Die Gierigen
Helmut Elsner ist schon zur lebenden Metapher geworden: Wer Elsner sagt, meint die Gier der Männer an der Spitze großer Unternehmen, ihre (zu Recht guten) Bezüge in skandalöse Höhen zu steigern, durch Hintertüren und Tricks immer noch mehr zu verdienen als vertraglich vereinbart – und das oft ganz unabhängig vom Geschäftsgang des von ihnen geleiteten Unternehmens.
Es ist kein Zufall, dass das besonders leicht an der Spitze einer Firma geht, die im politischen Eigentum steht, wo es also keinen gewinnsüchtigen Eigentümer gibt – dafür umso gierigere Vorstände. Das zeigt sich auch bei einer ähnlichen Affäre, die den europäischen Flugzeugbauer EADS betrifft: Ein Vorstands-Chef verkauft private Aktien(-Optionen) in Millionen-Dimensionen ganz zufällig, knapp bevor mehrere Umstände den Aktienkurs abstürzen lassen. Frankreich ist massiv an EADS beteiligt, und auch die deutsche Regierung steht dem Riesenbetrieb alles andere als neutral gegenüber.
Dennoch kann Ähnliches auch bei wirklich privaten Gesellschaften passieren. Auch in der echten Privatwirtschaft gibt es Vorstandsverträge, die jenseits von Gut und Böse sind. Sie werden ohne Mitsprache der eigentlichen Eigentümer von Aufsichtsräten ausgehandelt, die meist selbst anderswo Vorstände sind oder die früher einmal deren Privilegien genossen haben. Bei Aktionären wie Mitarbeitern kommt daher der Verdacht einer üblen Kungelei auf, bei der sich eine winzige Klasse von Gierigen gegenseitig schamlos Vorteile zuschanzt. Auch der Hinweis auf die USA – wo es noch besser dotierte Verträge gibt – trifft nicht. Denn dort sind die Firmenchefs dafür mit einer oft sehr rüden Strafjustiz konfrontiert.
Die Gierigen drohen den gesamten Kapitalismus in Misskredit zu bringen. Daher täte zumindest bei börsenotierten Gesellschaften eine scharfe Reform not: mit voller Transparenz aller Benefizien, dem Verbot des Handels mit eigenen Aktien und einem Ehrenrat, der die Angemessenheit von Verträgen beurteilt. Denn wir brauchen dringend Top-Manager, die nicht als Top-Selbstbediener diskreditierbar sind. Ansonsten würde die Stimmung gegen die Marktwirtschaft so aufgeheizt, dass wir wieder einmal in eine planwirtschaftliche Katastrophe und damit in kollektive Armut schlittern.
Dienstag, 20. Juni 2006
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