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Sensibilität für Mähdrescher

Von "Wildretter" orten versteckte Jungtiere / Von Harald Zaun

Zuweilen überrascht es sehr, wie tief sich Legenden ins Bewusstsein der Menschen eingraben können. Auch heute noch wird das Gerücht kolportiert, dass die Teflonpfanne ein Abfallprodukt des Apollo-Programms gewesen sei. Tatsächlich wurde aber der Kunststoff Polytetrafluorethylen, der unter dem Markennamen Teflon Berühmtheit erlangte, schon 1938 von dem amerikanischen Chemiker Roy Plunkett entdeckt, bevor dann 1960 dieses Material für die Beschichtung von Pfannen herhalten musste.

Wer heute jedoch den Nutzen der Raumfahrt für den Alltag plastisch darstellen will, lässt die vermeintliche "Weltraumpfanne" besser da, wo sie hingehört: in den Küchenschrank. Denn seitdem das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Europäische Raumfahrtagentur (ESA) die "Initiative für den Technologietransfer aus der Raumfahrt (INTRA)" startete, gibt es mittlerweile zahlreiche weltraumtechnologische Innovationen, die den Wert der Raumfahrt für das "irdische" Leben weitaus überzeugender veranschaulichen.

Dies gilt insbesondere für den vom Institut für Methodik der Fernerkundung des DLR in Oberpfaffenhofen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Landtechnik der Technischen Universität München entwickelten "Wildretter". Dieses auf Infrarottechnik basierende System gereicht seinem Namen in der Tat zur Ehre, da es Wildtiere vor einem qualvollen Tod zu bewahren vermag.

Ein bislang wenig bekanntes Phänomen ist die traurige Tatsache, dass allein in den alten Bundesländern jährlich schätzungsweise 420.000 Wildtiere - unter ihnen Rehkitze, Junghasen, Fasane, Rebhühner und andere Bodenbrüter - bei der Ernte und beim Mähen von Wiesen erfasst, verstümmelt und getötet werden. Dass dabei sogar annähernd 85.000 Rehkitze pro Jahr sterben, hängt mit einer folgenschweren, wenn auch natürlichen Reaktion der Jungtiere zusammen. Denn nähert sich ihnen ein Mähfahrzeug, ducken sie sich instinktiv - wie bei jeder Gefahr. Anstatt wegzulaufen verharren sie reflexartig an Ort und Stelle. Aber gerade dieses Schutzverhalten führt dazu, dass sie vom Schlepper aus mit seinem schnell laufenden Mähwerk nicht zu erkennen sind. Für den Projektleiter Dr. Peter Haschberger vom DLR-Institut für Methodik der Fernerkundung liegt hier das Hauptproblem: "Die modernen Trecker erreichen enorme Geschwindigkeiten. Selbst wenn das Rehkitz weglaufen könnte, hätte es keine Chance. Es ist zu langsam."

Alle Anstrengungen der Landwirte und Jäger, die Tiere vor der Mahd aufzuspüren und zu verscheuchen, waren bislang erfolglos: Weder der Einsatz von Duftstoffen noch der von Hunden führte zu dem gewünschten Resultat. Doch dies könnte sich dank modernster Infrarot-Weltraumtechnik bald ändern. In der Raumfahrt dienen Infrarot-Sensoren zum Aufspüren von Wärmequellen im und aus dem Weltall, wie etwa bei der Fernerkundung und Generierung von Wärmebildern der Erde.

Das Prinzip der Infraroterkennung ist ebenso einfach wie effektiv. Je wärmer ein Körper ist, desto mehr Infrarotstrahlung gibt er ab. Da außer Kaltblüter somit alle Lebewesen Wärme abgeben, registrieren die hochsensiblen Infrarotdetektoren des "Wildretters" auch die von den Rehkitzen abgegebene Wärmestrahlung.

Rein technisch gesehen zeichnet sich die Apparatur durch schlichte Eleganz aus. Das Hauptteil besteht aus einem Gestänge, dass am Traktor befestigt wird. Hierauf lassen sich bis zu 16 Sensoren nebeneinander aufmontieren. Sie blicken dann im Abstand von 80 bis 100 Zentimeter senkrecht in die Wiese, wobei jeder Detektor einen Streifen von einem halben Meter absucht. Nimmt ein Sensor einen warmen Körper wahr, ertönt sofort ein Warnsignal. Zusätzlich leuchtet eines der 16 Lämpchen an der Steuereinheit auf. Der Traktorfahrer weiß, wo das Tier sich gerade befindet. Nach den ersten Feldversuchen hat der Prototyp seine Feuertaufe bereits bestanden.

Freitag, 21. April 2000

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