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Pompes Funèbres

Ein Blick in das Wiener Bestattungsmuseum
Von Oliver Bentz

Der Wiener, so sagt man, habe ein ganz besonderes Verhältnis zum Tod. In den Wienerliedern, wie sie beim Heurigen zu hören sind, bringt er es zum Ausdruck und besingt melancholisch den unwiderruflichen Abschied von der geliebten Stadt, dem geliebten Wein und den geliebten Frauen.

Auch die Wiener Literatur von Raimund über Nestroy, Doderer und Schnitzler bis hin zu Thomas Bernhard ist gespickt mit Anspielungen auf den Tod und Aphorismen über das Sterben.

Wen wundert es da, dass in der Donaumetropole seit 1967 ein Museum existiert, das sich ausführlich mit dem Tod und seinen Folgen beschäftigt. In der Goldeggasse im 4. Gemeindebezirk, wo sich die Zentrale der Städtischen Bestattung Wien befindet, gibt die Sammlung des "Wiener Bestattungsmuseums" in einer Vielzahl von Gegenständen, Bildern und Dokumenten einen umfassenden Überblick über die historische Entwicklung des Bestattungswesens und seiner Bräuche.

Dass es in Wien heute nur ein Bestattungsunternehmen gibt, so erfährt man beispielsweise in der sachkundigen und sehr unterhaltend angelegten Führung durch die Mitarbeiter des Hauses, hat seine Gründe in den Auswüchsen, die der freie Wettbewerb der Bestatter in früheren Zeiten mit sich brachte. So existierten Ende des 19. Jahrhunderts in Wien über 80 Bestattungsunternehmen. Da konnte es vorkommen, dass sich vor den Häusern begüterter Bürger, von denen das Gerücht umging, sie würden im Sterben liegen, die Agenten der Bestattungsunternehmen Tage und Nächte um die Ohren schlugen, um an einen lukrativen Auftrag zu kommen. Ärzte oder Besucher wurden beim Verlassen des Hauses nicht selten gefragt, ob denn nicht bald mit dem Ableben des Kranken zu rechnen sei.

Um diese Missstände abzustellen, erwarb die Gemeinde Wien 1907 die beiden größten Unternehmen - die seit 1870 bestehende "Concordia" und die schon 1867 gegründete Firma "Entreprise des pompes funèbres", deren Name bald als Vorbild für die Bezeichnung der Bestatter schlechthin diente, die bis heute "Pompfüneberer" heißen. Der Übermacht dieser Firma fielen im Laufe der Jahre kleinere Wettbewerber zum Opfer und 1951 wurden die letzten privaten Bestatter durch die Zahlung einer Leibrente zur Rückgabe ihrer Konzession bewegt.

Die "Schönheit" der Leich war natürlich immer eine Frage des Geldes. In sechs Klassen ging es vor gut 100 Jahren herab von der "Prachtklasse" bis zur einfachsten Kategorie, die sich auf eine Aufbahrung des Toten unter dem Haustor beschränkte. Wer sich die "Prachtklasse" leisten konnte, der ruhte, so heißt es im Begleitbuch durch die Sammlung des Museums, "in einem Prachtsarg reichster Art, der in einem mit schwarzen Tüchern ausgeschlagenen Paradesaal unter einem Baldachin auf einem Katafalk aufgestellt war". Der Kondukt konnte in der Prachtvariante unter anderem einen Herold zu Pferd, Reiter mit Laternen, eine Musikkapelle, einen von acht Rappen in Prachtgeschirren gezogenen Prachtleichenwagen, acht in spanisches Gewand gekleidete Stallmeister sowie Sarg-, Fackel- und Wappenträger beinhalten. Die in der Ausstellung gezeigten historischen Kleidungs- und Ausstattungsstücke dieser Amtsträger lassen vermuten, welch prächtiges Schauspiel ein solcher Trauerzug einst gewesen sein muss.

Vielfältig waren im Laufe der Jahrhunderte auch die Transportmittel für die Toten. Der Fourgon beispielsweise, ein auf einem Gestell ruhender Kasten, der bis zu sieben Särge aufnehmen konnte, wurde im späten 19. Jahrhundert für den Abtransport der Leichen aus den Spitälern verwendet. Am Ende des Ersten Weltkrieges übernahm diese Aufgabe ein umgebauter Straßenbahnwagen, die "Leichentramway".

Als diese am Ende des Zweiten Weltkrieges wegen der Zerstörung des Schienennetzes nicht mehr zum Einsatz kommen konnte, mussten die Angehörigen ihre oft nur in Packpapier eingewickelten Verstorbenen in Hand- oder Leiterwagen zum Friedhof bringen oder sie in den Parkanlagen vergraben.

Bestattungsmuseum Wien. A-1041 Wien, Goldeggasse 19. Besichtigung nur nach Voranmeldung und im Rahmen einer Führung. Anmeldung: Tel. 501 95/42 27.

Literaturhinweis: Den Totenkult, den man mit berühmten Verstorbenen treibt, thematisiert auch das soeben erschienene Buch "Tote auf Reisen. Ein makabrer Reisebegleiter". (NP-Buchverlag, 272 Seiten.) Der Autor Wolfgang Bahr schildert darin spannende Fakten und Episoden von "Letzten Fahrten" interessanter Persönlichkeiten, von Richard Wagner bis Theodor Herzl, Friedrich II. bis Napoleon, von Kaiserin Zitta bis Prinzessin Diana.

Freitag, 03. November 2000

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