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Vor 50 Jahren starb Ferdinand Porsche

Der geniale Tempomacher

Von Thomas Karny

In Wiener Neustadt hatte man die Zeichen der Zeit schon früh erkannt. Als Fiaker und Kutschen die üblichen Fortbewegungsmittel waren, baute man in den Austro-Daimler-Werken unter der technischen Leitung von Gottlieb Daimlers Sohn, Paul, Motorboote, Lastwagen und Kleinautos, lieferte 1903 den ersten Postautobus für die Linie Venedig-Padua-Treviso und baute knapp zwei Jahre später das erste Panzerautomobil der Geschichte. Als Paul Daimler 1905 aus der Firma ausschied, um in den väterlichen Betrieb in Untertürkheim zurückzukehren, folgte auf seinen Posten als Technischer Direktor ein Mann nach, der trotz seiner erst 30 Jahre einen glänzenden Ruf genoss: Ferdinand Porsche.

Als Sohn eines Spenglers am 3. September 1875 im böhmischen Maffersdorf geboren, schien für das dritte von fünf Kindern die berufliche Zukunft vorgezeichnet. Doch die Begeisterung für das väterliche Handwerk hielt sich in Grenzen, und Dank der Fürsprache eines lokalen Industriellen durfte der junge Mann, dessen außergewöhnliches technisches Talent der Vater nur widerwillig zur Kenntnis nahm, Abendkurse an der k. u. k. Staatsgewerbeschule in Reichenberg belegen. Er zeigte großes Interesse für die Elektrizität, war mit 22 Jahren bereits Chef des Prüfraums und erster Assistent der Berechnungsabteilung bei der "Vereinigten Electricitäts-AG Béla Egger" in Wien, der späteren Brown Boveri.

Erste Erfolge

Der Hofkutschenfabrikant Ludwig Lohner engagierte den jungen Elektropraktikanten für den Bau des Radnabenwagens, der auf der Pariser Weltausstellung 1900 als "Lohner-Porsche" präsentiert wurde. Wenig später entwarf Porsche den von einem Benzin-Strom-Motor angetriebenen "Mixte"-Wagen, mit der er in seiner Klasse nicht nur 1902 das Exelberg-Rennen gewann, sondern auch Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand ins Kaisermanöver führte. Der junge Techniker hatte ein gutes Gespür für kommende Entwicklungen und ein großartiges Talent, Kontakte zu einflussreichen Persönlichkeiten zu knüpfen.

Dennoch kam es nach fünf Jahren zum Bruch mit Lohner. Der Grund: Porsche experimentierte zuviel. Ein Vorwurf, den er von seinem Vater, der ihm einst in einem Wutanfall das am Dachboden aufgebaute jugendliche Elektro-Laboratorium zertrümmert hatte, zum ersten Mal und von Lohner nicht zum letzten Mal hörte.

In seiner neuen Tätigkeit in Wiener Neustadt stand dem jungen Konstrukteur ein reichhaltiges Aufgabengebiet bevor. Zunächst konstruierte er für seinen wohlhabenden und von einer Aura der Exotik umgebenden Direktor Emil Jellinek den nach einer seiner Töchter benannten "Maja"-Wagen, der aber an die Erfolge des berühmten "Mercedes", dessen Namenspatronin Maja Jellineks älteste Schwester war, nicht anschließen konnte.

Mehr Glück war den bis zu 86 PS starken Nachfolgemodellen beschieden, die bei einer der berühmtesten Zuverlässigkeitsprüfungen der damaligen Zeit, der Prinz-Heinrich-Fahrt, 1910 einen Dreifachsieg feierten. Das war ein großartiger Erfolg für Jellineks Nachfolger, Direktor Wilhelm Fischer, mehr aber noch für den Konstrukteur Ferdinand Porsche, dessen berufliches Glück vom privaten ergänzt wurde. Seit sieben Jahren war er mit Luise Kaes verheiratet und stolzer Vater seiner Kinder Luise und Ferry.

Als Porsche von Plänen des Generalstabschefs Conrad von Hötzendorf erfuhr, die Armee mit einer Luftflotte auszustatten, wandte er sich der Konstruktion von Flugmotoren zu. Die 150-PS-Triebwerke für Österreichs erstes Passagierluftschiff stammten ebenso von ihm wie die Motoren für die Aeroplane des Flugpioniers Igo Etrich. Nachdem dieser 1910 die Lizenzen den AD-Werken übertragen hatte, wurden die Etrich/Porsche-Flugzeuge nach Italien, Russland und sogar China exportiert.

