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25. September 2007
 

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Wirtschaftsmächte im Ostseebad

Wirtschaftsmächte im Ostseebad

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Hu Jintao, Romano Prodi, Tony Blair, Nicolas Sarkozy, Thabo Mbeki, Jose Manuel Barroso und Angela Merkel (v.l.)
reuters

G8 unterstützen Afrika
im Kampf gegen Aids

Gipfel beschließt Milliardenprogramm

Afrika erhält von den G8-Ländern Milliardenunterstützung im Kampf gegen Aids. Nach einem Beschluss in Heiligendamm sollen in den nächsten Jahren zur Bekämpfung von HIV, Malaria und Tuberkulose 60 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt werden.

 
 
 

Bekräftigt wurden auch Zusagen zur Aufstockung der Entwicklungshilfe. Die G8-Staats- und Regierungschefs kamen zudem mit ihren Amtskollegen aus den fünf wichtigsten Schwellenländern zusammen.

Merkel: Zusagen werden eingehalten

Kanzlerin Angela Merkel versicherte als amtierende G8-Vorsitzende, die vor zwei Jahren gemachten Zusagen der acht reichsten Industrieländer zur Aufstockung der weltweiten Entwicklungshilfe um jährlich 50 Milliarden Dollar würden eingehalten. Die Botschaft von Heiligendamm für Afrika laute: "Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und werden unsere Verpflichtungen auch erfüllen." Einen konkreten Zeitplan zur Aufstockung der Gelder vereinbarten die G8 in Heiligendamm aber nicht.

Zitat

»Die Regierungschefs stehlen sich aus der Verantwortung.«

Ulrich Post, Welthungerhilfe

Afrika-Beschlüsse sind Mogelpackung

Die Deutsche Welthungerhilfe kritisierte die Afrika-Beschlüsse der G8-Staaten als Mogelpackung. Die Erklärung beinhalte vor allem Absichtserklärungen und keine konkreten Zusagen. Damit falle sie in der Verbindlichkeit der Aussagen hinter die Erklärung von Gleneagles vor zwei Jahren zurück, sagt der Entwicklungsexperte der Welthungerhilfe Ulrich Post.

Es fehle ein Zeitplan für die bis 2010 versprochene Anhebung der Afrika-Hilfen um 25 Milliarden Dollar. Das gleiche gelte für die groß angekündigte Erhöhung der Aids-Hilfe um 60 Milliarden Dollar. "Die Regierungschefs stehlen sich aus der Verantwortung", rügte Post. Die Landwirtschaft in Afrika werde mit einen Nebensatz abgespeist. Angesichts von 206 Millionen chronisch unterernährten Menschen in Afrika sei das skandalös.

Infobox

Zentrale Aussagen der G8

Finanzzusagen: Die Beschlüsse von 2005 wurden bekräftigt: Demnach wird an einem multilateralen Schuldenerlass für die ärmsten Staaten im Wert von bis zu 60 Milliarden Dollar festgehalten. Die Entwicklungshilfe für den afrikanischen Kontinent soll bis 2010 auf 25 Milliarden Dollar aufgestockt werden, die Entwicklungshilfe weltweit im selben Zeitraum auf 50 Milliarden Dollar.

Gesundheit: Grundsätzlich sollen für den Kampf gegen die Immunschwächekrankheit Aids sowie andere Krankheiten wie Malaria und Tuberkulose mindestens 60 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt werden. Die Hälfte der Mittel kommt aus den USA.

HIV/Aids: Wieder aufgegriffen wurde das ebenfalls vor zwei Jahren erklärte Ziel, einen allgemeinen Zugang zu Präventions- und Behandlungsprogrammen zu sichern. Die Bemühungen, dies zu erreichen, sollten nun verstärkt werden, heißt es in den jüngsten Beschlüssen. Zudem wollen die G-8, dass über die kommenden fünf Jahre mindestens fünf Millionen HIV/Aids-Patienten mit den modernsten Arzneien behandelt werden.

Malaria: Die G-8 wollen mit 30 afrikanischen Ländern zusammenarbeiten, aus denen ungefähr 80 Prozent der Malaria-Todesopfer stammen. Ziel ist es, die Zahl der Todesfälle in den kommenden Jahren zu halbieren.

