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Ist Leben in Atmosphäre entstanden?

Auffällige Ähnlichkeiten von Meerwassertröpfchen und Bakterien
Von Georg Breuer

Tröpfchen von Meerwasser, die in die Atmosphäre geschleudert wurden, könnten nach Ansicht amerikanischer Forscher der Entstehungsort der ersten Lebewesen gewesen sein. Das würde auch erklären, wie die lebenswichtigen Zellmembranen entstanden sind.

Bei hohem Wellengang werden Wassertröpfchen aus dem Meer in die Luft geschleudert. Die meisten fallen rasch wieder herunter, aber die kleinsten mit Durchmessern von 0,1 bis 0,5 Tausendstel Millimeter können bis zu einem Jahr in der Atmosphäre verbleiben.

Daniel Murphy von der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) in Boulder, Colorado, USA, hat solche Tröpfchen untersucht und die überraschende Feststellung gemacht, dass sie nicht nur aus Meerwasser bestehen, sondern bis zur Hälfte aus organischen Verbindungen. Diese oft fettigen Substanzen sind Abbauprodukte von Biomasse, die auf der Meeresoberfläche schwimmen und von den Tröpfchen mit in die Luft genommen werden. Da es zum Teil wasserabstoßende Substanzen sind, bilden sie eine Membran rund um das Wassertröpfchen.

Zweite Membranschicht

In der Atmosphäre nehmen die Tröpfchen oft weiteres Material aus Aerosolen auf, und unter dem Einfluss starker Sonnenstrahlung kommt es in ihrem Inneren zu den verschiedensten chemischen Reaktionen. Wenn sie schließlich ins Meer zurückfallen, kommen sie nochmals mit den auf der Wasseroberfläche schwimmenden Substanzen in Berührung und dabei kann sich eine zweite Membranschicht bilden, die der lebender Zellmembranen sehr ähnlich ist.

Als der gleichfalls bei der NOAA tätige Forscher Adrian Tuck diese Arbeit seines Kollegen Murphy kennenlernte, kam ihm der Gedanke, dass dies der Vorgang gewesen sein könnte, wie Lebewesen mit ihren Membranen entstanden sein könnten. In der Urzeit hat es auf der Meeresoberfläche zwar keine Abbauprodukte von Biomasse geben können; es ist jedoch bekannt und in vielen Versuchen nachgewiesen worden, dass unter Bedingungen, wie sie damals geherrscht haben, alle die vielen organischen Substanzen, die als Bausteine des Lebens dienen, durch photochemische Reaktionen entstanden sein können.

Da es in der Atmosphäre keinen Sauerstoff gab, der diese Substanzen oxidiert hätte, und im Wasser keine Mikroorganismen, die sie abgebaut hätten, haben sich diese vielen Verbindungen nach und nach in den Gewässern angereichert. So ist im Laufe von Jahrtausenden aus dem Wasser etwas geworden, was im Jargon der Wissenschaftler als "Ursuppe" bezeichnet wird.

Es ist durchaus vorstellbar und zum Teil auch schon durch Versuche nachgewiesen, dass sich in der Ursuppe Bausteine des Lebens zu größeren Ketten zusammengefunden haben, wie sie in primitiven Lebewesen vorhanden sind. Doch das alles war im Wasser gelöst und nicht von der Umgebung abgetrennt. Für die Entstehung eines Organismus war die Bildung von Membranen erforderlich, mit denen sich das Lebewesen von seiner Umwelt abgrenzen kann. Wie solche Membranen entstanden sind, war eine bisher nicht geklärte Frage.

Leben aus der Ursuppe

Die Membranen heutiger Zellen bestehen aus zwei Lagen von Phospholipiden. Das sind langgestreckte Moleküle mit einem Wasser anziehenden "Kopf" und zwei Wasser abstoßenden "Schwänzen". In der Zellmembran ist die eine Lage dieser Moleküle mit dem Wasser anziehenden Ende nach innen zum wässrigen Milieu in der Zelle gerichtet, die andere mit dem Wasser anziehenden Ende nach außen. In der Mitte entsteht dadurch eine Wasser abstoßende Schicht, die einen unkontrollierten Austausch zwischen dem Wasser im Inneren der Zelle und dem in der Umwelt verhindert. So ist es möglich, dass die Konzentration bestimmter im Inneren der Zelle gelöster Stoffe anders ist als im Wasser, in dem sie sich befindet.

In heutigen Lebewesen sind in diese Membranen große Eiweißmoleküle eingebaut, die Kanäle für die Aufnahme bestimmter Stoffe aus der Umwelt und für die Ausscheidung anderer Substanzen bilden.

Die Membranen sind streng genommen weder fest noch flüssig, sondern eine Art "flüssiger Kristall". Sie sind elastisch, dehnbar und flexibel, so dass die Zelle ihre Gestalt verändern und sich zusammenziehen oder auch ausdehnen kann. Dass sich derartige zweischichtige Membranen um in die Luft geschleuderte und später wieder ins Wasser zurückgefallene Tröpfchen der Ursuppe gebildet haben könnten, ist gut vorstellbar.

Und in einem in der Luft schwebenden Tröpfchen, das starker Sonnenstrahlung ausgesetzt ist, können in relativ kurzer Zeit viele photochemische Reaktionen stattfinden, die zur Bildung der für das Leben benötigten Substanzen erforderlich sind. Die Größe der lange Zeit in der Atmosphäre verweilenden Tröpfchen stimmt überdies gut mit der Größe von Bakterien überein.

Das alles sind nur Indizien und noch lange keine Beweise, dass die Entstehung von Lebewesen tatsächlich so vor sich gegangen ist. Aber eine ganze Reihe der in diesem Fachgebiet tätigen Forscher ist der Meinung, dass die von Tuck entwickelte Idee interessant ist und weiter verfolgt werden sollte.

Literatur: "New Scientist", 15. Juli 2000, S. 4.

Freitag, 06. Oktober 2000

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