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Auferstehung und Vollmond

Warum Ostern keinen fixen Platz im Kalender hat
Von Hans Förster

Ostern ist das Hochfest der Christenheit - doch ein Blick auf den Kalender genügt, um zu erkennen, dass dieses Fest offensichtlich keine zentrale Jahresposition einnimmt: Unregelmäßig wandert der Termin von einem Sonntag Ende März in dem einen Jahr zu einem Sonntag im April im nachfolgenden Jahr. Rein rechnerisch gibt es 35 Tage, auf die das Osterfest fallen kann, auf alle Tage zwischen 22. März und 25. April. Das Osterfest hat keinen fixen Termin in unserem vom Sonnenjahr bestimmten Kalender.

Die Wurzeln der Berechnungen des Osterfests liegen im jüdischen Kalender, der im Gegensatz zum Julianischen beziehungsweise Gregorianischen Kalender ein Mondkalender ist. Jeder Monat beginnt mit dem neuen Mond, das Normaljahr umfasst zwölf Monate, ein Schaltjahr zählt 13 Monate. Am Vollmondtag des Frühlingsmonats Nisan - das ist der 14. Tag dieses Monats - wird das jüdische Passafest gefeiert. Dieser Termin wird strikt eingehalten, unabhängig vom Wochentag, auf den der 14. Nisan fällt. Zur Zeit dieses jüdischen Festes starb Jesus in der ersten Hälfte der dreißiger Jahre des ersten Jahrhunderts in Jerusalem den Tod eines Verbrechers am Kreuz und ist, so der christliche Glaube, am dritten Tag danach von den Toten auferstanden.

Ostern beginnt 115 n. Chr.

Die ersten Christen begingen wöchentlich, und zwar am ersten Tag der Woche, unserem späteren Sonntag, das Gedächtnis der Auferstehung Jesu; ansonsten feierten sie einmal im Jahr, am 14. Nisan, ein Jahresgedächtnis des Todes und der Auferstehung Jesu. Im jüdischen Passahfest liegen die Wurzeln des späteren christlichen Osterfestes, dessen erste Feier am Anfang des zweiten Jahrhunderts bezeugt ist: Sie fand, wie Irenäus von Lyon berichtet, unter Sixtus I. um das Jahr 115 n. Chr. in Rom statt. Viel spricht dafür, dass das christliche Osterfest in Rom am Anfang des zweiten Jahrhunderts eingeführt wurde. Man wählte zum ersten Mal nicht mehr den 14. Nisan, sondern den Sonntag nach dem Frühlingsvollmond, um das Fest der Auferstehung Jesu zu begehen. Solcherart entstanden all die terminlichen Probleme, die auf unterschiedliche Weise noch heute die Festlegung des Osterfestes beeinflussen.

Bereits die Evangelien überliefern unterschiedliche Angaben über den Tag, an dem Jesus gekreuzigt wurde. Nach den drei so genannten Synoptikern - das sind die Evangelien nach Matthäus, Markus und Lukas - aß Jesus mit seinen Jüngern ein Passamahl und wurde am folgenden Tag gekreuzigt. Er starb nach dieser Überlieferung am fünfzehnten Nisan. Nach dem Johannesevangelium hingegen wurde Jesus an dem Tag gekreuzigt, an dem das Passalamm geschlachtet wird. Und das ist der 14. Nisan.

Da beide Überlieferungen, die Synoptiker wie das Johannesevangelium, übereinstimmend berichten, dass Jesus an einem Freitag gekreuzigt wurde, hat man aufgrund kalendarischer Tabellen ermittelt, dass der 14. bzw. 15. Nisan in den Jahren 30 bzw. 33 auf einem Freitag fiel. In einem dieser beiden Jahre starb Jesus von Nazareth.

Der 14. Nisan spielte vor allem in Kleinasien eine bedeutende Rolle. Die dort lebenden Christen waren sehr stark von dem Johannesevangelium geprägt. Der altkirchlichen Überlieferung zufolge starb der Verfasser dieses Evangeliums, der häufig mit dem im Evangelium auftretenden namenlosen Lieblingsjünger identifiziert wird, ja in Ephesus. In Kleinasien wurde zu Ende des zweiten Jahrhunderts am 14. Nisan des Todes Jesu gedacht. Aus dieser Zeit ist eine Nachricht über eine Auseinandersetzung um den Ostertermin erhalten: Polykrates von Ephesus setzt sich gegen den Versuch des römischen Bischofs Victor zur Wehr, der ihn zur Übernahme des römischen Termins bewegen will. Polykrates beruft sich auf die alte Überlieferung, die ihm gebiete, seinen Termin beizubehalten.

Das Konzil von Nicäa

Ein anderer Lösungsversuch in der christlichen Frühzeit sah vor, die Feier auf einen fixen Termin im Sonnenjahr zu verlegen. Das würde die Vorausberechnung des Ostertermins sehr einfach machen. Und die Vorausberechnung wurde nach der Einführung der 40-tägigen Fastenzeit vor dem Osterfest noch wichtiger, musste diese doch zum richtigen Zeitpunkt begonnen werden. Als fixe Ostertermine sind der 6. April und der 25. März überliefert, die aufgrund von altkirchlichen Berechnungen des historischen Todestages Jesu festgelegt wurden. Im Jahr 30 war der 14. Nisan ein Freitag, der auf den 7. April fiel. Falls Jesus also im Jahr 30 n. Chr. gekreuzigt worden wäre, läge der eine der beiden fixen Ostertermine sehr nahe am tatsächlichen Todestag Jesu.

