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Fünfzig fette Jahre

Am 15. April 1955 begann der Siegeszug der "McDonald’s"-Kette
Im Mittelpunkt der gigantischen Werbebemühungen des Konzerns stehen die Kinder.

Im Mittelpunkt der gigantischen Werbebemühungen des Konzerns stehen die Kinder.

Das Kerngeschäft von

Das Kerngeschäft von "McDonald’s" war immer der Hamburger. Die "BigMac"-Variante ist das Renommierprodukt der Firma.

Von Uschi Schleich (Text und Fotos)

Was wäre gewesen, wenn Walt Disney damals Ja gesagt hätte? Ja zu der Idee, das erste McDonald‘s-Restaurant der Welt im Disneyland zu eröffnen? Vielleicht wäre der Fast-Food-Laden zwischen Micky, Donald und Dagobert gar nicht so richtig aufgefallen. Vielleicht wäre dann alles anders gekommen. Tatsache ist: Walt Disney lehnte ab. Ein gewisser Roy Kroc, der Disney diesen Vorschlag unterbreitete, musste sich nach einem anderen Standort umsehen. Am 15. April 1955 war es so weit: In Des Plains, Illinois, eröffnete Roy Kroc seine erste McDonald’s-Filiale. Die Rechte hatte er zuvor von den Brüdern McDonald gekauft. Wohl niemand ahnte damals, dass der Tag als die Geburtsstunde des größten Fast-Food-Konzerns der Welt in die Geschichte eingehen sollte.

Heute, genau 50 Jahre nach der Premiere, brutzeln in 31.500 McDonald’s-Restaurants weltweit die Hamburger, jeden Tag kommt irgendwo eine neue Filiale dazu. Österreich hat es inzwischen auf 162 gebracht: ein Imperium aus Pommes frites und Rinderfaschiertem.

Mehr Fast Food denn je

Nach dem großen Einbruch des Jahres 2002, als der Gigant mit den "Golden Arches", wie das bogenförmige Logo des Konzerns heißt, Verluste schrieb, geht es wieder bergauf mit McDonald’s. Der Umsatz der Company ist 2004 um 12 Prozent auf über 51 Milliarden US-Dollar gestiegen. Sowohl in den USA als auch in Europa wird trotz des viel zitierten Trends zur gesunden Ernährung mehr Fast Food denn je konsumiert. Auf dem riesigen Zukunftsmarkt China steht der Einzug des Hamburgerriesen noch bevor: Zurzeit ist man dort nur mit läppischen 640 Filialen vertreten – bei einer Milliarde potentieller Kunden! Doch jede Woche kommen im Reich der Mitte zwei neue Standorte hinzu.

Tempo war eben schon immer das Markenzeichen von McDonald’s. Mit der gleichen Geschwindigkeit, mit der heute tagtäglich 38 Millionen Kunden durch die rot-gelben Bögen geschleust und mit Hamburgern, Cola und Pommes frites versorgt werden, entwickelte sich Roy Krocs kleiner Schnellimbiss schon bald nach seiner Gründung zum internationalen Fast-Food-Multi.

Die Erfolgsstory der Golden Arches beginnt in den Golden Fifties , und zwar mit harmlosen Milchshake-Mixern, die der Vertreter Roy Kroc an Restaurants verkaufte. Als Kroc eines Tages die Bestellung eines Drive-in-Lokals aus Kalifornien entgegennimmt, wird er hellhörig: Es ist bereits der zehnte Mixer, den sich die Brüder McDonald liefern lassen. Normalerweise ist ein Gerät pro Lokal ausreichend, große Restaurants haben manchmal zwei in Betrieb. Was aber, fragt sich Roy Kroc, fängt jemand mit zehn Multimixern an?

Die Frage lässt dem bettelarmen Vertreter keine Ruhe. Und so steht er einige Wochen später vor dem Drive-in-Restaurant der Brüder McDonald und kommt aus dem Staunen nicht heraus: Der Parkplatz des kleinen, achteckigen Lokals ist total überfüllt, eine lange Warteschlange steht davor, an zwei Fenstern wird alle zehn Sekunden ein Hamburger ausgegeben – und jeder dritte Kunde bestellt einen Milchshake.

