Das Spätmittelalter: Begriff und Epochenabgrenzung

E. Frauenknecht, Repetitorium: Das Spätmittelalter (1250-1500)

Spätmittelalter: Begriff und Epochenabgrenzung

  • Johan Huizinga, Herbst des Mittelalters (1919, dt. 1924)
    Untersucht Adelskultur französischer und burgundischer Adeliger; Metapher des Herbstes suggeriert Absterben, Niedergang und Verfall.

  • Willy Andreas, Deutschland vor der Reformation (1. Auflage 1932)
    Synthese des fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts: Ausgehendes Mittelalter bildet die Vorgeschichte der Reformation, Vorfeld der Neuzeit und gleichzeitig "Zeitenwende".

  • Hans Freyer, Weltgeschichte Europas (1948)
    "Gotische Welt" oder "Zeitalter der Vernunft" = Zeit der Hochscholastik bis zu den großen Entdeckungen des sechzehnten Jahrhunderts, dann wird der antik-mittelalterliche Weltzusammenhang beendet.

  • Will-Erich Peuckert, Die große Wende. Das apokalyptische Saeculum und Luther. Geistesgeschichte und Volkskunde (1948)
    "Die große Wende vom Mittelalter zur Neuzeit, also der Inhalt des Spätmittelalters und dessen Gipfel und Ende in der Reformation ist der Tod der bäuerlichen Welt und die Geburt der bürgerlichen Welt, der Tod des Mittelalters und der Anfang der Neuzeit" (zitiert nach Heimpel, Das Wesen des deutschen Spätmittelalters, 1953 S. 31).

  • Hermann Heimpel, Das Wesen des deutschen Spätmittelalters, AKG 35 (1953) 29 ff.
    Gegenthese zu Peuckert (S. 36): "Politisch betrachtet beginnt die Neuzeit in Deutschland wie im übrigen Europa ... nicht im Zeichen der Städtefreiheit und auch nicht bürgerlich, sondern fürstlich und staatlich ... "Das vierzehnte Jahrhundert ist bürgerlicher als das fünfzehnte".
    S. 41: "Eben diese Unentschiedenheit, das Schweben zwischen Altem und Neuem macht das Besondere des deutschen Spätmittelalters aus. Dies gilt nicht nur für den politischen Zustand, sondern auch für die allgemeine, die kulturelle Struktur Deutschlands in der Zeit zwischen dem Ende der Staufer und der Reformation."

  • Bernhard Schmeidler, Das spätere Mittelalter von der Mitte des 13. Jahrhunderts bis zur Reformation (Handbuch für den Geschichtslehrer IV: Der Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit I, 1. Auflage 1937) 3 f.
    "Von dem früheren Mittelalter unterscheidet sich das spätere vor allem durch das Zurücktreten der universalen Mächte des Kaisertums und Papsttums hinter die mehr partikularen Gebilde der Einzelstaaten und in diesen wieder durch das Zurücktreten der Gesamtstaatsgewalt hinter die einzelnen Stände, Provinzen, Städte."

  • Joachim Leuschner, Deutschland im späten Mittelalter (Deutsche Geschichte 3, 21983) 22
    "Das späte Mittelalter also nennen wir jene knappen drei Jahrhunderte von rund 1200 bis gegen 1492/93. Wir werden die Richtigkeit des Satzes zu prüfen haben, den Hermann Heimpel über den Charakter des deutschen späten Mittelalters prägte: die "Unentschiedenheit, das Schweben zwischen Altem und Neuem macht das Besondere jener Zeit aus". Nicht bloß Niedergang - freilich auch Abfall; nicht schon völlig neue "Moderne", aber eben doch bereits Neues. Eine Zeit in Bewegung, eine Krisenzeit der Geschichte ...".

  • Peter Moraw, Von offener Verfassung zu gestalteter Verdichtung. Das Reich im späten Mittelalter 1250 bis 1490 (Propyläen Geschichte Deutschlands, 1985) 15
    "Beim Blick allein auf die deutsche Geschichte darf weder der Begriff des Mittelalters, der einst mit ganz anderer Zielrichtung aufgekommen ist, übermäßig belastet werden, noch sollte man dem Begleitwort "spät" allzuviel Sinngehalt zumuten; jede vergangene Periode war "früh" und "spät" zugleich. In diesem Band jedoch wird vom späten Mittelalter rein praktisch-pragmatisch gesprochen, um umständliche Wendungen, wie "das 13., 14. und 15. Jahrhundert" oder "das Zeitalter von 1250 bis 1490" zu ersetzen; der Sinngehalt der eingebürgerten Formulierung "spätes Mittelalter" sei auf chronologische Orientierungshilfe beschränkt. Umfang, Inhalt und Bewertung einer Periode dieser Art sind viel zu komplizierte Sachverhalte geworden, als daß man sie einer einfachen Wortkombination anvertrauen könnte."

  • Ernst Schubert, Einführung in die Geschichte des deutschen Spätmittelalters (2. Aktualisierte Aufl. 1998) 1
    "Der Begriff Spätmittelalter ist noch nicht alt. Seine Karriere setzt langsam zu Beginn unseres Jahrhunderts ein. Erst seit den zwanziger Jahren gehört er zum festen Inventar historischer Terminologie".


Literatur zum Problem der Epochenabgrenzung "Spätmittelalter" gibt er hier