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Wann fällt das Werbeverbot für freie Berufe endgültig?

Werbung verboten?

Von Ernst Grabovszki

Werbung ist Bestandteil unseres Alltags, ob in den Medien, im öffentlichen oder im privaten Raum. Das Kosmos an schönen Bildern und Wörtern, das uns umgibt, ist zu
einem Gutteil ein Waren- und Dienstleistungskosmos, das die lokalen und globalen Märkte in Gang hält. Die Bandbreite der Werbemittel und Werbeträger ist beinahe unüberschaubar geworden. Werbung ·
selbstverständlich! Für einen jungen Rechtsanwalt jedoch, der eine Kanzlei eröffnen und sich einen Stamm an Klienten aufbauen möchte, ist Werbung alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Auch
für einen Arzt, einen Steuerberater oder einen Wirtschaftstreuhänder gehört Werbung nicht gerade zum täglich verwendeten Sprachschatz.

Warum das so ist? Die Standesvertretungen der freien Berufe in Österreich schieben den werblichen Aktivitäten ihrer Mitglieder einen Riegel vor, einen Riegel allerdings, der das Tor zur
Öffentlichkeit nach und nach nicht mehr verschlossen halten wird. Im Zug des Beitritts Österreichs zur EU wurden deshalb die Werberichtlinien für freie Berufe ein wenig entschärft: Werbung ist somit
nicht vollständig verboten, sondern innerhalb gewisser Grenzen erlaubt. Diese Grenzen freilich sind von Beruf zu Beruf und von Bundesland zu Bundesland nicht gleich gezogen. Für Ärzte etwa hat die
Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer die Richtlinie „Arzt und Öffentlichkeit" herausgegeben, die die Art und Weise der Kommunikation zwischen Arzt und (potentiellem) Patient regelt.
Dem Mediziner ist es beispielsweise untersagt, Flugblätter oder Postwurfsendungen zu verteilen oder seine Person bzw. seine ärztliche Tätigkeit „in aufdringlicher Weise" darzustellen. Demgegenüber
stehen die erlaubten Werbemaßnahmen: etwa der Hinweis auf die Spezialisierung auf diagnostische und therapeutische Methoden oder spezielle medizinische Einrichtungen. Im Umgang mit den Medien, so
heißt es weiter, habe der Arzt „Zurückhaltung zu üben und das Gebot der Sachlichkeit zu beachten". Interviews müssen demzufolge sachbezogen und nicht reklamehaft gestaltet sein, Anzeigen in
Printmedien dürfen die Größe einer Viertelseite nicht überschreiten und nicht öfter als dreimal in Folge erscheinen.

Dennoch vertrauen auch Ärzte mittlerweile auf die Breitenwirkung von Printmedien, wie Dr. Jörg Krainhöfner von der Österreichischen Dentistenkammer feststellt: „Sie sehen, wie sehr sich das
Werbeverbot in den letzten Jahren gelockert hat. Und es ist bei uns fast jeden Tag mindestens ein Brief in der Post, in der ein alteingesessener Kollege über einen anderen herzieht, weil der eben ·
durchaus im Rahmen der Richtlinien · wirbt. Es haben sich also die Lockerungen des früher sehr streng gehandhabten Werbeverbotes noch nicht wirklich überall herumgesprochen." Werbung in TV und Radio
und das Versenden von Direct-Mailings bleiben für Ärzte nach wie vor verboten, außer das Mailing geht an die eigenen Patienten. Ein kleines Schlupfloch gibt es aber dennoch. Dr. Michael Braun
(Ärztekammer): „Wenn ein Arzt im TV oder Radio Tips gibt, ohne daß die Werbezeit von ihm bezahlt wird, ist nichts dagegen zu sagen."

Marktschreier unerwünscht

Tierärzte haben es leichter: Das absolute Werbeverbot für die eigene Praxis ist gefallen, lediglich vergleichende Werbung, unlauterer Wettbewerb oder marktschreierische Werbung bleiben weiterhin
untersagt. „Was wahr ist, kann angekündigt werden", umreißt Dr. Richard Elhenicky, Kammeramtsdirektor der Tierärztekammer, die Situation. Selbst die Gestaltung eigener Schaufenster oder Werbung im
Internet sind mittlerweile möglich.

Für Rechtsanwälte gilt nach wie vor der Grundsatz der anlaßgebundenen Werbung, also die Information über Eröffnung und Schließung der Praxis, der Änderung von Namen, Adresse oder Telefonnummer in
Form eines Direct-Mailings oder einer Anzeige. „Wichtig ist uns als Kammer in diesem Zusammenhang hauptsächlich das Image des Standes in der Öffentlichkeit. Also egal welche Aktion, sie sollte
möglichst stilvoll sein und nicht den Rechtsanwaltsstand in Verruf bringen", lautet die Information aus der Rechtsanwaltskammer.

