxuriösen, vollklimatisierten Nissan verstaut. Der Linksverkehr und die englischsprachigen Straßenschilder erinnern an die britischen Kolonialherren, die 1948 das Land verlassen haben. Annähernd 97.000 km umfasst das dichte Straßennetz - Staub- und Schotterpisten eingerechnet. PKWs, LKWs und Tuk-Tuks (Dreiradtaxis) fahren, dichtgedrängt und rasant, an Menschen und Haustieren vorbei. Wir sind froh über unseren einheimischen Chauffeur, der nach dreistündiger Fahrt das erste Reiseziel ansteuert.

Pinnawella Elephant Orphanage heißt das 1975 eröffnete Waisenhaus, das heute 67 Dickhäuter beheimatet. Viele Jungtiere sind verletzt, verwaist oder verirrt aufgefunden worden. Iqkram macht uns auf die junge Elefantenkuh Sama (Frieden) aufmerksam, die auf eine Landmine getreten ist - eine Spätfolge des 20-jährigen Bürgerkrieges. Deutsche Tierschützer haben eine "Beinprothese" anfertigen lassen, der sich das zentnerschwere Tier aber schnell entledigt hat. Mit dem Rüssel helfen ihr die anderen Tiere auf unwegsame Anhöhen.

Der Höhepunkt ist das Bad der grauen Riesen im Maha Qya Fluss. Genüsslich räkeln sie sich im Wasser, bespritzen einander und lassen sich vom Mahout (Tierpfleger) bürsten. Auch die Fütterung der tollpatschigen Babies mit überdimensionierten Milchflaschen ist einen Schnappschuss wert. Bleibt die Frage, was mit den ausgewachsenen Tieren passiert? "Nein, sie werden nicht in die Freiheit entlassen, sondern zu Arbeitselefanten ausgebildet" berichtet uns Iqkram.

Der Palast des Himmels

Nächstes Reiseziel ist die Felsenfestung "Sigiriya" (Löwenfels). Ein bizarrer, 200 m hoher Monolith erhebt sich weithin sichtbar über der Ebene. Die Besichtigung des Himmelspalastes ist der kulturhistorische Höhepunkt jeder Sri Lanka-Rundreise, versichert uns Iqkram, bevor er die biographischen Details des "Gottkönigs" Kassapa I. (473- 491) erzählt.

Geboren als unehelicher Sohn des Königs Dhatusena, war Kassapa von der Thronnachfolge ausgeschlossen. Sein Machthunger machte ihn erst zum Vatermörder, dann zum König. Aus Angst vor der Rache des rechtmäßigen Thronerben und Bruders Mogallana verließ er die Königsstadt Anaradhapura und errichtete in Sigiriya eine uneinnehmbare "Himmelsfestung". 18 Jahre währte seine Regentschaft, ehe der Bruder mit einem stattlichen Heer aus dem indischen Exil anrückte. Kassapa ließ sich vor die Palasttore locken. In der Entscheidungsschlacht unterlegen, setzte er seinem Leben ein Ende. Der rechtmäßige König Mogallana überlies Sigiriya buddhistischen Mönchen und kehrte in die alte Königsstadt Anaradhapura zurück. Erst im 19. Jahrhundert wurde die inzwischen überwucherte Residenz von britischen Jägern wiederentdeckt. Doch es sollte noch ein Jahrhundert vergehen, ehe die UNESCO 1982 die Königsstadt zum Kulturdenkmal erklärte und mit Hilfe von Subventionen eine Restaurierung ermöglichte.

Um der tropischen Hitze zu entgehen, brechen wir in aller Frühe auf. Der Weg auf die "Himmelsburg" führt zunächst durch eine Wehranlage mit metertiefen Wassergräben, in denen sich einst Krokodile tummelten, zur 2,4 km langen Umfassungsmauer. Hinter dem Schutzwall erwartet uns der Lustgarten, der die freigelegten Grundmauern von Schwimmbecken, Wasserspielen, Fontänen, einer Audienzhalle und eines in Marmor gemeißelten Thrones preisgibt. Wer den Aufstieg über die eiserne Wendeltreppe wagt, wird mit dem Blick auf die sagenumwobenen, verführerischen, barbusigen "Wolkenmädchen" belohnt. Die in Erdfarben gemalten Schönheiten befinden sich in einer Felsenhöhle. Ursprünglich wurden sie in der "Spiegelgalerie" einer gegenüberliegenden Mauer, die mit einer Honig-Ei-Mixtur bestrichen und glattpoliert wurde, reflektiert.

Weiter führt der Weg zu den beiden furchterregenden Löwenpranken. Vermutlich befand sich oberhalb der Pranken ein gemauerter Löwenkopf mit aufgerissenem Maul, das alle Besucher des Königs durchschreiten mussten. Über eine steile Eisentreppe gelangt man heute auf das Gipfelplateau, auf dem die Grundmauern der großen Zisterne, Späherposten, Wasserbecken und der sagenhafte Königspalast mit geometrisch angelegten Lustgärten und Rundwegen deutlich zu erkennen sind. Der Rundblick über diese gigantische Palastanlage singhalesischer Hochkultur, über Dschungel, Reisfelder und ferne Bergketten ist so phantastisch wie beeindruckend.

