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13. Mai 2007
 

heute-Nachrichten

 
Euroscheine und Bundesadler. [M] Quelle: dpa,ap,ZDF

Steuerplus von knapp 180 Milliarden erwartet

Etat soll bis 2011 ausgeglichen sein

Bund, Länder und Gemeinden können bis zum Jahr 2011 mit Steuermehreinnahmen von knapp 180 Milliarden Euro rechnen. Das teilte das Bundesfinanzministerium am Freitag in Berlin nach den Beratungen des Arbeitskreises Steuerschätzung mit. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) will die Neuverschuldung des Bundes bis spätestens 2011 auf Null reduzieren.

 
 
 

Allein auf den Bund entfallen demnach Mehreinnahmen von rund 87 Milliarden Euro.

Anstieg auch schon dieses Jahr

Nach den Berechnungen der Steuerexperten, die ihr Zahlenwerk halbjährlich aktualisieren, dürften die Steuereinnahmen in diesem Jahr insgesamt um 20,2 Milliarden Euro höher liegen als im vergangenen November geschätzt. Auf den Bund sollen davon 11,1 Milliarden Euro entfallen, auf die Länder 8,3 Milliarden Euro und auf die Gemeinden 2,7 Milliarden Euro. Auf EU-Ebene sind dagegen Steuerausfälle von 2,0 Milliarden Euro prognostiziert. 2008 ist mit Mehreinnahmen gegenüber der letzten Schätzung im Mai von 47,9 Milliarden Euro zu rechnen. Für den Bund sagten die Steuerschätzer ein Plus von 21,8 Milliarden voraus, für die Länder von 18,8 und für die Gemeinden von 6,9 Milliarden.

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Neue Ressortwünsche auf Bundesebene

ARBEIT: Bei den Arbeitslosen schlägt der erhöhte Bundesanteil an den Unterkunftskosten für Empfänger des ALG II mit mehr als zwei Milliarden Euro zusätzlich zu Buche. Der Rückgang der Arbeitslosenzahl entlastet zwar den Bund - zugleich sinken aber die Zahlungen, die die Bundesagentur für nicht vermittelte Arbeitslose nach dem Auslaufen der Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld I überweisen muss. Bis 2011 geht es um ein Kostenrisiko von rund 20 Milliarden Euro.
VERTEIDIGUNG: Schon lange dringt die Bundeswehr auf mehr Geld. Ressortchef Jung (CDU) und Verteidigungspolitiker der Koalition verweisen auf Belastungen durch Auslandseinsätze, einen Investitionsstau bei Bewaffnung, Ausrüstung und Kasernen. Für deren Sanierung soll es nun angeblich 1,3 Milliarden Euro zusätzlich geben. Auch der Wehrsold dürfte steigen. Zudem fordert das Ressort für die Auslandseinsätze jährlich 500 Millionen Euro mehr.
INNERES: Innenminister Schäuble (CDU) will mehr Geld für Investitionen im Sicherheitsbereich. Im Gespräch sind 500 Millionen Euro.
VERKEHR: Für die Aufstockung des CO2-Sanierungsprogramms für Gebäude benötigt Bau- und Verkehrsminister Tiefensee (SPD) rund 500 Millionen Euro. Er will zudem mehr Geld für die Straßen- und Schienenverbindungen.
UMWELT: Auf drei Milliarden Euro pro Jahr kalkuliert Umweltminister Gabriel (SPD) erforderliche Mehrkosten für den Klimaschutz.



Für 2009 haben die Steuerexperten von Bund, Ländern, Kommunen, Bundesbank, Statistik-Amt sowie Konjunkturforschern Mehreinnahmen gegenüber der letzten Schätzung von 53,7 Milliarden vorausgesagt. Allein der Bund könnte davon 27,4 Milliarden verbuchen und die Länder 21,5 Milliarden. Im Jahr 2010 klettern die erhofften Mehreinnahmen für den Staat auf 57,4 Milliarden, davon 26,6 Milliarden Euro für den Bund und 23,8 Milliarden Euro für die Länder.