Auch für den Wirtschaftstreuhänder ist bei der Akquisition von neuen Klienten eher Vorsicht als Draufgängertum angesagt: So dürfen etwa Werbebriefe nur dann an Noch-nicht-Kunden versendet werden,
wenn gewährleistet ist, daß diese noch keinen Steuerberater oder Wirtschaftstreuhänder haben.

Wie also mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen umgehen und dennoch in der Öffentlichkeit präsent sein? Der Wiener Werbefachmann Alois Gmeiner hat sich mit dieser heiklen Frage in seinem Buch
„Werbung verboten? Werbung leicht gemacht für Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder in Österreich" auseinandergesetzt. Werbung, so Gmeiner, sei in
erster Linie Information: für den Kunden, für den Klienten, für den Patienten, Information, die noch dazu auf billige Art und Weise geschaffen werden kann. Schon alltägliche Dinge wie Briefpapier
oder Visitenkarte eignen sich · richtig gestaltet · als Werbeträger: Warum nicht Zusatzqualifikationen, Öffnungszeiten, Hotline-Nummern oder den aktuellen Steuertip auf der Visitenkarte oder dem
Briefpapier präsentieren?

Ideen muß man haben

Gmeiners Devise lautet, daß Werbung keine Sache des Budgets, sondern der Ideen sei. Und gerade dieses Motto sollte angesichts der noch relativ engen gesetzlichen Rahmenbedingungen eine
Aufforderung zur Reflexion darüber sein, was angesichts der medialen Vielfalt in Sachen Öffentlichkeitsarbeit machbar (und erlaubt) ist.

Doch bevor sich der Freiberufler um die richtigen Werbemittel Gedanken macht, sollte er eine Analyse seines Unternehmens und seiner Dienstleistungen durchführen, eben um zu einem effektiven
Werbekonzept zu gelangen: Welche herausragenden Angebote und Dienstleistungen können dem Klienten oder Patienten angeboten werden, oder warum kommen Klienten/Patienten überhaupt in die
Kanzlei/Praxis? Auf die Selbstanalyse folgt die Analyse der Zielgruppe: Hat es der Arzt mit jungen oder älteren, Privat- oder Kassenpatienten zu tun? Welche Eigenschaften (Einkommen, Alter,
Geschlecht usw.) besitzen die Patienten? Welche Medien konsumieren diese Zielgruppen? Schließlich stellt sich noch die Frage nach dem einheitlichen Erscheinungsbild · von den Drucksorten über die
Kleidung bis zur Ausstattung des Büros. Ein stimmiges Bild nach außen erhöht die Chance auf Wiedererkennung enorm, zumal die Betrachtungsdauer von Werbemitteln aufgrund unserer optischen Überlastung
bereits unter eine Sekunde gesunken ist! Das bedeutet, daß die Corporate Identity und der einmal eingeschlagene Werbestil konsequent durchgehalten werden müssen. „Anders sein als die anderen", so
Gmeiner, verleiht der Eigenpräsentation erst die wahre Effektivität: ein ungewöhnliches Logo oder ein einprägsamer Slogan erhöhen den Wiedererkennungseffekt jedenfalls enorm.

Bleibt nur zu fragen, ob und wann das Werbeverbot für die freien Berufe endgültig fallen wird. Daß die simple Überlegung, daß jede Eröffnung eines Gewerbebetriebs erst durch gezielte Werbung in der
Öffentlichkeit präsent wird, nicht auch für die verkammerten freien Berufe (trotz Standesehre) gelten soll, läßt die juridischen Rahmenbedingungen in einem zweifelhaften Licht scheinen. Eines steht
aber fest: die genaue Kenntnis der Zielgruppe, das Bewußtsein um die eigenen Fähigkeiten und die danach erfolgende Kommunikation nach außen sollten schon jetzt im Bewußtsein junger Ärzte,
Rechtsanwälte oder Steuerberater verankert sein. Denn erst ein solches Bewußtsein erhöht die Chancen des Werbenden auf einem immer enger werdenden Markt.

Die Zitate stammen aus dem Buch „Werbung verboten?", das neben dem 60-Minuten-Kompaktseminar „Besser werben für Klein- und Mittelbetriebe in Österreich" (Audio-Kassette) im Grenz-Verlag, Wien,
erschienen ist. Erhältlich im Buchhandel oder direkt im Grenz-Verlag, Tel. 01-214 17 15-0.

Freitag, 07. Mai 1999

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