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Historischer Christbaumschmuck -eine Ausstellung in Salzburg

Schaumsilber und Federbäume

Von Reinhard Kriechbaum

Sie waren ein Zufallsfund auf einem Flohmarkt in Saalfelden, die beiden Wattekrepp-Püppchen: flauschige Figuren auf einer hölzernen Miniaturrodel und auf Skiern. Mit dem geübten Blick, wie er leidenschaftlichen Sammlern eben eigen ist, erkannte das Seekirchner Ehepaar Heidi und Kurt Rauner, dass sie nicht irgendeinen Ramsch, sondern rare Stücke in Händen hielten.

Zwischen 1890 und 1920 dürften diese beiden Figürchen erzeugt worden sein, weiß Kurt Rauner jetzt. Damals - es war 1992 - hatte er freilich noch wenig Ahnung von Weihnachtsschmuck, versuchte es aber trotzdem mit einem Inserat. Und siehe da, "innerhalb einer Woche haben mich zwei Flachgauer Bäuerinnen angerufen".

So kamen ein paar Schachteln mit originalem Jahrhundertwende-Weihnachtsschmuck in die Sammlung, gleich an die 100 Stück. Heidi Rauner hatte sich bis dahin vor allem Puppen, Teddybären und anderem Spielzeug gewidmet, Kurt Rauner sammelt alte Waffen. Noch dachten sie beide nicht, dass ihre Weihnachtsschmuck-Kollektion zu etwas Besonderem heranwachsen könnte.

Das kam erst, als sie in Wien einschlägige Ausstellungen sahen und mit ihren eigenen Objekten verglichen: "Da erkannte ich, dass wir da leicht mitkönnen", sagt Kurt Rauner. Damit übertreibt er nicht: Was da zur Zeit in einer Sonderausstellung im Salzburger Spielzeugmuseum erstmals einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt wird, gehört zu den qualitativ besten kulturgeschichtlichen Privatkollektionen in Österreich.

Zuerst verwirrt die Überfülle und die Verschiedenartigkeit. Gibt es überhaupt Dinge, die im Lauf der Zeit nicht auf den Weihnachtsbaum gehängt wurden? Das fragt man sich als Laie unwillkürlich. Die ältesten Stücke sind eierförmige Glaskugeln. "1838 sind sie vermutlich entstanden", erklärt der Sammler.

Noch älter sind nur ein paar Holzmodeln (um 1800), in denen Objekte aus Lebkuchen oder Honigkuchen geformt wurden, denn "der erste Christbaumschmuck war zum Essen". Das früheste schriftliche Zeugnis von einem geschmückten Weihnachtsbaum stammt aus dem Jahr 1419.

Die Freiburger Bruderschaft der Bäckerknechte schmückte im dortigen Heilig-Geist-Spital einen Baum mit Äpfeln, Birnen, Oblaten, Lebkuchen und gefärbten Nüssen. Rauschgold und Papier kam bald auf die Christbäume - aber der mit kunsthandwerklichen Erzeugnissen geschmückte Baum, wie wir ihn kennen, kam erst im Biedermeier auf.

Man darf ruhig staunen und sich freuen wie ein Kind. Da ist ein Baum dicht besteckt mit Glasvögeln aus der Zeit zwischen 1895 und 1930, bunt und kitschig - aber "Kitsch" ist wohl kein Kriterium bei der Beurteilung solcher Dinge.

Natürlich hat ein Christbaum mit Jugendstilschmuck anderes Format.

Da waren nur mehr silberne Kugeln und Objekte gefragt, und wer sich keinen neuen, "zeitgemäßen" Schmuck leisten konnte, hat eben die Farbe von alten Zierstücken heruntergewaschen. Kurt Rauner zeigt auch solche Kugeln, an denen man noch ein paar Farbreste erkennt. Der Jugendstil war auch jene Zeit, da die edlen gläsernen Christbaum-spitzen hoch im Kurs standen.

Milchglasfiguren von damals sind heute im Antiquitätenhandel gesuchte und zu hohen Preisen gehandelte Objekte. Manche Dinge haben wir in unserer Jugend am Christbaum der Großeltern noch gesehen: Zu Dutzenden stehen die gläsernen, bemalten Fliegenpilze da, die man auf die Äste klemmen konnte.

Ein Glücksfall, dass Kurt Rauner zu einem Christbaumkerzenhalter von Otto Wagner gekommen ist: In Salzburg lebt eine Nachfahrin. Sie hält jene Garnitur mit Pendel-Kerzenhaltern, die ihr Urahn entworfen hat, natürlich sorgsam beisammen. Einen freilich hat Rauner für seine Kollektion von ihr bekommen.

"Pendelhalter" kamen 1870/80 auf: Oben wurde die Kerze auf ein gebogenes Drahtstück gesteckt, unten dient ein Bleistück (etwa in Form eines Tannenzapfens) als Gegengewicht. Oder der Draht ist so geformt, dass man einen kleinen Apfel hineinlegen kann. Schon 1930 wurden in Deutschland übrigens elektrische Christbaumkerzen erzeugt, die für den Export in die USA und nach Japan bestimmt waren.

"Weihnachtsbaum fertig mit Aufputz" steht auf der originalen Pappschachtel, ein Erzeugnis der Firma Heller in Wien, 1900. Da ist alles fertig, ein Miniaturbäumchen, bei dem nur noch die Zweige auseinandergeklappt werden müssen. Besonders kostbare Stücke sind die "Federbäume" - ihre Zweige bestehen aus grün eingefärbten Vogelfedern.

Um 1880 entstand eine Kugel mit einem kleinen wächsernen Christkind drinnen. "Eing'richt" heißt das in der Fachsprache der Antiquitätenhändler. Die Salzburger Firma Weinkammer war spezialisiert auf solche Dinge.

1850 kam Zinnschmuck in Mode - da hatten Zinngießer die Idee, aus Metallresten Spielzeug und dann eben auch Christbaumschmuck zu erzeugen. Der Sammler hat unterdessen einen geübten Blick auch für Fälschungen. "Das meiste, was an Gablonzer Schmuck als Antiquität verkauft wird, sind heutige Erzeugnisse", weiß er. Wie auch immer: Diese Stücke aus Tschechien haben ihren Charme, auch wenn sie nicht wirklich alt sind. "Echt alt" sind dafür die plastischen Kartonobjekte aus Dresdner Pappe (um 1870) - ein typisches Massenprodukt für ärmere Leute.

Christbaumschmuck aus Thüringen ist unter Liebhabern ebenso gefragt wie Holzobjekte aus dem Erzgebirge. Wenn der Sammler eine Packung "Schaumsilber" oder originale Lametta-Briefchen in die Hände bekommt, sind das natürlich Sternstunden.

Und schließlich ist ja auch interessant, was den Christbaum zum Stehen bringt. Ein Ständer mit metallgegossenen Krippenfiguren entpuppt sich zum Beispiel bei näherem Hinsehen als kleines mechanisches Wunderwerk, denn er ist zugleich Spieluhr und dreht den Christbaum.

Die Ausstellung "Weihnachtsglitzer, Hirtenfreude - Historischer Christbaumschmuck" ist bis 3. Februar 2002 im Salzburger Spielzeugmuseum zu sehen.

Öffnungszeiten: Täglich von 9 bis 17 Uhr, Donnerstag bis 20 Uhr. Im Internet: http://www.smca.at/sonderausstellungen

Freitag, 21. Dezember 2001

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