Während des Ersten Weltkrieges revolutionierte Porsche das k. u. k. Nachschubsystem mit dem Landwehr-Train, einem aus zehn und mehr Wagen bestehenden automobilen "Tatzelwurm", dessen Anhänger auf Grund eines ausgeklügelten Lenksystems auch auf kurvigsten Straßen genau in der Spur der Zugmaschine blieben. Im Auftrag des Pilsener Waffenfabrikanten Karl Ritter von Skoda, der seit 1913 auch dem Vorstand von Austro-Daimler angehörte, entstand der sogenannte C-Zug, auf dem der damals weltgrößte, 81 t schwere Mörser transportiert wurde. Nach Ende des Ersten Weltkrieges war Porsche ein mit kaiserlichen Orden hoch dekorierter Mann und von der Technischen Hochschule Wien mit der Würde des Dr.-Ing. h. c. der Technischen Wissenschaften ausgezeichnet. 1916 war er zum Generaldirektor von Austro-Daimler bestellt worden, der er noch sechs Jahre sein sollte.

Engagement im Rennsport

Die sportlichen Erfolge seines "Sascha-Wagens" - so genannt zu Ehren des bedeutenden Filmproduzenten Sascha Graf Kolowrat - verführten Porsche zum Rennwagenbau. Erstmals kam es zu Differenzen zwischen dem Aufsichtsrat und ihm. Ähnlich wie bei Lohner wurde ihm vorgeworfen, dass er zuviel experimentiere und sich zuwenig um die Serienproduktion kümmere. Porsche konterte mit der Werbewirksamkeit des Erfolges: Bis 1922 konnten die AD-Wagen bei 51 Starts in 15 Ländern 43-mal den ersten oder zweiten Platz belegen. Das waren beeindruckende Zahlen, man konnte ihm nichts anhaben.

Doch nach dem Todessturz von Fritz Kuhn am 9. September 1922 in Monza setzte ein Kesseltreiben gegen den Direktor ein. Der den Unfall auslösende Speichenbruch war ein Materialfehler, Porsche jedoch wurde ein Konstruktionsirrtum unterschoben. Es kam zu einer turbulenten Sitzung, an deren Ende ein höchst erregter Ferdinand Porsche den Aufsichtsrat eine "Saubagasch" nannte und als Generaldirektor von Austro-Daimler zurücktrat.

Als nunmehr Technischer Direktor bei Daimler in Stuttgart widmete er sich außer der Entwicklung starker Kompressormotoren und erfolgreicher Rennboliden der Idee eines erschwinglichen Kleinwagens. Zu mehr als einer Versuchsreihe von 30 Exemplaren kam es aber nicht. Die Zeit war noch nicht reif - und nicht gut genug - für das Massenauto.

Die angespannte wirtschaftliche Lage zwang Daimler und Benz 1926 zur Fusionierung, wodurch auch Porsches firmeninterne Position geschwächt wurde. Konstruktive Entscheidungen durfte er nicht mehr alleine fällen, und ein langjähriger Weggefährte erwuchs ihm langsam, aber sicher zum Konkurrenten. Alfred Neubauer, den Porsche 1915 von Skoda abgeworben, bei AD als Rennfahrer und Organisationsgenie schätzen gelernt und bei seinem Wechsel zu Daimler als persönlichen Assistenten auserkoren hatte, war nun Leiter der Fahrabteilung geworden. Ab 1934 kämpften sie - Rennleiter von Mercedes der eine, Konstrukteur der Auto-Union-Rennwagen der andere - auf den Rennpisten gegeneinander um den Sieg.

Nach einem einjährigen Intermezzo als Chefkonstrukteur bei den Steyr-Werken hatte sich Porsche 1930/31 gemeinsam mit sieben Kollegen und seinem Sohn Ferry in Stuttgart, dessen Technische Hochschule ihn 1924 zum Ehrendoktor ernannt hatte, mit einem Konstrukteursbüro selbständig gemacht. Der Beginn war zäh, in der Krisenzeit waren die Menschen froh, wenn das Geld zum Leben reichte, von einem Auto wurde da nicht einmal geträumt.

Wer weiß, welches Schicksal dem selbständigen Konstrukteur beschieden gewesen wäre, hätte er in Adolf Rosenberger nicht einen Partner gefunden, der Porsches hochfliegende Pläne auf ein wirtschaftlich vertretbares Maß zurückgestutzt hatte. Die Konstruktion eines 2-l-Tourenwagens für Wanderer war der erste Auftrag für die Porsche GmbH und zugleich der letzte der Chemnitzer als eigenständige Firma. 1932 verschmolz Wanderer mit Horch, Audi und DKW zur Auto-Union.

Eine im selben Jahr in die Sowjetunion unternommene Reise blieb erfolglos - Porsche wollte Lizenzen verkaufen, doch die Russen bestanden darauf, dass er in ihrem Land arbeiten sollte.

Es ist ein Zynismus der Geschichte, dass die Politik des neuen Reichskanzlers Adolf Hitler Porsche zunächst in seiner Existenz gefährdete, indem sie seine wirtschaftliche Schlüsselkraft, den Juden Rosenberger, ins Exil trieb, dem Konstrukteur in der Folge aber zu seinem bekanntesten Werk verhalf.

Porsche, Hitler und der VW

Auf der Berliner Automobilausstellung 1933 verkündete Hitler seine Thesen zu des Volkes Wagen. Dieser müsste fünf Personen Platz bieten, eine Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometern erreichen, sollte aber nicht mehr als sieben Liter Sprit verbrauchen und zum Preis von 990 Reichsmark zu haben sein.

