Bertha von Suttner

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Bertha von Suttner, 1906
Bertha von Suttner, 1906

Bertha Sophia Felicita Baronin von Suttner (* 9. Juni 1843 in Prag, geborene Gräfin Kinsky von Chinic und Tettau; † 21. Juni 1914 in Wien) war eine österreichische Pazifistin und Schriftstellerin (Pseudonyme: B. Oulot, Jemand). Sie wurde 1905 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet und war weltweit die berühmteste Frau ihrer Zeit.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Frühe Jahre

Bertha von Suttner stammte als gebürtige Gräfin Kinsky von Wchinitz und Tettau aus böhmischen Adelshaus. Ihr Vater Franz Michael Graf Kinsky, der vor ihrer Geburt im 75. Lebensjahr verstarb, war General, ihr Großvater mütterlicherseits war Hauptmann der Kavallerie. Sie wuchs bei ihrer Mutter Sophie Wilhelmine (geb. von Körner, entfernt verwandt mit dem Dichter Theodor Körner) im aristokratischen Umfeld der österreichisch-ungarischen k.u.k. Monarchie und dessen militaristischem Hintergrund auf. Als Kind und Jugendliche lernte sie mehrere Sprachen, beschäftigte sich mit Musik und reiste viel.

Nachdem das ererbte Vermögen ihres Vaters weitgehend aufgebraucht war und sie nicht mehr ihrer Mutter zur Last fallen wollte, nahm sie 1873 eine Stelle als Gouvernante beim Freiherrn Karl von Suttner in Wien an und erteilte den vier Töchtern der Familie Unterricht in Musik und Sprache. In dieser Zeit verliebte sie sich in den sieben Jahre jüngeren Arthur Gundaccar von Suttner, den jüngsten Sohn der Suttners. 1876 reiste sie nach Paris, wo sie für kurze Zeit die Privatsekretärin von Alfred Nobel war - Arthurs Mutter hatte von dem Verhältnis zwischen Bertha und ihrem Sohn Wind bekommen und Bertha entlassen, ihr jedoch, um sie nicht mittellos aus dem Haus zu werfen, die Stelle bei Nobel verschafft. Nach ihrer Rückkehr nach Wien heiratete sie Arthur Gundaccar heimlich am 12. Juni 1876 gegen den Willen seiner Eltern. Arthur Suttner wurde in der Folge enterbt und das Ehepaar zog in den Kaukasus nach Georgien zu Fürstin Ekatarina Dadiani von Mingrelien, wo die beiden unter schwierigen finanziellen Umständen von Gelegenheitstätigkeiten lebten, insbesondere vom Schreiben von Unterhaltungsromanen sowie von Übersetzungen.

Arthur begann mit Beginn des Russisch-Türkischen Krieges 1877 mit Erfolg Berichte über den Krieg sowie über Land und Leute in deutschen Wochenblättern zu veröffentlichen.

Bertha von Suttner begann ebenfalls 1877 mit ihrer journalistischen Tätigkeit und hatte unter dem Pseudonym B. Oulet, wie ihr Mann, großen Erfolg. Sie schrieb für österreichische Zeitungen Kurzgeschichten und Essays, ihr Mann Kriegsberichte und Reisegeschichten. Im Jahre 1885 kehrten sie gemeinsam nach Wien zurück, söhnten sich mit der Familie aus und bezogen das Familienschloss in Harmannsdorf (Gemeinde Burgschleinitz-Kühnring) in Niederösterreich.

[Bearbeiten] Journalistische und schriftstellerische Tätigkeit

Bertha von Suttner auf der österreichischen 2 Euro-Münze
Bertha von Suttner auf der österreichischen 2 Euro-Münze

Auch nach ihrer Rückkehr schrieb Bertha von Suttner weiter, wobei sie einen Fokus auf soziale Missstände setzte und sich dem Thema Pazifismus verschrieb. So schrieb sie etwa 1886 das Buch High Life, in dem sie den Respekt vor dem Menschen und seiner freien Entscheidungskraft thematisierte. Kurz darauf erfuhr sie durch eine Gesprächsrunde mit dem französischen Philosophen Ernest Renan von der Existenz der International Arbitration and Peace Association, die der Brite Hodgson Pratt 1880 gegründet hatte.