Auf der Rundreise sind wir in Hotels der Extraklasse untergebracht, deren Küchen sich am europäischen Geschmack orientieren. Was aber mehr interessiert, ist die singhalesische Küche der kopi kade (Cafes) und thea kade (Teestuben). Zum Frühstück werden Hoppers (Pfannkuchen) mit süßem Jaggery (Palmsirup) oder deftigem Seeni-Sambal (Trockenfisch) gegessen. Als Nationalgericht gilt Reis und Curry. Curry ist mehr als nur ein Gewürz. Mindestens sechs verschiedene Currys werden gereicht, die sich aus Fisch, Fleisch und Gemüse zusammensetzen. An Gewürzen wie Chili, Zimt, Safran, Kardamom, Muskatnuss, Pfeffer usw. wird nicht gespart. Sie können wahre "Höllenfeuer" im Mund auslösen. Abgerundet werden Lunch und Dinner mit Ananas, Orangen. Papaya, Mangos und Melone oder mit Wattalapam (Pudding).

Die Königsstadt Kandy

Unsere nächste Reiseetappe heißt Kandy, inmitten des kühlen Berglandes und an der Flussschleife des Mahaweli Ganga gelegen. Die alte Königsstadt ist ein historisch wichtiger Ort. Erfolgreich wehrte sie sich gegen die portugiesischen und holländischen Kolonialmächte, ehe sich die Briten 1815 einen Weg durch das unwegsame Hochland erkämpften. Von alters her ist Kandy ein Zentrum des Buddhismus. Schließlich wird im imposanten Dalada Maligawa-Tempel der Eckzahn des Gautama Buddha aufbewahrt, der auf abenteuerliche Weise von Indien nach Sri Lanka gelangt ist. Jedes Jahr wird die Reliquie in einer feierlichen Prozession durch die Straßen der Stadt getragen, begleitet von Mönchen, Tänzern, Trommlern und mehr als hundert geschmückten Elefanten.

Von Kandy führt eine kurvenreiche Panoramastraße ins zentrale Hochland, vorbei an imposanten Wasserfällen, tiefgrünen Bergregenwäldern, endlosen Reisterrassen, Teeplantagen und Gemüsegärten. Nach mehrstündigem Zickzackkurs taucht aus dem Nebel die höchstgelegene Stadt des Landes, Nuwara Eliya, auf. In 1.890 m liegt das ehemalige Sommerdomizil britischer Kolonialherren, heute wohlhabender Singhalesen. Nirgends ist Sri Lanka so britisch wie hier. Im viktorianischen Stil erstrahlen Post, Golfplatz und Herrenhäuser.

Doch das beste Beispiel für kolonialen Bau- und Lebensstil ist der Hills Club. Das Hotel verfügt über Clubräume mit schweren Vorhängen, Samtsesseln und Plüschteppichen, ein Billardzimmer mit Jagdtrophäen sowie eine gemütliche Bibliothek mit dem Porträt der Queen. Für Lunch und Dinner schreibt die Kleiderordnung Krawatte und Jackett, bzw. Cocktailkleid vor. Bei Temperaturen um die 5 Grad wird zur Schlafenszeit eine hot-water bottle gereicht. Die Kolonialherren haben nicht nur den Tee ins Land gebracht, sondern auch aus Nuwara Eliya eines der größten Obst- und Gemüseanbaugebiete gemacht. So kommt es, dass Karotten, Tomaten, Porree, Kohl, Salat und Kartoffeln bis heute im Terrassensystem angebaut werden.

Fotosafari

Aus dem kühlen Hochland fahren wir in den tropischen Süden. Gegen Abend passieren wir den Uda Walawe Nationalpark, wo ein wilder, brüllender Elefantenbulle am elektrisch geladenen Zaun steht. Später erfahren wir, dass der Dickhäuter noch in der Nacht den Zaun niedergetrampelt und einen Menschen im Nachbarort getötet hat. Immer wieder kommt es zu Todesfällen, wenn sich Mensch und Elefant begegnen - und zwar auf beiden Seiten. Wilderer erwarten drakonische Strafen, was mit aggressiven Elefantenbullen passiert - nun, wir wissen es nicht. Um die 2.000 bis 4.000 wild lebenden Elefanten zu schützen, sind 10 Prozent der singhalesischen Gesamtfläche zu Wildschutzgebieten erklärt worden. Vor allem der Yala Ruhunu und der Uda Walawe Nationalpark sind wegen ihrer Elefantenherden berühmt. Gespannt steigen wir in den Geländewagen, der uns vor Sonnenaufgang an die Tore des 30 ha großen Nationalparks fährt. "You are lucky" ruft uns der Wildhüter nach vierstündiger Fotosafari nach. Recht hat er, zwei große Elefantenherden haben unseren Weg gekreuzt, sind bis auf wenige Meter an uns herangekommen. Filmisch eingefangen haben wir auch Wasserbüffel, Störche, Tukane, Pfauen, Leoparden und ein Sumpfkrokodil.