Die Probleme der unterschiedlichen Praktiken in den ersten Jahrhunderten der Kirche sind offensichtlich: Eine einheitliche Feier des Osterfestes gab es nicht, ein Teil der Christen feierte das Fest am Sonntag nach dem Frühlingsvollmond, andere wählten einen fixen Termin, über den aber keine Einstimmigkeit zu erzielen war; wieder andere feierten das Fest am vierzehnten Nisan, und kamen damit den jüdischen Wurzeln ihres Glaubens am nächsten. Da sich jedoch kirchliche Einheit vor allem in der gemeinsamen Feier kirchlicher Feste ausdrückt, war diese Situation nicht günstig. So nimmt es nicht Wunder, dass das erste ökumenische Konzil von Nicäa am Anfang des vierten Jahrhunderts daran ging, diese unterschiedlichen Praktiken zu vereinheitlichen. Es wurde festgelegt, dass der Sonntag, der laut Julianischem Kalender auf den Frühlingsvollmond folgt, jener Tag ist, an dem das Osterfest zu feiern sei. Der Frühlingsvollmond ist der erste Vollmond nach der Tagundnachtgleiche des Frühlings.

Die Festlegung eines einheitlichen Ostertermins verfolgte das Ziel, die kirchliche Einheit zu stärken; die Entscheidung für den Sonntag nach dem Frühlingsvollmond bringt auch das Bemühen der Christen zum Ausdruck, sich vom Judentum abzugrenzen. Mit dieser Konzilsentscheidung waren jedoch noch lange nicht alle Probleme gelöst, ja es wurde dadurch der Grundstein für neue Terminprobleme gelegt.

Doch nun zu den direkten Auswirkungen. Noch mehrere Jahrhunderte nach dem Konzil von Nicäa lässt sich in einigen Gebieten der Kirche das Festhalten an den fixen Osterterminen beobachten. Die allgemein verbindliche Festlegung des neuen Ostertermins bereitete Schwierigkeiten. Dieser musste im Voraus berechnet werden, denn man verkündete in so genannten Osterfestbriefen den Termin des Osterfestes und den davon abhängigen Beginn der Fastenzeit. Als Termin für die Aussendung der Festbriefe kristallisierte sich langsam das Epiphaniefest heraus. Mehr als drei Monate vor dem Osterfest musste also in der ganzen Kirche der Termin bekannt sein; offensichtlich waren hiefür genaue Beobachtung der Gestirne und hohe Rechenkunst nötig. Die Alexandriner hatten die besseren Wissenschaftler, die Römer nahmen für sich den kirchlichen Vorrang in Anspruch und folgten ihren eigenen Berechnungen, die oftmals ungenauer waren. So kam man aufgrund unterschiedlicher Berechnungsmethoden zu unterschiedlichen Osterterminen, was dazu führte, dass trotz der Konzilsentscheidung weiterhin kein einheitliches Osterfest gefeiert wurde.

Etwa 200 Jahre dauerte dieser Zustand. Bis ein gelehrter Mönch aus dem Osten, von der Schwarzmeerküste, mit Namen Dionysius Exiguus, Berater des Papstes wurde. Der setzte im Jahr 525 n. Chr. die alexandrinische Berechnungsmethode auch für den Westen durch, so dass für etliche Jahrhunderte ein einheitliches Osterfest in der Kirche möglich wurde. Dionysius verdanken wir auch die Zählung der Jahre ab Christi Geburt, welche er einführte, um die damals geläufige Zählung der Jahre vom Regierungsantritt des Kaisers Diokletian an abzulösen.

Auf dem Konzil von Nicäa war der Tag des Frühlingsäquinoktiums mit dem 21. März festgeschrieben worden. Allerdings weicht der Julianische Kalender vom Jahr ab, das astronomische Jahr ist um 0,0078 Tage kürzer als das vom Julianischen Kalender berechnete. Die Folge war, dass im 16. Jahrhundert die Tagundnachtgleiche im Frühling bereits am 11. März eintrat. Papst Gregor XIII. beseitigte diesen Fehler durch eine Kalenderreform im Jahr 1582. Er ließ zehn Tage ausfallen, auf den 4. folgte der 15. Oktober.

Ostern in der Ostkirche

Diese Kalenderreform fiel in die Zeit der konfessionellen Spaltung Europas, die katholischen Länder übernahmen den Gregorianischen Kalender sehr bald, die reformatorischen Länder brauchten unterschiedlich lange dafür, obwohl protestantische Astronomen die Übernahme befürworteten und der protestantische Wissenschaftler Johannes Kepler sogar vom Papst bei der Kalenderreform zu Rate gezogen worden war. So übernahm der Schweizer Kanton Graubünden den neuen Kalender erst 1825.

Am längsten dauerte die Übernahme des Kalenders in den orthodox geprägten Ländern, die diesen Kalender als "katholischen" ablehnten. Als bürgerlicher Kalender gilt dort heute der Gregorianische, die festen Daten des kirchlichen Kalenders werden in der russisch-orthodoxen, der serbisch-orthodoxen und der georgisch-orthodoxen Kirche noch immer nach dem Julianischen Kalender berechet. Dies erklärt, warum in diesen Kirchen Weihnachten am 7. Jänner gefeiert wird - und warum es ein Ausnahmefall ist, wenn der westliche und der östliche Ostertermin auf dasselbe Datum fallen.

Der Kirchenhistoriker Hans Förster ist zurzeit APART-Stipendiat der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Freitag, 09. April 2004

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