Zur Kasse gebeten: Die SPD will eine "Reichensteuer" einführen.

Als unsozial wird Paul Kirchhofs Steuermodell von den politischen Gegnern betitelt.

Die Union fordert eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 18 Prozent. Die FDP will da nicht mitmachen.


Dienstag, 13. September 2005

Themen zur Wahl
Das Steuerdickicht lichten


Kein Land auf der Welt hat ein so kompliziertes Steuerrecht wie Deutschland. Vereinfachungsvorschläge kommen gut an beim Bürger. Die CDU versucht mit niedrigen Steuersätzen zu Punkten. Paul Kirchhof propagiert den Einheitssteuersatz. Hermann Otto Solms von der FDP verspricht eine Steuererklärung in einer Stunde. Doch sind die Steuermodelle auch gerecht?
 
Die Schwachen entlastet
 
Die SPD erklärt in ihrem Wahlmanifest, sie habe das Steuersystem wieder gerecht gemacht. Deshalb wolle sie auch daran festhalten, am "bewährten Einkommensteuersystem" mit dem Grundprinzip der Besteuerung nach der "wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit".
 
So funktioniert es: Die unteren 20 Prozent der Einkommen sind von der Steuer befreit. Der Eingangssteuersatz liegt bei 15 Prozent, der Spitzensteuersatz bei 42 Prozent. Eine weitere Steuerreform hat die Bundesregierung nicht geplant. Allerdings sollen Bürger mit hohem Einkommen nach den Vorstellungen der SPD in Zukunft eine um drei Prozent erhöhte Einkommenssteuer zahlen. Bei Unverheirateten würde die Regelung ab einem Jahreseinkommen von 250.000 Euro, bei Verheirateten ab 500.000 Euro greifen.
 
Einheitliche Unternehmenssteuer
 
Durch eine rechtsform- und finanzierungsneutrale Unternehmenssteuer sollen die Betriebe bald einheitlich besteuert werden. Die Gewerbesteuer soll weiterhin eine kommunale Steuer bleiben. Außerdem wollen Sozialdemokraten und Grüne das Steuerrecht vereinfachen, staatliche Subventionen weiter abbauen und die Steuerhinterziehung bekämpfen. An der Steuerfreiheit von Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschlägen wollen die Parteien weiter festhalten.
 
Auf der europäischen Ebene will Kanzler Schröder sich für eine "Harmonisierung der Bemessungsgrundlagen und Mindeststeuersätze für Unternehmensgewinne" einsetzen, um die öffentlichen Haushalte zu schützen. Die Mehrwertsteuer soll nicht steigen.
 
Union: Konkurrierende Modelle
 
Eigentlich hat die Union ein Steuermodell im Wahlprogramm. Der ehemalige Verfassungsrichter Paul Kirchhof, den Angela Merkel in ihr Kompetenzteam berufen hat, mischte den Wahlkampf jedoch mit einem Alleingang auf. 25 Prozent Steuersatz für jeden - einfach und gerecht - lautet seine Parole. CDU-Kanzlerkandidatin Merkel bekräftigte allerdings, dass Kirchhofs "radikales Steuerkonzept" nach einem Wahlsieg nicht sofort auf dem Plan stehe. Erstmal wolle die Union die vorher beschlossene Steuerreform bis Anfang 2007 umsetzen.
 
Die Steuersätze sollen runter. 12 Prozent Eingangssteuersatz, 39 Prozent Spitzensteuersatz will die Union. Das Modell soll weiter progressiv bleiben. Zur Vereinfachung sollen "Ausnahmetatbestände" und Vergünstigungen wie die Steuerfreiheit von Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschlägen abgeschafft werden. Der Grundfreibetrag, der zurzeit bei 7.664 Euro liegt, soll auf 8.000 Euro für jede Person angehoben werden. Eine vierköpfige Familie würde also beispielsweise erst über 32.000 Euro steuerpflichtig. Mit einfacheren Regelungen will die Union so auch Steuerschlupflöcher schließen.
 
Zusätzlich soll bei Betriebsübernahmen durch Erbschaft die Erbschaftssteuer gestundet werden, bei einer Weiterführung des Unternehmens über zehn Jahre soll sie ganz wegfallen. Kleine Unternehmen sollen dazu noch von Buchführungspflichten befreit werden. Die Körperschaftssteuer will die Union auf 22 Prozent senken. Die Gewerbesteuer hat in den Augen der CDU eigentlich ausgedient. Sie soll nur so lange erhalten werden, bis die Christdemokraten mit den "Gemeinden und Kommunen sinnvolle Alternativen" entwickelt haben.
 
25 Prozent für alle
 
Kirchhof schlägt eine radikalere Lösung vor und hat damit die Steuerdebatte im Land angeheizt. Abweichend vom Unionsprogramm will der Anwärter auf den Posten des Finanzministers eine Einheitssteuer ("Flat Tax") von 25 Prozent einführen. Auch Kirchhof will einen Grundfreibetrag von 8.000 Euro pro Person. Die nächsten 5.000 Euro werden nur zu 60 Prozent, weitere 5.000 nur zu 80 Prozent besteuert. Damit entfällt die volle Steuerpflicht erst auf Personen mit einem Einkommen von 20.000 Euro. Kirchhof will die angeblich über 400 Subventionen und Vergünstigen, die der Bund zahlt bzw. gewährt, radikal abbauen. Das Ehegattensplitting soll - laut Aussage der Union als "Ausdruck des besonderen grundgesetzlichen Schutzes von Ehe und Familie" - erhalten bleiben. Wofür die Union sich im Falle eines Wahlsieges entscheidet, ist nicht klar. Erstmal hat die Partei jedoch Abstand vom Kirchhof-Modell genommen.
 
FDP: Drei Steuerstufen
 
Das liberale Steuerkonzept, entwickelt von Hermann Otto Solms, sieht drei Stufentarife von 15, 25 und 35 Prozent vor. Die FDP verspricht damit eine Steuerklärung "in einer Stunde auf einer Seite". Jedem Bürger soll ein Grundfreibetrag von 7.700 Euro zustehen.
 
Für Einkommen bis 15.000 Euro beträgt der Steuersatz 15 Prozent, für Einkommen zwischen 15.000 und 40.000 Euro liegt er bei 25 Prozent. Den Spitzensatz von 35 Prozent zahlen Bürger mit einem Einkommen über 40.000 Euro. Für Ehegatten, so erklären die Liberalen, verdoppeln sich die Einkommensgrenzen beim Stufentarif.
 
Auch die FDP will mit ihrem Modell Steuerbefreiungen abschaffen, Steuerschlupflöcher schließen, die Gewerbe- und Vermögenssteuer abschaffen und die Erbschaftssteuer bei Betriebsübernahme stunden. Allerdings sprechen sich die Liberalen gegen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer aus. Für Unternehmen soll die dritte Steuerstufe entfallen: Es sollen nur die Sätze von 15 und 25 Prozent gelten.
 
Jahel Mielke
 




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