 


Steinbrück will Etat bis 2011 ausgleichen

Angesichts der massiven Steuermehreinnahmen will Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) die Neuverschuldung des Bundes bis spätestens 2011 auf Null reduzieren. Auf gesamtstaatlicher Ebene soll das um Konjunktureinflüsse und Einmaleffekte bereinigte strukturelle Defizit von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialkassen bis spätestens 2010 auf Null zurückgefahren werden. "Das ist eine historische Trendwende: Der Einstieg in den Abbau des aufgelaufenen Schuldenbergs von über 1500 Milliarden Euro wäre endlich möglich", sagte Steinbrück.

 

Steinbrück kündigte an, die finanzpolitischen Spielräume für Investitionen in Wachstum und Beschäftigung zu nutzen. Dafür würden jährlich rund zwei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Dies betreffe die Zukunftsbereiche Bildung, Forschung, Familie, Klimaschutz, Infrastruktur, Entwicklungshilfe sowie Sicherheit.

 

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Begehrlichkeiten der Koalition

GESUNDHEIT: 2,5 Milliarden Euro zusätzlich muss die Regierung 2008 im Gesundheitsbereich aufbringen. In den Folgejahren soll der Bundeszuschuss jeweils um 1,5 Milliarden Euro steigen. Bis 2011 macht das 19 Milliarden Euro, um die Kassen bei der kostenfreien Mitversicherung von Kindern zu entlasten und den Beitragsanstieg zu begrenzen.
KINDERBETREUUNG: Für mehr Betreuungsplätze soll der Bund nach den noch strittigen Plänen des Familienministeriums vier Milliarden Euro beisteuern, in erster Linie für Bauinvestitionen. Eine Milliarde Euro davon soll durch Einsparungen beim ALG II gegenfinanziert werden.
PFLEGE: Offen ist die Finanzierung der geplanten Pflegereform. Die Rede ist in erster Linie von höheren Beiträgen, doch könnten auch auf den Bund Kosten zukommen.
BILDUNG: Auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts will die Koalition bis 2010 die Ausgaben für Bildung und Forschung aufstocken. Einen Teil der Mehrkosten soll zwar die Wirtschaft tragen, Ministerin Schavan (CDU) fordert aber jährlich 200 Millionen Euro mehr im Budget. Die geplante Aufstockung des BAföG ab 2008 dürfte mit etwa 300 Millionen Euro pro Jahr zu Buche schlagen.
ENTWICKLUNG: Hier muss die Bundesregierung deutlich aufstocken, um das international vorgegebene Ziel zu erreichen, wonach die Entwicklungsausgaben mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens betragen sollen.

 

Debatte über Haushaltskurs

Der überraschende Geldsegen verschärft in der Koalition die Debatte über den weiteren Haushaltskurs. Steinbrück sowie Haushaltspolitiker von Union und SPD wollen die zusätzlichen Steuermilliarden vor allem zur Etatsanierung und für den zügigen Abbau der Neuverschuldung nutzen. Größere Ausgabenprogramme sowie weiteren Steuersenkungen hatten sie abgelehnt. SPD- und Unionsexperten dringen darauf, dass der Bund bereits bis 2009 - vor den neuen Bundestagswahlen - einen ausgeglichenen Etat vorlegt.

 

Die Länder haben bereits angekündigt, die zusätzlichen Einnahmen für einen schnelleren Abbau der Neuverschuldung zu nutzen und früher ausgeglichene Haushalte ohne neue Kredite vorzulegen. Nachdem Bayern, Sachsen und auch Mecklenburg-Vorpommern bereits 2006 den Ausgleich geschafft haben, wollen andere Länder mit Etats ohne Defizit rasch nachziehen. In der Summe könnten die Länderetats bereits in diesem Jahr Finanzierungsüberschüsse erzielen.

 

Warnung vor wachsendem Staatsdefizit

Der rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) warnte jedoch angesichts der Ausgabenwünsche vieler Bundespolitiker vor wieder deutlich steigenden Staatsdefiziten. Im nächsten Konjunkturabschwung dürfte das gesamtstaatliche Defizit wieder in die Gegend von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) steigen, sagte der SPD-Politiker dem "Handelsblatt".

 

"Da bin ich fast sicher." Für das laufende Jahr rechnet Deubel mit einer Defizitquote von 0,6 Prozent, nächstes Jahr dann mit einem ausgeglichenen Gesamthaushalt.