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Eine literarische Schatztruhe aus Ungarn

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Von Walter Klier

Wie schlecht kennt man seine Nachbarn?, dachte ich mir, als ich vor einiger Zeit im englischen Wochenmagazin "Spectator" die Besprechung eines, wie dort gesagt wurde, grandiosen ungarischen Romanwerkes las. Es handelte sich Miklós Bánffys Trilogie "Erdélyi Törtenét" (soviel wie: "Eine transsylvanische Geschichte"), die in den dreißiger Jahren in Ungarn erschienen, aber nie in eine andere Sprache übersetzt worden war. Erst in Folge einer Reihe unwahrscheinlicher Zufälle wurde sie in den vergangenen Jahren ins Englische übersetzt und publiziert; auch eine französische Übersetzung ist inzwischen erschienen. Ich bestellte mir also den ersten Band, "They Were Counted" (Arcadia Books, London 1999) , – und war hingerissen.

Wann hat man schon das Glück, ein breites, gut erzähltes Gesellschaftspanorama im Stil der Klassiker des 19. Jahrhunderts über das zwanzigste zu lesen? Bei Bánffy hat man es. Die Geschichte spielt in den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg, und wir erleben die zum Untergang verurteilte und auch erkennbar ihrem Untergang entgegentaumelnde Welt des ungarischen Hochadels, der Großgrundbesitzer auf ihren sagenhaften Schlössern im ländlichen Siebenbürgen, mit rauschende Festen, bitteren Intrigen und Generationenkonflikten. Die Liebe kommt selbstredend nicht zu kurz, denn naturgemäß sind diese magyarischen Adelssprosse von der heißblütigen Sorte – dazu das Chaos der ungarischen und österreichisch-ungarischen Politik jener Jahre, und im Casino werden, wie es sich gehört, in einer Nacht ganze Landgüter verspielt.

Weil Bánffy ein wirklich großer Romancier ist, gelingt ihm nicht nur die Schilderung des eigenen Milieus, also des Hochadels, sondern auch der übrigen Schichten und Abteilungen der Gesellschaft, vom städtischen Bürgertum bis zu den bitter armen Landleuten in den siebenbürgischen Waldgebirgen.

Als wäre das alles nicht genug, ist auch die Figur des Autors von Interesse. Ihn und sein Leben als farbig zu bezeichnen, wäre eine glatte Untertreibung. Graf Miklós Bánffy wurde als Erbe einer der reichsten und mächtigsten ungarischen Familien 1873 geboren; er verbrachte die meiste Zeit seines Lebens entweder auf seinem Schloss Bonchida in der Nähe von Cluj (oder Koloszvár oder Klausenburg) oder im Stadthaus der Familie in Pest. Er wurde in Wien am Theresianum erzogen, studierte in Budapest Malerei, Jus und Mathematik, wurde Diplomat und vertrat später als unabhängiger Abgeordneter seine heimatliche Provinz Kolosz im Parlament. Während des Ersten Weltkriegs war er Intendant der Budapester Oper, wo er die Musik von Belá Bartók gegen viele Widerstände durchsetzte, 1916 führte er Regie bei der Krönung seines Neffen Karl Habsburg zum ungarischen König. 1921 wurde er ungarischer Außenminister. 1926 endete seine politische Karriere in Resignation; er zog sich nach Bonchida zurück, das mittlerweile in Rumänien lag, und widmete sich der Literatur.

Seine Versuche, 1943 eine Allianz zwischen Ungarn und Rumänien gegen Hitler und für die Alliierten zustandezubringen, scheiterten an der Frage der Zugehörigkeit Siebenbürgens. Aus Rache beraubten und zerstörten die Deutschen sein Schloss 1944, nach Kriegsende verlor die Familie allen Besitz; Bánffy starb 1950 völlig verarmt in Budapest. Erst in den achtziger Jahren durften seine Bücher in Ungarn wieder erscheinen. Nun wäre es hoch an der Zeit, dass die deutschsprachigen Leser dieser literarischen Schätze teilhaftig werden könnten. Wien wäre als Verlagsort nicht unpassend.

Walter Klier , geboren 1955, lebt als Schriftsteller in Innsbruck.

Samstag, 15. April 2006

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