Schon länger ist bekannt, daß die Arktis mit ihren empfindlichen Ökosystemen einer wachsenden Belastung durch atmosphärische Spurenstoffe ausgesetzt ist. Innsbrucker Meteorologen haben die
Winterschneedecke von sechs Inseln des Franz-Joseph-Landes analysiert.
Der Großteil der Schneekernuntersuchungen auf Schadstoffgehalt in der Arktis wurden bisher auf Grönland und in der kanadischen Arktis vorgenommen. Die Analysen der österreichischen Wissenschafter auf
Franz-Joseph-Land, geleitet von Michael Kuhn vom Institut für Meteorologie und Geophysik in Innsbruck, sind daher von besonderem Interesse. Auf den Inseln Eva-Liv, Rudolf, Wr. Neustadt, Salisbury und
Wilczek-Land wurden Profile der Schneedecke von der Oberfläche bis zum Horizont des vorhergehenden Sommers genommen und physikalisch und chemisch analysiert.
Generell wird die größte Verschmutzung der arktischen Atmosphäre im Winter und Frühjahr beobachtet. Dieses Phänomen bezeichnen die Forscher als „arctic hace", es wird auf die stabile Schichtung der
Atmosphäre in dieser Zeit und auf die Zufuhr von Luftmassen mit einem hohen Gehalt an Spurenstoffen aus dem eurasischen Raum zurückgeführt. Die Analysen der Österreicher ergaben hohe zeitliche und
räumliche Unterschiede in der Ionenkonzentration auf den Gletschern in Franz-Joseph-Land. Michael Kuhn erklärt: „Die großen regionalen Unterschiede scheinen eine Folge des Windeinflusses auf die
Akkumulation von Schnee zu sein, auch spiegeln sich die Eisbedeckung des Meeres und die biologische Aktivität des Planktons in den Proben wieder."
Bemerkenswert ist auch der Unterschied der chemischen Zusammensetzung von Schnee auf Franz-Joseph-Land im Vergleich zu Schnee in den Alpen. Während Nitrat und Sulfat im alpinen Schnee dominieren,
wird der Ionengehalt auf Franz-Joseph-Land vor allem durch die Ionen des Meerwassers bestimmt. So betrug die Nitratkonzentration in der Arktis nur etwa 20 Prozent der auf Gletschern der Ostalpen
gemessenen Werte.
Freitag, 09. Oktober 1998