Jakub ist ein Goldkind des Lebens, er hat alles, was das Herz begehrt. Als Professor der juridischen Fakultät genießt er Wohlstand und Ansehen, seine Frau ist schön und seine Freunde kultiviert.
All diese in sich gefestigte Herrlichkeit wird erschüttert, als eine Studentin ihm vorwirft, bei der Aufnahmsprüfung eine falsche Bewertung eingetragen zu haben, die ihr die Möglichkeit zu studieren raubte. Zuerst mit einem Achselzucken abgetan, nistet sich der Vorwurf in seinen wohlgeordneten Alltag – vor allem nachdem Jakub erfährt, dass besagte Studentin nach dem Gespräch versuchte sich das Leben zu nehmen – und beginnt ihn langsam von innen zu zerstören. Was noch unerschütterlich geglaubt und gelebt wurde, wird plötzlich schal und leer und wenig verteidigenswert. Dem gefeierten Professor gelingt es nicht mehr, im eigenen Leben Fuß zu fassen, sein gesellschaftlicher Abstieg beginnt und führt ihn auf Augenhöhe mit jenen Menschen, die vom Wohlstand des Lebens nur mehr die vorübereilenden Füße sehen.
Stefan Chwin (geb. 1949) ist mit dem Roman "Der goldene Pelikan" ein weiteres Meisterwerk der feinen und zugleich ironischen Töne gelungen. Sein Buch "Tod in Danzig" war 1997 zu Recht von der Kritik in Polen zum Roman des Jahres erklärt worden. Auch "Der goldene Pelikan" erzählt über die Zerbrechlichkeit von Lebensentwürfen fernab jeglichen selbstmitleidigen Pathos. So kommt Jakub, nachdem er seine gedankenlose Gemeinheit der Studentin gegenüber mehreren Priestern und, Psychiatern vorgejammert und so um Erlösung von seinen Schuldgefühlen ersucht hatte, zu der grausamen Erkenntnis: "Aber das empfindliche Gewissen, in sich vernarrt wie ein Narziss, war nur einen Schritt von ganz gewöhnlicher Gemeinheit entfernt."
Donnerstag, 03. November 2005