Ein Oster-Besuch von gleich zwei Spitzenkräften des kanadischen Pop-Wunders: Stars und The Most Serene Republic begeisterten eine randvolle Szene Wien. Beide Ensembles agieren, vielzählig, mit mitreißenden Sängern und vielen Mann-Frau-Duetten, in Habitus und Spielanlage ähnlich.
The Most Serene Republic lassen indes noch eine experimentelle Prägung heraushören und hin und wieder Bruchstellen in ihrer Musik offen, wo die dem Publikum erwartungsgemäß besser vertrauten Stars ihren instrumentalen Facettenreichtum – Violine, Gitarren, Keyboards und hin und wieder eine Trompete – ganz der Dynamik der Songs unterordnen und um den Gesang von Torquil Campbell und der attraktiven Gitarristin Amy Millan zentrieren.
Porno-Fantasien?
Das kam live mit noch mehr Nachdruck und Verve als auf Platte, etwa beim rührenden "Reunion", das von einer Welt als Ort der Unschuld und Hoffnung träumen ließ. "Your Ex-Lover’s Dead", der "Hit" der Stars, kam als umjubelte Zugabe mit irgendwie schriller, nervös klingender Geige wesentlich ungemütlicher und weniger anheimelnd als auf dem gefeierten Debütalbum "Set Yourself On Fire", das an diesem Abend flächendeckend durchexerziert wurde: Vom Titelsong "Set Yourself on Fire" über "Ageless Beauty" und "What I’m Trying To Say" bis zum fast schon anmutigen "Calendar Girl".
Inhaltlich handeln die meisten Stars-Texte von den eher ungemütlichen Aspekten der Liebe – Rivalitäten, unerfüllten und unerfüllbaren Sehnsüchten und Begierden, gescheiterten oder scheiternden Beziehungen. Dass die Musik nicht mehr als eine Projektionsfläche für pornografische Fantasien der Hörer sei, wie es Campbell vor "Your Ex-Lover’s Dead" proklamierte, ist wohl als Scherz zu verstehen.
Da war allerdings ein anderer Vertreter dieser Spezies wesentlich besser: Den Song "He Lied About Death" widmete Campbell dem US-Vizepräsidenten Dick Cheney: "Es ist großartig, dass Sie endlich einmal auf einen ihrer Freunde geschossen haben. Bitte schießen Sie in Zukunft auf alle Ihre Freunde!"
Stars
The Most Serene Republic
Aktuelle Alben: Set Yourself On Fire, Underwater Cinematographer
Mit Nachdruck und Verve.
Mittwoch, 19. April 2006