Bildung: Die G-8 unterstützen weiter Initiativen, mit denen der allgemeine Zugang zur Grundschulbildung (ein weiteres Millenniumsziel) sichergestellt werden soll. Dazu soll 2007 eine Finanzlücke von etwa 500 Millionen Dollar in laufenden Programmen geschlossen werden.

Regierungsführung und wirtschaftliche Zusammenarbeit: Wie im Vorfeld bereits von der deutschen Präsidentschaft angekündigt, haben die G-8 all jenen afrikanischen Regierungen ihre grundsätzliche Unterstützung zugesichert, die zum Aufbau demokratischer Strukturen, der Eindämmung der Korruption und mehr Transparenz bei der Vergabe von Entwicklungshilfe beitragen.

Um das Wirtschaftswachstum auf dem afrikanischen Kontinent (derzeit sechs Prozent pro Jahr insgesamt) anzukurbeln, sollen unter anderem Handelshemmnisse abgebaut werden. Auch dies stand bereits in den Beschlüssen von Gleneagles 2005. Die Gespräche über eine Liberalisierung des Welthandels sind allerdings ins Stocken geraten.

Im Kampf gegen Aids werden die USA die Hälfte der 60 Milliarden Dollar zur Verfügung stellen, wie Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul im ZDF-Morgenmagazin sagte. Deutschland steuere bis 2015 vier Milliarden Euro zu. "Ich kann garantieren, dass wir das umsetzen", betonte die Ministerin. Das sei mit Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück abgestimmt.

Beim Treffen der G8 mit den fünf wichtigsten Schwellenländern China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika sollte ein regelmäßiger Dialog über Themen wie Energieeffizienz, Investitionen und die soziale Dimension der Globalisierung in den kommenden zwei Jahren vereinbart werden. Die als "Heiligendamm-Prozess" bezeichnete Zusammenarbeit ist nach den Worten von Merkel "etwas qualitativ Neues". Einer Erweiterung der G8 um eines oder mehrere Schwellenländer erteilte Merkel allerdings schon am Donnerstag eine Absage.

Vernichtende Kritik

Die Reaktionen von Entwicklungshilfe-Organisationen fielen vernichtend aus. "Trotz gesichtswahrender Schritte in letzter Minute hat die G8 den Glaubwürdigkeitstest für Afrika nicht bestanden", sagte Collins Magalasi von ActionAid. Steve Cockburn von der Stop Aids Kampagne sagte, das zugesagte Geld rette zwar Leben. Der Gipfelbeschluss zeige allerdings einen nur "begrenzten Ehrgeiz, der letztlich Millionen das Leben kosten wird". Oxfam rechnete vor, dass die 60 Milliarden Dollar eine Aufstockung der zuvor bereits angekündigten Hilfe um nur drei Milliarden Dollar sei.

 

Die Kinderhilfsorganisation World Vision kritisierte, dass die G8 für Hilfszusagen im Kampf gegen Aids erneut keinen konkreten Zeitplan vorgelegt hätten. Das sei ein klarer Bruch gemachter Zusagen. Die UNO-Behörde UNAIDS schätze den Bedarf an Finanzhilfen weltweit allein in den nächsten zwei Jahren auf 40 Milliarden Dollar. Zudem benötigten der Behörde zufolge bis 2010 mindestens zehn Millionen Aids-Kranke Zugang zu Medikamenten. Auch Save the Children kritisierte die Beschlüsse als nicht ausreichend, um die Kindersterblichkeit in Afrika zu reduzieren.

George Bush trinkt Bier. Quelle: dpa
dpa
Gestern Abend noch wohlauf: George Bush

US-Bush geht es nicht gut

Präsident George W. Bush blieb am Morgen zunächst mit Magenbeschwerden in seiner Hotelsuite in Heiligendamm. Unklar war nach Auskunft von Bushs Berater Dan Bartlett, ob es sich um einen Magenvirus oder Ähnliches handelte. Es sei nichts Ernstes, versicherte Bartlett. Die Reisepläne Bushs sind nach derzeitigem Stand nicht betroffen. Der US-Präsident wollte nach Abschluss des G8-Gipfels über Polen nach Italien fliegen.

Der Gipfel, der am Freitag mit der Abschlusspressekonferenz der Kanzlerin zu Ende geht, ist der Höhepunkt der deutschen G8- Präsidentschaft. Sie dauert noch bis Ende des Jahres. Dann übernimmt Japan den Vorsitz.