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Österreichische Kriegsfotografen im Ersten Weltkrieg

Mit Kameras bewaffnet

Von Anton Holzer

Am 10. September 1914 erschien in der Wiener illustrierten Zeitung "Das Interessante Blatt" zum ersten Mal eine Fotografie, die Spuren von Kampfhandlungen am östlichen Kriegsschauplatz festhält. Das Bild zeigt, wie es im Bildtext heißt, "das erste von unseren Truppen erbeutete Aeroplan, dessen Piloten heruntergeschossen wurden". Es stammt vom Wiener Fotografen Carl Seebald. Die ersten Bilder des Krieges hatte er Ende Juli 1914 auf Wiener Bahnhöfen aufgenommen. Er fotografierte Soldaten, die aus dem Zugfenster winken, Angehörige und Schaulustige, die am Bahnsteig von den einrückenden Männern Abschied nehmen.

In den ersten Kriegstagen und -wochen überschlugen sich die aktuellen Nachrichten. Telegrafisch übermittelte Berichte und Erzählungen von Verwundeten, die ins Hinterland abtransportiert wurden, gaben - oft verworrene - Auskünfte über die Situation an der Front. Die Journalisten tappten meist im Dunkeln. Fotos aus dem Kriegsgebiet gab es in den ersten Tagen des Krieges noch keine. Zwar waren nicht wenige Soldaten mit ihren Kameras in den Krieg gezogen, aber offiziell akkreditierte Kriegsfotografen waren noch nicht dabei.

Carl Seebald war vor dem Krieg Pressefotograf gewesen. Als solcher konnte er auf gute Kontakte zu den Zeitungen zurückgreifen. Es gelang ihm, in den ersten Kriegswochen besonders viele Kriegsaufnahmen in diversen Blättern unterzubringen. Nach und nach bekam er aber Konkurrenz. Eine Reihe anderer Kriegsfotografen begann die Presse zu beliefern. Und auch die Fotoagenturen entdeckten den Handel mit Kriegsbildern als neuen, einträglichen Markt. Ab Herbst 1914 stieg die Anzahl der Agenturbilder deutlich an.

Presse-Tross nach Dukla

Die offizielle Kriegspropaganda glaubte zu dieser Zeit noch nicht an die Wirksamkeit von Fotos als Propagandamittel. Sie setzte zu Kriegsbeginn auf das Wort und die Zeichnung. Die Fotografie stand noch im Hintergrund. Das k. u. k. Kriegspressequartier (KPQ), das am 28. Juli 1914 gegründet wurde, schickte am 11. August den ersten Presse-Tross von Wien ab. Das Ziel hieß Dukla. Die kleine galizische Stadt in den Beskiden lag weit im Hinterland der Ostfront. Zwei Sonderzüge, vier Autos, zwei Stabskompanien und ein Stabskadron sowie ein "großer Train" brachten Ausstattung und Berichterstatter ins Hinterland des Krieges. Der Ort Dukla war ausgewählt worden, weil er weder unmittelbar an der Front noch in der Nähe des Armeeoberkommandos lag. Dadurch erschien es leichter, die Presse zu kontrollieren. Von Dukla aus gelangten die Berichterstatter nur selten in Frontnähe. Fotografen befanden sich keine unter ihnen.

Nach und nach entdeckte aber auch das KPQ die Fotografie als Propagandamittel. Es nahm Pressefotografen etablierter Blätter und andere Berufsfotografen in seinen Dienst und beauftragte sie mit Fotoexkursionen an die Kriegsschauplätze. Viele von ihnen hatten bereits vor dem Krieg für die illustrierte Presse gearbeitet. Als Kriegsfotografen des KPQ war es ihnen erlaubt, weiterhin für ihre Auftraggeber und Blätter zu arbeiten. Noch Mitte 1915 waren nicht mehr als ein halbes Dutzend Kriegsfotografen fürs KPQ tätig. Bis Anfang 1917 war deren Zahl auf 13 angewachsen. Darüber hinaus sammelte das KPQ aber auch noch Bildmaterial anderer Fotografen, die als Soldaten im Dienst der Truppe standen. Auf diese Weise kam innerhalb kürzester Zeit eine beachtliche Fotosammlung zustande.

Im Laufe des Krieges wurde die Bildpropaganda (Film und Fotografie) immer mehr ausgebaut. Zu Kriegsende hatte die Fotografie die Kriegszeichner und -maler als Propagandistin des Krieges längst in den Schatten gestellt. Die illustrierte Presse setzte nun voll auf das neue Medium. Immer kürzer wurden die Wege der Bilder von der Front in die Redaktionen. Die Illustrierten suchten nach immer spektakuläreren Aufnahmen. Aber sie stießen an Grenzen, denn die Bezugsquellen für Kriegsbilder wurden immer mehr eingeschränkt. Einige wenige Agenturen, die eng mit der Militärführung kooperierten, und das KPQ teilten sich nun die "Oberhoheit" über die Kriegsbilder. Die Aufnahmen wurden streng zensuriert und nur eine Vorauswahl an die Presse weitergegeben.