Das Konzept der Brüder Dick und Mac McDonald war sensationell. Obwohl es in Kalifornien bereits von Drive-in-Restaurants wimmelte, in denen die Kunden im Auto von so genannten Carhoppers bedient wurden, konnte kein anderes Schnellrestaurant mit den Brüdern McDonald mithalten. Denn Dick und Mac hatten die Branche revolutioniert: allerdings nicht mit dem Hamburger, den gab es schon lange vorher, ihr Erfolgsrezept war Geschwindigkeit. Die Brüder verzichteten auf die Carhoppers , wechselten von Porzellan zu Pappgeschirr und reduzierten die Speisekarte von ursprünglich 25 auf 9 Angebote: einen Hamburger, einen Cheeseburger, Pommes frites, drei Getränke, Milch, Kaffee und ein Stück Kuchen. Jeder Hamburger wurde mit Ketchup, Senf, Zwiebeln und zwei Gurken serviert. Sonderwünsche wurden nicht akzeptiert.

Last but not least senkten Dick und Mac McDonald auch noch die Preise, und zwar so lange, bis sie nicht nur die schnellsten, sondern auch die billigsten Hamburger von ganz Kalifornien feilboten. Außerdem verpassten sie ihrem Restaurant den legendären "Aquarium-Look". Durch eine Glasfront konnten die Kunden direkt in die Küche blicken und das Mysterium der Burger-Zubereitung mitverfolgen. Das war für die damalige Zeit etwas derart Ungewöhnliches, dass viele allein deshalb in das Lokal kamen. Vor allem Kinder waren fasziniert, als wichtigste Zielgruppe stehen sie bis heute im Mittelpunkt der McDonald’s-Werbebemühungen.

Kopien des Konzeptes

Es dauerte nicht lange, bis die ersten Kopien des Drive-In-Lokals der Brüder McDonald auftauchten. Dick und Mac machten kein Geheimnis aus ihrem Konzept. Im Gegenteil: Sie verrieten ihren Konkurrenten, wo sie die Küchenausstattung anfertigen ließen und wie sie die Fließbandproduktion organisierten. "Die kamen mit Bleistift und Notizblocks an und zeichneten die Küche ab, und mein Bruder und ich fanden das urkomisch" , erinnerte sich Dick später.

Roy Kroc hat also, entgegen dem Mythos, der ihm anhaftet, weder den Hamburger noch das Fast-Food-Konzept erfunden. Er war bloß zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Gerade als die McDonald-Brüder ihres Erfolgs langsam überdrüssig wurden, stieg er in ihr Geschäft ein. Den Deal des Lebens machte er aber, als er den beiden etwas später sämtliche Rechte abkaufte – jetzt musste er sich nur noch in das gemachte Bett legen, wie böse Zungen spotteten. "Für mich ging es damals um Leben oder Tod. Wenn ich die Chance McDonald’s verspielt hätte, hätte ich nicht gewusst, was ich tun sollte" , bekannte Kroc viele Jahre später.

Roy Kroc, der als Firmengründer in die Annalen der McDonald’s-Historie einging, nützte das Franchise-System für den Ausbau des Burger-Imperiums. Seine erste Vision war: mindestens ein McDonald’s-Restaurant in jeder amerikanischen Stadt. Aus dieser Pionierzeit stammt auch der "Kroc’sche Kodex", ein Sammelsurium an Sprüchen, das unter den Managern der Firma bis heute Bibelstatus hat, auch wenn die darin enthaltenen Aussagen eher schlichter Natur sind: "Der Erfolg ist nicht ohne Sinn, ebenso der Misserfolg." Oder "Keiner von uns ist so gut wie wir alle" . Eben dieses Motto hängt übrigens nach wie vor in den meisten Büros der Führungsetage.