Ankunft in der Hafenstadt Galle an der Südwestküste, die 1987 zum UNESCO-Kulturdenkmal erklärt wurde. Schon von weitem ist der schneeweiße Leuchtturm aus der britischen Kolonialzeit sichtbar. Ein Hauch von Nostalgie liegt über dem Städtchen, wenn man durch die engen Gassen mit den windschiefen Häusern und kleinen Innenhöfen schlendert. Gut erhalten ist auch das alte holländische Fort mit seinen eingeschlossenen historischen Gebäuden und trutzigen Befestigungsmauern und die alte "Groote Keerk", die 200 Jahre alte protestantische Kirche. Dass der Lebensstil der Bewohner seit Jahrhunderten von arabischen Einflüssen geprägt ist, verdeutlichen nicht nur viele Moscheen, sondern auch die weiße Kleidung der "Moors" (Muslime), die 80 Prozent der Bevölkerung ausmachen.

Wir lösen eine Fahrkarte nach Colombo. Eisenbahnfahren ist in Sri Lanka ein Abenteuer. Sitzplätze sind in den überfüllten Zugabteilen rar. Gehalten wird an jeder Station. Fahrgäste kommen und gehen, Musiker spielen auf, Obst und Rolls (Teigtaschen) werden feilgeboten. Der Zug fährt an der Küste entlang, eröffnet den Blick auf Meer und kilometerlange Palmenstrände. Er fährt durch die Vorstadtslums, ehe am Horizont die postmodernen Glaspaläste erscheinen.

Die Hauptstadt Colombo

Vom Hauptbahnhof der Hauptstadt führt unser Weg ins alte Marktviertel Pettah. Schreiende Markthändler, schwer bepackte Menschen, zerlumpte Bettler, Ochsenkarren, lärmende Tuk-Tuks und Mittelklassewagen schieben sich dichtgedrängt durch die Straßen. Es ist eine Mixtur aus bunt schillernden Saris, orangefarbenen Mönchsgewändern, blütenweißen Oberhemden und Blue Jeans. Der Weg führt uns vorbei am "Dutch Period Museum" im alten Kolonialstil zur Jami-ul-Alfar-Moschee aus rot-weißen-Backsteinen. Auf der ehemaligen Befestigungsanlage der Portugiesen und Holländer befindet sich jetzt das Stadtzentrum Colombos.

Aus Sicherheitsgründen sind die meisten Sehenswürdigkeiten militärisch abgeschirmt. Bisher haben wir auf unserer Rundreise von dem zwanzigjährigen Bürgerkrieg, der bis Februar 2002 wütete und mehr als 70.000 Opfer forderte, noch nichts gemerkt. Hier in Colombo jedoch sind die Spuren der Bombe noch sichtbar, die 1996 im Galadari & Ceylon Continental detonierte und ein ganzes Stadtviertel erschütterte. Unversöhnlich scheinen nach wie vor die Standpunkte zwischen den "Tigers of Tamile", die auf eine förderative Lösung im Nordosten (Jaffna, Batticaloa und Trincomalee) pochen, und dem singhalesischen Löwen. Zäh gestalten sich die Friedensverhandlungen unter norwegischer Leitung.

Colombo befindet sich im Ausnahmezustand, wie die meterhohen Sandsäcke und Panzersperren um den Regierungspalast bezeugen. Militär patrouilliert im Stadtzentrum. Von den zwei Millionen Einwohnern der Metropole sind 60 Prozent buddistische Singhalesen, 15 Prozent Tamilen und 20 Prozent Muslime. Ob Colombo ein Pulverfass ist? Dass eine gemeinsame Sprache zur Verständigung fehlt, ist das äußere Zeichen für den tiefen ethnisch-religiösen und sozio-ökonomischen Konflikt, der Tamilen und Singhalesen trennt. Ob die amtierende Regierung den friedlichen Weg weiter verfolgen wird? Wünschenswert wäre es!

Um das Land besser kennen zu lernen, haben wir uns der Reiseagentur mit dem vielversprechenden Namen "Dream Vacation" anvertraut (http://www.tourslanka.com). Sechs Guides sind in dem Familienunternehmen tätig, die sich auf Individual- und Kleingruppen, Familientouren und Hochzeitsreisen spezialisiert haben. Iqkram war mehr als nur ein Reiseführer. Er hat unseren Blick auf eine fremde Kultur geschärft und uns auf Wege abseits der Touristenpfade geführt. "I'm looking forward to seeing you in Sri Lanka next year!" ruft er uns lachend nach, als wir im Flughafengebäude verschwinden.

Freitag, 16. Juli 2004

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