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Artikel aus dem EXTRA LexikonDrucken...

Wie das berühmteste aller Weihnachtslieder entstand

Alles schläft, einsam wacht . . .

Von Oliver Bentz

Das Lied trat vor über 150 Jahren aus dem Salzburger Land seinen Siegeszug um die ganze Welt an und ist heute wohl so beliebt wie kein anderes musikalisches Werk: "Stille Nacht, heilige Nacht", erklingt es jedes Jahr zur Weihnachtszeit rund um den Erdball: In mächtigen Kathedralen und einfachen Hütten wird das Weihnachtslied ebenso gesungen wie auf hoher See und unter dem Sternenglanz der Wüstennacht.

Im Kreis der Familie ist das Musikstück mit seinem mittlerweile in 100 Sprachen übersetzten Text und seiner einfachen, ans Herz gehenden Melodie ebenso zu hören wie aus den Lautsprechern der Radiogeräte.

Eine solche "Karriere" hätten die beiden Schöpfer des Welthits aus der österreichisch-bayerischen Grenzregion - der 26-jährige Hilfspriester Josef Mohr, der den Text verfasste, und der 31-jährige Lehrer und Organist Franz Xaver Gruber, der die Melodie komponierte - ihrem kleinen Werk in der Adventszeit des Jahres 1818 wohl kaum vorausgesagt: Denn es war eher ein Zufall, der zum Entstehen von "Stille Nacht, heilige Nacht" führte; und Zufälle, um die sich heute zahlreiche Legenden ranken, waren es auch, die das Lied dann hinaus in die Welt trugen.

Wer waren die beiden Männer, die das Gesangsstück mit der betörenden Melodie und dem anrührenden Text schufen, und wie entstand ihr heute zum Volkslied gewordenes musikalisches Werk?

Der Textdichter Josef Mohr, 1792 in Salzburg geboren, wuchs als unehelicher Sohn einer Strickerin und eines fahnenflüchtigen Soldaten in ärmlichsten Verhältnissen auf. Der Junge, dessen Taufpate der Salzburger Scharfrichter war, erweckte durch seine ungewöhnliche Begabung bald die Aufmerksamkeit der geistlichen Lehrer, die ihm eine gediegene Ausbildung ermöglichten.

Nach dem Besuch des Priesterseminars wurde er verschiedenen Pfarreien zugeteilt und wirkte ab 1817 in Oberndorf an der Salzach.

Der fünf Jahre ältere Franz Xaver Gruber hatte als Sohn eines Leinenwebers eine ähnlich ärmliche Kindheit wie sein späterer Freund Mohr. Gegen den Willen seines Vaters ermöglichten ihm seine Lehrer eine pädagogische Ausbildung. Sein erster Posten führte ihn in das kleine Örtchen Arnsdorf auf der Hochfläche von Oberndorf.

Es war Josef Mohr, der die Anregung zur Entstehung des Liedes gab, als er in der Adventszeit 1818 Franz Xaver Gruber den Vorschlag machte, gemeinsam ein Lied für die Heilige Nacht zu verfassen. Am 24. Dezember überreichte Mohr seinem Freund die acht Strophen seiner Textdichtung, mit der Bitte, sie passend für zwei Solostimmen, Chor sowie Gitarrenbegleitung zu vertonen. Die altersschwache Orgel in der Oberndorfer Pfarrkirche St. Nikola konnte man nicht benutzen, da sie kurz vor Weihnachten ihren Dienst verweigert hatte und der Orgelexperte aus dem Zillertal erst einige Wochen später eintreffen würde.

Gruber machte sich sofort an die Arbeit und komponierte noch am selben Nachmittag die Melodie zu Mohrs Text, so dass das Lied der beiden am Weihnachtsabend des Jahres 1818 in der damaligen Oberndorfer St.-Nikola-Kirche uraufgeführt werden konnte.

Gruber übernahm die Bassstimme, Mohr sang Tenor und begleitete mit der Gitarre, der Chor sorgte für die Wiederholung der beiden Schlussverse. Noch zur ein oder anderen Christmette - so wird vermutet - dürfte das Lied in den Folgejahren gesungen worden sein.

Es vergingen einige Jahre, ehe der Orgelbaumeister Mauracher aus dem Zillertal, der in den Jahren 1824/25 an der Oberndorfer Orgel arbeitete, das Lied mit in seine Tiroler Heimat nahm.

Von dort ging es dann als "Tiroler Volkslied" um die Welt. Zillertaler Sängerfamilien führten es in den folgenden Jahren im Ausland auf, so die Geschwister Strasser, die es 1832 in Leipzig sangen, oder die Rainer, die 1839 in New York die amerikanische Uraufführung besorgten.

Es fand - nicht selten in veränderter oder gar entstellter Singform - bald Eingang in Liederbücher. An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert sang man "Stille Nacht, heilige Nacht" schon in Afrika,

Südamerika und im pazifischen Raum. Das Lied wurde nicht nur in die Kultursprachen der Welt, sondern auch in verschiedene amerikanische und afrikanische Eingeborenendialekte übersetzt. Die Zahl seiner Schallplattenaufnahmen ist heute kaum mehr zu zählen.

Ihren Welterfolg haben Josef Mohr und Franz Xaver Gruber nicht mehr erlebt, Ruhm und Ehre blieben ihnen zu Lebzeiten versagt. Mohr, der nach einigen anderen Stationen Pfarrvikar in Wagrain wurde, starb dort am 4. Dezember 1848 im Alter von 56 Jahren.

Und Gruber, der noch fast 30 Jahre in Arnsdorf und im nahen Berndorf tätig sein sollte, wurde schließlich bis zu seinem Tode am 7. Juni 1863 Chorregent in Hallein.

Heute erinnert in Oberndorf die an Stelle der alten St.-Nikola-Kirche 1937 eingeweihte Mohr-Gruber-Gedächtniskapelle an die Schöpfer des unsterblichen Liedes. In ihrem Altarstein ruht das Haupt Josef Mohrs. Ihre Glasfenster zeigen Abbilder des Komponisten und des Textdichters.

Jedes Jahr, am Weihnachtstag, wird dort eine eindrucksvolle Stille-Nacht-Gedenkfeier abgehalten. Und im nur wenige Kilometer entfernten Arnsdorf sind in der alten Schule, an der Franz Xaver Gruber unterrichtete und die heute das älteste noch betriebene Schulhaus Österreichs ist, einige Zimmer zum Andenken an den Komponisten eingerichtet.

Freitag, 21. Dezember 2001

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