Das Spätmittelalter: Die Kaiserkrönung Friedrichs III. 1452

E. Frauenknecht, Repetitorium: Das Spätmittelalter (1250-1500)

Königtum, Reich und Territorien: Ereignisgeschichte III

Die Habsburger Albrecht II. und Friedrich III.: "Randkönigtum" einer Großdynastie

b) Die Kaiserkrönung Friedrichs III. 1452
Enea Silvio Piccolomini, Geschichte Kaiser Friedrichs III.

(Übersetzung aus: Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung, Band 2: Spätmittelalter 1250 - 1495, hg. von Jean-Marie Moeglin und Rainer A. Müller (2000) Nr. 48 S. 427 ff.)



[...]              Dabel fällt mir ein, was ebenfalls hierher gehört, daß sehr viele aus Unkenntnis in dem Glauben leben, als ob jemand zum König der Römer ernannt werde, wenngleich diese Sitte durch den Gebrauch in Ausnahme gekommen ist. Denn nicht zum König der Römer pflegt einer in Aachen gekrönt zu werden, sondern zu dem der Alemannen oder Deutschen. Die Römer haben nämlich nach Vertreibung des Tarquinius aus Rom den Königstitel dermaßen verabscheut, daß keiner von den Cäsaren, und mochten sie auch das Volk durch grausame Willkürherrschaft niederhalten, es gewagt hat, sich König zu nennen. Und auch Karl der Große, der zuerst von den Deutschen die römische Kaiserkrone empfangen hat, ließ sich nicht König, sondern Kaiser und Mehrer des Reiches nennen. Der römische Stuhl irrt deshalb auch darin durchaus nicht, daß er jenen vor der Krönung nicht als Kaiser anredet und ihm nicht den Platz, wie er dem Kaiser gebührt, anweist; nur darin hat er dem eingerissenen Brauche nachgegeben, daß er den zu Aachen Gekrönten als König der Römer anredet, obwohl man ihn richtiger als den der Deutschen, zum Kaiser erwählt, bezeichnen sollte, wie wir finden, daß es einige von den Vorgängern getan haben. Aber in diesen Dingen läßt sich keine bestimmte Regel festhalten, denn es gibt in den menschlichen Verhältnissen keine Beständigkeit. Alles ordnet sich dem Brauche unter, der nicht selten aus schlechten Anfängen seinen Ursprung nimmt.
[...]
Nachdem die mailändische Krönung beendet, begann am folgenden Tage die Kaiserfeier. Die Ordnung derselben war folgende: Nachdem alle Vorbereitungen getroffen waren, nahm der römische Bischof vor dem Hochaltar des heiligen Petrus auf einem hohen Thronsessel Platz, während die Kardinäle zu seiner Rechten, die Bischöfe und die übrigen Prälaten zur Linken Aufstellung nahmen. Außerhalb des Gitters waren zwei erhöhte Sitze, der eine für Friedrich, der andere für Leonor bestimmt; jedoch war ein Eingang freigelassen, damit von da der Aufstieg zurn Altar offen bliebe.
[...]             Nachdem dies geschehen war, gingen beide zu ihren Sitzen hin. Der Papst aber begann das Hochamt, und es wurden bei der Zelebrierung verschiedene von den alten Kirchenvätern aufgebrachte feierliche Gebräuche beobachtet. Abwechselnd wurden ihm nacheinander dargereicht das Szepter, wodurch die königliche Machtvollkommenheit angezeigt wird, der Reichsapfel, der die Weltherrschaft versinnbildlicht, und das Schwert, welches das Recht zur Kriegführung bedeutet. Schließlich ward ihm die goldene mit der Inful versehene Krone, die mit kostbaren Edelsteinen übersärt war, auf das kaiserliche Haupt gesetzt. Auch die Kaiserin empfing nach dem Kaiser eine Krone aus den Händen des Papstes, von der es feststand, daß sie von der Gemahlin Sigismunds herrührte. Der Kaiser aber, obgleich er sich einen Schmuck für einen unglaublichen Preis gekauft hatte, hatte sich doch zu dieser Feierfichkeit den Mantel, das Schwert, das Szepter, den Apfel und die Krone Karls des Großen, wie sie die Sage bezeichnete, aus dem Archive zu Nürnberg kommen lassen und sich dieser Stücke bedient. Denn diesen Vorzug räumt man dem Alter ein, daß alte Gegenstände angeblich einen höheren Grad von Ehrwürdigkeit besitzen, während die neuen des Ansehens entbehren. Wenn aber die Prachtgewänder Karls des Großen wirklich so gewesen sind, dann haben zweifellos die Fürsten und Könige in älterer Zeit nicht sowohl nach dem Schmuck der Gewandug als vielmehr nach dem Ruhtn ihres Namens getrachtet und lieber glänzende Taten verrichten als schimmernde Gewänder tragen wollen. Indessen mir, der ich mir die einzelnen Stücke genauer angesehen habe, wollte es, als ich das Schwert betrachtete, so scheinen, als wäre es nicht das jenes ersten Karls, des Großen, sondem des Vierten, der der Vater von Sigismund war. Denn der böhmische Löwe war auf demselben eingraviert zu sehen, den jener als König von Böhmen führte. Unter dem Volke jedoch erhielt sich das Gerede, es seien die Schmuckstücke Karls des Großen. Sobald die Krönung und das Hochamt programmäßig beendet waren, zog sich Leonor in ihren Palast zurfick. Der Papst und der Kaiser gingen zusammen die Stufen der Basilika hinab. Hier bestieg der Papst seinen Zelter, und der Kaiser leistete ihm zu Fuß einige Schritte weit den Dienst des Marschalls; hierauf stieg auch er zu Pferde und sie ritten nun zusammen zur Kirche Santa Maria in Cosmedin. Da der Sitte gemäß an diesem Tage die goldene Rose geweiht war, und der Papst sie in der Hand hielt, überreichte er sie hier dem Kaiser. Der Papst nun kehrte in seinen Palast zurück. Der Kaiser begab sich zur Hadriansbrücke, wo er seinen Bruder Albrecht und zahlreiche Herzöge und Grafen zur Ritterwürde erhob, indem er einen jeden dreimal mit der flachen Schwertklinge schlug. Dreihundert sollen an diesem Tage zu Rittern geschlagen sein. Die Deutschen meinen, daß diejenigen, welche es auf dieser Brücke durch des Kaisers Hand werden, vor den übrigen Rittern einen Vorzug hätten. Denn diese, sagen sie, seien die ersten; zu zweit kämen, die in Aachen dazu gewählt würden; an die dritte Stelle setzen sie die Jerusalemsritter; die übrigen Ritter halten sie für niedrigeren Ranges.


Literatur:

  • Paul-Joachim Heinig (Hg.), Kaiser Friedrich III. (1440 - 1493) in seiner Zeit. Studien anläßlich des 500. Todestages am 19. August 1493/1993 (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters 12, 1993).
  • Paul-Joachim Heinig, Kaiser Friedirch III. (1440 - 1493). Hof, Regierung und Politik, 3 Bde. (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters 17, 1997).
  • Krieger, Die Habsburger.