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27. Mai 2007
 

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Angela Merkel
dpaAngela Merkel

Merkel warnt vor
Gewalt beim G8-Gipfel

Regierungserklärung provoziert Opposition

Zwei Wochen vor dem G8-Gipfel von Heiligendamm hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Gewaltverzicht beim G8-Gipfel aufgefordert. "Wer zu Gewalt greift, der macht Dialog unmöglich", sagte sie in ihrer Regierungserklärung zum Gipfel am Donnerstag im Bundestag. Sie verteidigte die massiven Sicherheitsvorkehrungen. Die Opposition ist zwar auch gegen Gewalt. Sie wirft dem Staat aber vor, sie durch Razzien zu schüren.

 
 
 
 

Es war der Kanzlerin deutlich anzumerken, wie wenig glücklich sie über die aktuelle Debatte vor dem G8-Gipfel ist. Seit Tagen versuchte Angela Merkel über Regierungssprecher Ulrich Wilhelm immer wieder, dem aufgeheizten Für und Wider um die Sicherheitsmaßnahmen die Schärfe zu nehmen.

 

"Wischen nichts vom Tisch"

Sie ließ wiederholt wissen, wie wichtig sie die Demonstrationsfreiheit nehme - auch in der Hoffnung, dass wieder mehr über die Themen und nicht nur über Zäune oder Geruchsproben geredet wird. Auch in ihrer Regierungserklärung, in der sie knapp zwei Wochen vor Beginn ihre Ziele für den Gipfel skizzierte, kam Merkel angesichts der zum Teil reichlich aufgeregten Stimmungslage im Land schon bald auf diesen Punkt.

 

Merkel ging zwar nicht auf Details ein. Sie unterstrich aber nochmals, dass die Bundesregierung die Bedenken der Kritiker des gegenwärtigen Weltwirtschaftssystems ernst nehme. "Diese Fragen wischen wir nicht einfach vom Tisch." Und versprach: "Wer friedlich demonstriert, dessen Anliegen ist nicht nur legitim, der findet auch unser Gehör."

FDP lehnt Stasi-Vergleich ab

Auf der anderen Seite betonte die Kanzlerin im recht gut gefüllten Plenarsaal aber auch, dass der Protest gewaltfrei bleiben müsse. "Wer zu Gewalt greift, der macht den Dialog unmöglich." Und auch die Politiker, die sich in den vergangenen Tagen kritisch über die Sicherheitsmaßnahmen geäußert hatten, bedachte sie: Die, die jetzt die Sicherheitsbehörden kritisierten, wären die ersten, die ihnen Versäumnisse vorwerfen würden, wenn es doch zu Gewalt komme.

 

Von den Rednern von Union und SPD wurde diese Linie voll gestützt. Auch von FDP-Chef Guido Westerwelle. Der lehnte auch den Vergleich mit der Stasi ab, den Bundestags-Vize-Präsident Wolfgang Thierse angestellt hatte, als es um die Kommentierung der Abnahme von Geruchsproben ging. Wie die Fronten aber in zwei Wochen verlaufen werden, wenn vermutlich Sitzblockaden aufgelöst werden, wurde jedoch in den Beiträgen von Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn und seines Kollegen von der Linkspartei, Gregor Gysi, deutlich.

Infobox

Die Themen beim G8-Gipfel

AUßENPOLITIK: Zu den wichtigen außen- und sicherheitspolitischen Fragen gehören die Unruhen im Gaza-Streifen, der Raketenbeschuss auf Israel, die Entwicklung in Libanon und das Atomprogramm des Iran.

GLOBALISIERUNG: Es soll ein Signal für eine liberale und offene Weltwirtschaftsordnung vom Gipfel ausgehen. Es geht um Spielregeln im Handel, auf Kapitalmärkten sowie bei Sozial- und Umweltstandards.

AFRIKA: Bei der Afrika-Hilfe soll ein "qualitativ anderer Ansatz" gefunden werden. Es geht um Hilfe für die Staaten, die Reformen vorantreiben und Verantwortung übernehmen. Stichworte sind "gute Regierungsführung", ein besseres Investitionsklima, Frieden und Sicherheit sowie der Kampf gegen HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria. Es geht auch um die Einhaltung früherer G8-Zusagen zur Anhebung der Entwicklungshilfe.

KLIMASCHUTZ: Der G8-Gipfel soll genutzt werden, um rechtzeitig eine Anschlussregelung zum 2012 auslaufenden "Kyoto-Protokoll" zu erreichen. Die Interessenlage unter den G8 ist sehr widersprüchlich.

SCHWELLENLÄNDER: Der G8-Gipfel soll Impulse für eine bessere Einbindung wichtiger und stark wachsender Volkswirtschaften wie China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika geben. Es soll ein "Heiligendamm-Prozess" angestoßen werden.

WELTWIRTSCHAFT: Die G8 wollen die Risiken für den globalen Aufschwung begrenzen. Hintergrund sind globale Ungleichgewichte wie das enorme Leistungsbilanzdefizit in den USA, der starke Anstieg der Währungsreserven in Asien, insbesondere in China (derzeit 1200 Milliarden US-Dollar), Leistungsbilanzüberschüsse in Japan, China und Teilen Europas sowie in Erdöl exportierenden Ländern.

 


"Orgie an Unverbindlichkeiten"

Auch die Opposition sprach sich gegen Gewalt aus. Kuhn beklagte Unverhältnismäßigkeit von Razzia und Demonstrationsverboten. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte, eine Demokratie dürfe sich nicht wie ein "prügelnder Staat" nach dem Muster Russlands aufführen. Gysi meinte, die große Durchsuchungsaktion vor zwei Wochen habe erst dazu geführt, dass in Berlin und Hamburg regelmäßig Autos in Flammen aufgingen.

 

Als es um die Inhalte anging, warf Kuhn Merkel vor, ihrem G8- Ausblick eine "Orgie an Unverbindlichkeit" geliefert zu haben. Merkel habe in ihrer Ansprache vor allem in erster Linie die Themen umrissen, die in den Tagen von Heiligendamm diskutiert werden sollen.

 

Globalisierung soll menscheln

Sieben Punkte nannte sie: Die Sicherung des globalen Aufschwungs, den Schutz des geistigen Eigentums, die Sicherstellung von grenzüberschreitenden Investitionen, die soziale Gestaltung der Globalisierung, den Klimaschutz, den Abbau von Handelshemmnissen und nicht zuletzt die Zukunft Afrikas. Merkel erläuterte jeweils knapp ihre Absichten und gab dem Ganzen dann die Überschrift: "Wir wollen der Globalisierung ein menschliches Gesicht geben."

 

Kuhn war das alles zu allgemein. Er drohte schon einmal, es der Kanzlerin "nicht durchgehen zu lassen", wenn sie ohne Ergebnisse von Heiligendamm zurückkomme. Naturgemäß wird Merkel aber auch auf den guten Willen der anderen Staats- und Regierungschefs angewiesen sein. Insbesondere beim Klimaschutz versuchte sie, die Latte niedrig zu hängen. Ob es an der Ostsee zu konkreten Verständigungen zu einem Mehr an Klimaschutz kommt, könne sie nicht sagen. "Ich weiß nicht, ob es in Heiligendamm gelingt."

 
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