Nachdem weder bei Daimler-Benz noch die in der Folge für Zündapp und NSU entworfenen Kleinwagen-Studien in Serie gegangen waren, sah Porsche nun die Möglichkeit, sein Konzept im Rahmen eines staatlichen Vorhabens und losgelöst von einer bestimmten Firma zu realisieren. Am 22. Juni 1934 wurde ein diesbezüglicher Kooperationsvertrag zwischen der Porsche GmbH und dem Reichsverband der Deutschen Automobilindustrie (RDA) geschlossen, zwei Jahre später waren drei Prototypen fertig und absolvierten zur Zufriedenheit der RDA-Prüfer einen zweimonatigen Testmarathon.

1936 brachte Porsche auch den größten sportlichen Erfolg, als auf dem von ihm für die Auto-Union konstruierten Mittelmotor-Boliden Bernd Rosemeyer Europameister wurde. Es war auch ein politischer Triumph. Hatte doch das NS-Regime seit 1934 nur sehr ungern einen Teil seiner Motorsport-Subventionen der Auto-Union zukommen lassen, da die gesamten Mittel ursprünglich für Mercedes vorgesehen waren.

1938 verlegte Porsche seinen Firmensitz nach Zuffenhausen. Im selben Jahr begann man in Wolfsburg, mit der "Kraft durch Freude" ein Werk aus dem Boden zu stampfen, und potenziellen Käufern eines KdF-Wagens, wie das Auto nun hieß, wurde ein Sparplan angeboten: "5 Mark die Woche musst du sparen, willst du im eig'nen Wagen fahren." 300.000 Menschen sparten vergeblich. Der Krieg hatte begonnen, aus den Hallen rollten Schwimm- und Kübelwagen.

Porsche engagierte sich in der Kriegsindustrie, wurde 1940 zum Vorsitzenden der Panzerkommission bestellt, später in den "Rüstungsrat des Reiches" berufen. Im oberösterreichischen Nibelungenwerk bei St. Valentin entstand nach seinen Plänen ein 57 t schwerer Panzer, der in abgeänderter Form und nur geringer Stückzahl als "Elefant" produziert wurde.

Auch als Rüstungsminister Albert Speer den "rollenden Bunker" forderte, übernahm Porsche die Projektleitung. Das 10 m lange 188-t-

Monster, dessen Motor 1.200 PS leistete und pro Stunde 2.000 Liter Benzin soff, nannte man sinnigerweise "Maus". Zur Serienproduktion kam es nicht, die beiden Prototypen wurden vor Einmarsch der Roten Armee 1945 gesprengt.

Nachkriegszeit

Bereits 1944 war der Betrieb in Zuffenhausen geräumt worden. Porsche hatte in einem ehemaligen Sägewerk in Gmünd einen Teil seiner Maschinen untergebracht, er selbst zog sich auf das Schütt-Gut bei Zell am See zurück. Nach dem Kriegsende knüpfte er erste Kontakte, um eine Traktorenproduktion aufzuziehen, auch eine Autoerzeugung in der Obersteiermark wurde erwogen. Doch es kam anders.

Unter dem Vorwand, ihm eine leitende Stellung in der französischen Automobilindustrie anbieten zu wollen, lockte man ihn nach Baden-Baden, wo er im Dezember 1945 mit seinem Sohn Ferry und seinem Schwiegersohn Dr. Piech verhaftet und nach Paris gebracht wurde. Was man dem Techniker moralisch anlasten konnte, war, im Streben nach optimalen Rahmenbedingungen für seine Arbeit sich mit dem Regime arrangiert zu haben. Rechtliche Verfehlungen konnten ihm nicht nachgewiesen werden, nach 20 Monaten wurde er aus französischer Gefangenschaft entlassen. In dieser Zeit führte Luise Piëch das Unternehmen mit energischer Hand und hielt das Werk ihres Vaters am Leben.

In den letzten Jahren vor seinem Tod am 30. Jänner 1951 erlebte er nicht nur den Produktionsstart seines "Käfers" in Wolfsburg, sondern auch den Beginn der Mutation seines Namens zur Weltmarke. Der 1949 präsentierte Sportwagen Typ 356, den Sohn Ferry als neuer Chef im nach Zuffenhausen zurückgekehrten Betrieb entwickelt hatte, war das erste Auto, das vom Schriftzug "Porsche" geziert wurde.

Literaturhinweis: Peter Müller hat eine Biographie Porsches vorgelegt. Das Buch beschreibt den Aufstieg vom böhmischen Spenglersohn zum weltberühmten Erfinder im Zusammenhang der Technikgeschichte des 20. Jahrhunderts. Peter Müller: Ferdinand Porsche. Der Vater des Volkswagens. Leopold Stocker Verlag, Graz und Köln, 1998, 239 Seiten.

Freitag, 26. Jänner 2001

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