Für die Mitarbeiter, deren Zahl bis heute auf 1,5 Millionen angewachsen ist, dürfte es allerdings nicht immer leicht gewesen sein, an die hehren Prinzipien des Firmengründers zu glauben. Von Beginn an war das unaufhörlich wachsende Fast-Food-Imperium massiver Kritik ausgesetzt: autoritärer Führungsstil, schlechte Arbeitsbedingungen, miserable Löhne sowie massive Abneigung gegen Gewerkschaften und Betriebsräte lauteten die Vorwürfe, die sich bis heute gehalten haben. Für Globalisierungsgegner, Arbeitervertreter und Umweltschützer ist das Unternehmen seit Jahrzehnten ein Negativsymbol. Mit teuren Imagekampagnen und Ausbildungsprogrammen versucht der Riese zu kontern – und er wird selbstverständlich nicht müde, die vielen Arbeitsplätze aufzuzählen, die der Bau jeder neuen Filiale schafft.

Das Image des Dickmachers

Manchmal bleibt der Gigant gegen Kritik dennoch machtlos. Nach einer Kampagne von Greenpeace und Foodwatch sowie nach unzähligen Verbraucher-Protesten in den USA und Europa musste das Unternehmen auf den Einsatz genmanipulierter Lebensmittel verzichten. Doch gegen das Image des Dickmachers wollen die vielen Werbekampagnen, in die der Multi jährlich rund 12 Milliarden Dollar steckt, nicht so recht helfen. Lightversionen in der Produktpalette hin, massiv beworbenes Salatangebot in den Filialen her: Für die Fettleibigkeit der Amerikaner werden nach wie vor die Fast-Food-Riesen verantwortlich gemacht. So lautet jedenfalls die Botschaft in Morgan Spurlocks preisgekröntem Dokumentarfilm "Supersize Me". Nachdem er sich dreißig Tage lang dreimal täglich ausschließlich bei McDonald’s ernährte, hatte Filmemacher Spurlock nicht nur 13 Kilo an Gewicht zugenommen, sondern auch Leber- und Blutwerte, die seine Ärzte in höchste Alarmbereitschaft versetzten.

Pünktlich zu seinem 50. Geburtstag wird der Fast-Food-Riese mit einem neuen Film beschenkt werden: "McLibel", zu deutsch "McVerleumdung". Der Streifen zeigt den längsten Zivilprozess in der britischen Rechtsgeschichte. Er wurde von McDonald’s gegen zwei britische Aktivisten von London Greenpeace wegen übler Nachrede geführt. Die beiden hatten ein Flugblatt mit dem Titel "What’s wrong with McDonald’s?" in Umlauf gebracht, in dem sie den Konzern mit 20 schweren Vorwürfen konfrontierten. Der Prozess zog sich über vier Jahre und insgesamt 313 Prozesstage hin. Die längste Zeugenaussage kam vom stellvertretenden Präsidenten von McDonald’s, Sid Nicholson, und dauerte zwölf Tage. Die beiden Angeklagten David Morris und Helen Steel wurden wegen Verleumdung von McDonald’s zwar verurteilt. Trotzdem gaben die Richter den Umweltschützern in wesentlichen Punkten ihrer Anschuldigungen Recht. So heißt es im Urteil, die Behauptung sei richtig, dass McDonald’s niedrige Löhne zahle, Kinder für seine Werbung "missbrauche" und seine Fleischprodukte von "grausam gequälten" Tieren gewinne.

Das war 1997. Morris und Steel legten Berufung beim Europäischen Gerichtshof ein. Im Februar dieses Jahres gab der EuGH der Berufung statt. Begründung: Die beiden hätten in England kein ordentliches Verfahren erhalten, da ihnen die Regierung keinen Pflichtverteidiger zur Seite gestellt habe. "McLibel", der Film zum Prozess, wird zum 50. Geburtstag von McDonald’s nicht nur über die Bildschirme flimmern, sondern gleichzeitig auch im Kino gespielt werden und als DVD erhältlich sein. Happy Birthday McDonald’s!

Freitag, 15. April 2005

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