Klaus Wagenbach sieht eine "deutliche, ordentliche linke Mehrheit". Wenn man diese Mehrheit haben will, müssen Lafontaine und Schröder abtreten, glaubt der Verleger

Günter Grass wünscht sich eine Ampel-Koalition unter Schröder

Schlingensief fordert ein "faire Chance für Angela Merkel"


Montag, 19. September 2005

"Koalition der Fähigen" bilden
Künstler: Machtspielchen lassen


In dem unklaren Ausgang der Bundestagswahl liegt nach Auffassung prominenter Künstler die Chance zu einer innovativen Sicht und produktiven Lösung. "Die Programme liegen näher beieinander als die Personen, also müssen sich die Personen danach richten", sagte der Schriftsteller Martin Walser (78) am Montag in Überlingen am Bodensee der dpa. Der Künstler Günther Uecker schlug einen Notkonsens und eine "Koalition der Fähigen" vor. Der Maler Johannes Heisig betrachtet die Verwirrung auch "als einen produktiven Zustand". Nach Worten des Theaterprovokateurs Christoph Schlingensief sind Regierung und Opposition verurteilt worden, "sich endlich zusammen zu tun und die ganzen Machtspielchen zu unterlassen".
 
Nach Vorschlag von Uecker sollte eine "Koalition der Fähigen" sich nicht an Parteigrenzen orientieren, sondern der wirtschaftliche und sozialpolitische Sachverstand müsste den Ausschlag geben. "Wählt eure besten Leute für einen Notkonsens", sagte der Düsseldorfer Bildhauer und Objektkünstler in einem dpa-Gespräch.
 
Nach Auffassung von Schlingensief haben sich die großen Volksparteien jetzt "gefälligst einmal einer Opposition zu stellen, die Gott sei Dank aus den Grünen, aus den Linken und aus der FDP besteht, drei sich untereinander auch nicht gerade mögenden Gruppen, die für eine Verschärfung des Tons sorgen werden". Eine große Koalition sei bitter, aber jetzt "ein richtig guter Zustand für eine produktive Auseinandersetzung in diesem fest gefahrenen, sich selbst bemitleidenswerten, nur auf Pfründe aufgebauten Staat", sagte Schlingensief der dpa. Er forderte zugleich eine "faire Chance für Angela Merkel". "Ihr unsicherer Zustand ist doch direkt sympathisch." Kanzler Gerhard Schröder habe leider gleich wieder "sein King-Kong-Gehabe mit Generalston" an den Tag gelegt. Gewinner sei er überhaupt nicht.
 
Der Kölner Aktionskünstler HA Schult äußerte sich enttäuscht über das schlechte Wahlergebnis von Merkel. Im Kanzler erkennt Schult zwar gleichsam einen Kollegen: "Schröder ist ein Aktionskünstler, wie er am Zaun des Kanzleramts gerüttelt hat, weil er rein wollte und später wieder raus wollte. Aber mein Herz schlägt für Frau Merkel, weil wir nicht Aktionen machen müssen, sondern Taten brauchen", sagte Schult, der für sie geworben hatte. Schult riet Merkel, über ihren Schatten zu springen und mit den Grünen unter Joschka Fischer zu koalieren. "Wenn sie Joschka für sich gewinnt, dann sehe ich eine reelle Chance für Bewegung."
 
Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass, der die SPD im Wahlkampf unterstützt hatte, wünscht sich eine Ampel-Koalition unter Schröder. Nach Meinung von Grass wird sich die Frage stellen, "inwieweit die FDP bereit ist, sich auf ihre liberale Substanz zu besinnen. Denn wenn sie das täte, dann wäre sie ein Koalitionspartner in einer so genannten Ampel-Koalition. Das ist mein Wunsch", sagte Grass am Sonntagabend im Nordwestradio, einem Programm von Radio Bremen und dem NDR.
 
Heisig betonte, jetzt seien Zweifel und Selbstreflexion erwünscht. Diese traue er noch am ehesten der SPD und dann den Grünen zu, sagte der Grafiker im Deutschlandradio Kultur. Über den Regierungsanspruch Schröders sei er jedoch verwundert. Die Situation biete dem Kanzler jetzt eher eine "Chance des Innehaltens".
 
Der langjährige Verleger des Wagenbach Verlags, Klaus Wagenbach, sieht eine "deutliche, ordentliche linke Mehrheit" in Deutschland. Wenn man diese Mehrheit haben will, wie sie offenbar von den Menschen gewünscht werde, "dann müssen zwei Leute abtreten: Herr Lafontaine und Herr Schröder". Sie seien ganz offensichtlich der Hinderungsgrund für eine praktikable linke Regierungsmehrheit, sagte er der dpa.
 




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