Im Jahre 1889, mit 46 Jahren, veröffentlichte sie den pazifistischen Roman Die Waffen nieder! (englischsprachige Ausgabe „Lay Down Your Arms", 1892), der großes Aufsehen erregte und Bertha von Suttner zu einer der prominentesten Vertreterinnen der Friedensbewegung macht. Sie beschrieb die Schrecken des Krieges und traf damit den Nerv der Gesellschaft, die zu dieser Zeit in heftigsten Diskussionen über den Militarismus und den Krieg begriffen war. Dieses Buch wurde ihr größter literarischer Erfolg, der in 37 Auflagen erschien und in zwölf Sprachen übersetzt wurde, so 1896 ins Tschechische.

Den Winter 1890/91 logierte das Ehepaar in Venedig. Bertha von Suttner regte mit anderen dabei die Gründung einer "Friedensgesellschaft Venedig" an. So lernt sie auch den Marchese B. Pandolfi kennen, über den sie wiederum weitere Vertreter der „Interparlamentarischen Konferenzen", vorgestellt bekam. Die Interparlamentarischen Konferenzen nannten sich ab 1910 „Interparlamentarische Union".

Am 3. September 1891 kündigte sie die Gründung einer „Österreichischen Gesellschaft der Friedensfreunde" in einem Artikel der Neuen Freien Presse an. Der Erfolg dieses Aufrufs war überwältigend. Bertha von Suttner wurde von ihrer Österreichische Gesellschaft der Friedensfreunde sogleich zur ersten Präsidentin ernannt, die sie bis zu ihrem Tode 1914 blieb. Im November 1891 wurde sie zur Vizepräsidentin des Internationalen Friedensbüros gewählt und gründete 1892 die Deutsche Friedensgesellschaft, die binnen kurzer Zeit über 2.000 Mitglieder hatte. In der Folge nahm sie an mehreren internationalen Friedenskongressen teil, so etwa 1892 in Bern, 1894 in Antwerpen und 1897 in Hamburg. Am 3. Juni 1897 überreichte sie Kaiser Franz Joseph I. (1830-1916) eine Unterschriftenliste mit dem Plädoyer für ein internationales Schiedsgericht. 1899 war sie in der Folge an den Vorbereitungen zur Ersten Haager Friedenskonferenz in Den Haag beteiligt, auf der Regierungsvertreter Fragen der nationalen wie internationalen Sicherheit, des Abrüstens und der Einrichtung eines internationalen Schiedsgerichts behandelten. Die von den Initiatoren erwarteten Ergebnisse wurden jedoch nicht erzielt. Kriegerische Konflikte konnten zwar beigelegt werden, eine Beendigung aller Kampfhandlungen oder eine Reduzierungen der Rüstung sowie die Einrichtung von internationalen Schiedsgerichten setzte sich jedoch nicht durch.

Nachdem ihr Ehemann 1902 aufgrund einer schweren Krankheit reiseunfähig war, nahm Bertha von Suttner allein an einem Friedenskongress in Monaco teil, reiste dann jedoch mit ihrem Mann zur Erholungssuche ins Böhmische. Am 10. Dezember 1902 verstarb Artur Gundaccar von Suttner in Harmannsdorf. Wegen Überschuldung musste daraufhin der Gutshof des Paares versteigert werden und Bertha von Suttner zog zurück nach Wien, wo sie weiterhin publizierte (unter anderem auch in der deutschsprachigen ungarischen Zeitung Pester Lloyd). In ihren literarischen Beiträgen zeigte sie sich als Anhängerin der darwinistischen Evolutionslehre und eines ungebrochenen liberalen Fortschrittsglaubens. 1903 reiste sie erneut nach Monaco und nahm an der Eröffnung des „Institut International de la Paix" teil, das Fürst Albert I. (1848-1922) gegründet hatte. Bertha von Suttner gehörte im Juni 1904 zu den bedeutendsten Teilnehmerinnen der „Internationalen Frauenkonferenz“ in Berlin. Diese Konferenz endete mit einer Friedensdemonstration in der Philharmonie, bei der Bertha von Suttner einen Vortrag hielt. Im gleichen Jahr bereiste sie die Vereinigten Staaten von Amerika. Anlass dazu war der Weltfriedenskongress in Boston (Massachusetts) gewesen. Sie reiste von Stadt zu Stadt und hielt bis zu drei Vorträge täglich. Ihr Ruf eilte ihr schon voraus und so wurde sie in Washington DC zu einer Unterredung mit Präsident Theodore Roosevelt (1858-1919) im Weißen Haus geladen. Die „Friedens-Bertha", wie sie etwas abfällig in deutschnationalen Kreisen genannt wird, kam begeistert aus den USA zurück. Ihre siebenmonatige Reise hatte einem Siegeszug geglichen und es war deutlich geworden, dass die Friedensbewegung dort schon wesentlich fortgeschrittener war als in Europa. Überrascht war sie nach damaligen Zeitungs- und Zeitschriftenberichten (so die tschechische "Ženský svět") von den allgemeinen Friedensaktivitäten und dem Friedensunterricht an amerikanischen Schulen.