An ihren Einsatzorten arbeiteten die Fotografen in der Regel mit großformatigen, schweren Plattenkameras, etliche von ihnen waren aber auch mit leichteren und handlicheren Kameras für Rollfilme ausgerüstet. Ihre fotografische Ausbeute war, je nach Einsatzort und Arbeitsbedingungen, sehr unterschiedlich. Monatlich schickte jeder Fotograf zwischen weniger als einem Dutzend und 50 bis 60 Aufnahmen ein. Gelegentlich waren es aber auch weit über 100 Bilder. Wenn die fotografische Ausbeute gering blieb, übte das KPQ Druck aus. "Wenn in Hinkunft nicht

von jedem Einzelnen alle 14 Tage irgend ein Produkt seines Schaffens (. . .) einläuft, wird das Armeeoberkommando dies als Beweis

der Unfähigkeit zu der beabsichtigten Verwendung ansehen und dessen Einrückung zum Landsturmdienste mit der Waffe verfügen", heißt es in einem Befehl vom

19. Juli 1915.

Eine der wenigen privaten Fotoagenturen, die neben dem KPQ als Bilderlieferant nicht nur überleben, sondern ihre Marktanteile sogar weiter ausbauen konnte, war die Wiener Firma Kilophot. Das junge, 1905 gegründete Unternehmen unterhielt beste Kontakte zur Armeeführung. Eingaben und Wünsche an das Kriegspressequartier wurden in der Regel wohlwollend behandelt. Im August 1916 wandte sich die Firma mit der Bitte um "Verlängerung der Zurückstellung" vom Felddienst eines Mitarbeiters an das KPQ. Die Antwort fiel positiv aus: "Als Propaganda-Institut für die verbündeten Heere hat 'Kilophot' Bedeutendes geleistet, so dass die vorstehende Bitte, von deren Erfüllung eine gedeihliche Weiterarbeit abhängt, wärmstens befürwortet wird."

Während des Krieges stieg Kilophot zur wichtigsten österreichischen Fotoagentur auf. Sie belieferte nicht nur österreichische Zeitungen, sondern es gelang ihr auch innerhalb kürzester Zeit, sich in Deutschland und am internationalen Markt als eine der wichtigsten Fotoagenturen für die Kriegsschauplätze in Ost- und Südosteuropa zu etablieren. Die Agentur arbeitete mit großen Verlagen in Deutschland und in den neutralen Ländern zusammen. Bereits während der ersten Kriegstage war es Kilophot gelungen, einen eigenen Kriegsfotografen, Alexander Exax, ins Kriegspressequartier zu entsenden. Er war einer der jüngsten österreichischen Kriegsfotografen. Als 18-Jähriger trat er in das KPQ ein und arbeitete bis 1917 als Fotograf an verschiedenen Fronten. Er wurde einer der erfolgreichsten österreichischen Kriegsfotografen. Seine Aufnahmen wurden laufend in der österreichischen wie auch ausländischen Presse veröffentlicht.

Fotos und Kriegspostkarten

Mehrmals intervenierte Kilophot beim Kriegspressequartier, um die Verlegung ihres Fotografen an andere, viel versprechendere Kriegsschauplätze zu erreichen. Die Agentur vertrieb nicht nur eigene Aufnahmen, sondern kaufte auch laufend Fotografien von diversen Frontabschnitten zu. Ab Anfang 1915 gelang es dem Unternehmen auch, den Zentralvertrieb der offiziellen Postkarten des "Roten Kreuzes" zu übernehmen. Dadurch avancierte es neben seinen Aktivitäten als Fotoagentur für die illustrierte Presse zum führenden Anbieter von Kriegspostkarten, die ebenfalls einträgliche Geschäfte versprachen. Daneben produzierte und vertrieb Kilophot auch Fotobildpostkarten und Fotopapiere. Ebenso wurden Vergrößerungen und Reproduktionen aller Art angeboten. Bereits im September 1914 reagierte die Firma auf den gestiegenen Fotobedarf und bewarb ein neues, eigenes Entwicklungspapier, das "Kilophot-Papier". Ab Frühjahr 1916 pries sie ihre eigenen Postkarten an, die "'Kilophot'-Natur-Aufnahmen vom Kriegsschauplatz": "Vierfarbendruck! Aufsehen erregend", hieß es in den Werbeanzeigen.

Im November 1918 war das Geschäft mit den Kriegsbildern plötzlich zu Ende. Das Kriegspressequartier wurde aufgelöst, die Fotografen wurden entlassen. Und Kilophot kehrte zu den kommerziellen Schwerpunkten der Vorkriegszeit zurück: Die Landschaftsfotografie trat wieder an die Stelle der Kriegsaufnahmen.

Freitag, 30. Juli 2004

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