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Kein Weinen und Wehklagen

Das Glaubensverständnis von Tod und Jenseits im Islam
Von Ingeborg Hirsch

In christlichen, jüdischen und islamischen Glaubensvorstellungen spielen Auferstehung, Jüngstes Gericht und Leben nach dem Tod eine große Rolle, bestimmt doch unser heutiges Sein und Handeln das zukünftige Befinden. Die diesbezüglichen Quellen im Islam sind der Koran und die Hadith. Die einzelnen Teile des Koran wurden vom Religionsstifter Mohammed (570 bis 632 n. Chr.) in den Jahren 610 bis 632 in arabischer Sprache verkündet. In den Mohammed zuteil gewordenen Offenbarungen schreibt Gott als oberster Gesetzgeber den Muslimen vor, was sie zu glauben und wie sie sich zu verhalten haben.

Die Hadith ist die mündliche Überlieferung dessen, was Mohammed gesagt oder getan haben soll und gilt als Beispiel für eine mustergültige Lebenspraxis; im 9. Jh. n. Chr. erfolgte ihre schriftliche Zusammenfassung, die Sunna. Die Hadith bzw. die Sunna sind als Ergängzung zum Koran zu sehen, da dessen Vorschriften nicht mehr ausreichten, um alle strittigen Rechtsfragen zu lösen.

Das Grundprinzip im islamischen Denken und Glauben ist das Gottvertrauen. Gott hat jedem Lebewesen eine bestimmte Lebensfrist gesetzt. Nach Ablauf dieser Frist (agal) stirbt das Geschöpf; auch Ermordung und tödliche Unfälle gelten als göttliche Vorsehung. Durch die Unveränderbarkeit der Todeszeit ist die Einstellung zum Sterben eher positiv geprägt; der Sterbeprozess wird als eine Brücke zum Jenseits, das für die Gläubigen eine bessere Wohnstätte darstellt, gedeutet. Der Freitod allerdings wird im Koran kategorisch abgelehnt.

Der Argumentation, dass der Selbstmord ja auch von Gott vorhergesehen und festgelegt ist, wird nicht stattgegeben. Schließlich erhält der Mensch von Gott Vernunft und einen freien Willen, um das Gute zu wählen, das Böse zu vermeiden und das Seinige zur göttlichen Vorsehung beizutragen. Eine Ausnahme in diesem Zusammenhang stellt der Djihad dar, der Anstrengung oder Kampf im Sinne Gottes bedeutet, für ihn kann in letzter Konsequenz auch das eigene Leben gegeben werden, was den Menschen zum Märtyrer macht und ihm im Tod als auch im Jenseits bestimmte Vorrechte einräumt.

Mohammeds Gottvertrauen

Wie in allen anderen Lebensbereichen ist auch im Gottvertrauen Mohammed das beste Vorbild: Auf die Frage eines Gläubigen, ob er sein Kamel anbinden oder lieber auf Gott vertrauen solle, antwortete der Prophet: "Binde dein Kamel an und vertraue dann auf Gott." Das Gottvertrauen gebietet seinen eigenen Körper zu pflegen und bei Krankheit behandeln zu lassen.

Nach islamischem Glauben sind Körper und Gesundheit dem Menschen für eine bestimmte Zeit zur Bewahrung und Nutznießung überantwortet. Der Mensch ist ihr Besitzer, Gott hingegen der Eigentümer.

Am Sterbebett ist die Rezitation des Koran und das Glaubensbekenntnis - "Ich bekenne, dass es keinen Schöpfer außer Allah gibt, und ebenso bekenne ich, dass Mohammed Diener und Gesandter Allahs ist" - von großer Bedeutung.

Den Sterbenden zu besuchen ist für den Muslim eine religiöse Pflicht und bietet für beide Seiten die Möglichkeit, begangene Fehler wieder gutzumachen. Gleichzeitig ist der Besuchende dazu aufgerufen, das Leid des Todkranken mit zu tragen und sich dadurch mit seinem eigenen Leben und seiner Zukunft auseinander zu setzen. Dem Verstorbenen werden die Hände auf dem Bauch oder der Brust gekreuzt und die Augenlider geschlossen. Der Tote wird von einer Person gleichen Geschlechts sorgsam gewaschen und in ein einfaches weißes Totentuch (das dem Tuch der Mekka-Pilger ähnlich sein soll) gehüllt. Im Grab wird der Verstorbene auf die rechte Seite gelegt, das Gesicht nach Mekka ausgerichtet.

Der Koran empfiehlt keine Trauer mit Weinen und Wehklagen, sondern den Versuch, den Menschen mit seinen guten Taten in Erinnerung zu behalten. Das Grab ist ein zeitlicher und örtlicher Übergang zum Jenseits.

Der Todesengel 'Iz'rail trennt die Seele des Verstorbenen vom Körper, erst am Auferstehungstag werden sich beide wieder vereinigen. Die beiden Engel Munkar und Nakir stellen dem Toten drei Fragen: Wer ist dein Schöpfer? Wer ist dein Prophet? Was ist deine Religion? Von den richtigen Antworten (Mein Schöpfer ist Allah, mein Prophet ist Mohammed, meine Religion der Islam) und den Taten im Diesseits hängt es ab, ob der Befragte bereits im Grab einen Vorgeschmack auf das Paradies oder die Hölle erfährt. Kinder und Propheten sind von dieser Befragung ausgenommen.

Märtyrer werden so beerdigt, wie sie gestorben sind, ihre sichtbaren Verwundungen erleichtern ihnen das Los im Jenseits. So ist die Trennung von Körper und Seele für sie viel weniger schmerzhaft als für den normalen Menschen, und auch die Befragung im Grab bleibt ihnen erspart. Am Tag des Jüngsten Gerichts vernichtet Gott alle Geschöpfe, um sie gemeinsam mit allen Toten wieder neu zu erschaffen. Alle Menschen finden sich am Versammlungsort ein, wo sie ein Buch erhalten, im dem die guten und schlechten Taten ihres Erdenlebens verzeichnet sind. Den ins Paradies Eingehenden werden diese Bücher in ihre rechte Hand, den zur Hölle Verurteilten in ihre linke Hand gegeben. Danach hat der Mensch Rechenschaft darüber abzulegen, wie er sein Leben verbracht, wofür er seinen Körper eingesetzt, woher er seinen Unterhalt bezogen und wie er sein Wissen in die Praxis umgesetzt hat. Auf einer Waage werden die guten und schlechten Taten gewogen. Wiegen die Waagschale der guten Taten schwerer, ist der Mensch errettet, ansonsten fällt er der Verdammnis anheim.

Auf Brücke über die Hölle

Anschließend müssen alle Menschen eine die Hölle überspannende Brücke überqueren, den Sirat, der "dünner als ein Haar und schärfer als ein Schwert ist". Entsprechend der guten Taten wird sich der Sirat verbreitern; die Ungläubigen und Sünder können die Brücke nicht überschreiten und stürzen in die Hölle, wo sie ihre Strafe verbüßen, bevor zumindest die Sünder auch ins Paradies Einlass finden.

Das Paradies ist der Ort der Belohnung. Bereits die niedrigste Stufe übertrifft alle Vorstellungen: Glück, Freude, Wohlgerüche, Speisen im Überfluss und nicht berauschender Wein. Die vorletzte Stufe ist den Märtyrern vorbehalten, jeder Einzelne darf sich an 72 überirdisch schönen Jungfrauen erfreuen. Die letzte Stufe gilt den Erwählten und Propheten, ihnen ist es gestattet, das Antlitz Gottes zu betrachten.

Freitag, 02. November 2001

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