Am 10. Dezember 1905 erhielt Bertha von Suttner als erste Frau den von ihr mitangeregten Friedensnobelpreis, den sie am 18. April 1906 in Kristiania entgegennahm. Auch wenn Alfred Nobel bei der Einführung seines Friedenspreises gleich an Bertha von Suttner als Preisträgerin gedacht hatte, wurde sie erst in dieser fünften Preisrunde bedacht. 1907 war sie auch bei der zweiten Friedenskonferenz in Den Haag anwesend, die diesmal noch mehr als 1899 auf Regelungen des Kriegsrechts fokussiert waren als auf die Frage einer stabilen Friedensordnung. In der Folge versuchte sie vermehrt über die Gefahren der internationalen Aufrüstung und die Interessen der Rüstungsindustrie zu informieren, ab 1912 mahnte sie auch die Gefahr eines internationalen Vernichtungskrieges an und begab sich erneut auf eine zweite Amerikareise, die sie als Vortragende von der Ostküste bis zur Westküste in über fünfzig Städte brachte.

Bertha von Suttner erlag am 21. Juni 1914, wenige Wochen vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, vor dem sie wiederholt gewarnt hatte, einem Krebsleiden. Neben ihrer Arbeit hatte sie den Bau des ersten deutschen Krematoriums in Gotha gefördert und testamentarisch verfügt, dass ihr Leichnam nach Gotha überführt und dort verbrannt werde. Die Urne mit ihrer Asche wird dort heute noch im Columbarium aufbewahrt.

Eine ehrenvolle Würdigung erhielt ihr Schaffen u. a. in einer Ansprache Stefan Zweigs anlässlich der Eröffnung des Internationalen Frauenkongresses zur Völkerverständigung 1917 in Bern.

[Bearbeiten] Politische Einstellung

In Drei wesentliche Programmpunkte zur Neuregelung der Staatenbeziehungen legte sie dar, wie Konflikte zwischen Staaten ohne Gewalt gelöst werden können:

  • 1. Durch Schiedsgerichtsverträge, um die Konflikte zwischen Staaten mit friedlichen Mitteln beizulegen.
  • 2. Durch eine Friedensunion aller Staaten, die jeden Angriff eines Staates gegen einen anderen mit gemeinschaftlicher Kraft zurückweisen müsse.
  • 3. Durch eine internationale Institution, die als ein Gerichtshof im Namen der Völker das Recht vertrete.

Die Quintessenz ihrer Reformvorschläge lautete: Abschaffung der Notwendigkeit, Zuflucht zum Krieg zu nehmen.

[Bearbeiten] Werke

  • Das Maschinenzeitalter entsteht, 1889
  • Die Waffen nieder!, 1889
  • Die Waffen nieder! (Hrsg.), Monatszeitschrift 1892-1899, Digitalisat
  • Marthas Kinder ("Die Waffen nieder" -Teil II )
  • Die Haager Friedenskonferenz, Leipzig 1900
  • Die Entwicklung der Friedensbewegung, Leipzig 1907
  • Randglossen zur Zeitgeschichte, 1892-1900 und 1907-1914
  • Rüstung und Überrüstung, Berlin 1909
  • Die Barbarisierung der Luft, Berlin 1912

[Bearbeiten] Literatur

  • Laurie R. Cohen (Hg.): "Gerade weil Sie eine Frau sind..." Erkundungen über Bertha von Suttner, die unbekannte Friedensnobelpreisträgerin. Verlag Braumüller, Wien 2005, ISBN 3-7003-1522-8
  • Maria Enichlmair: Abenteurerin Bertha von Suttner: Die unbekannten Georgien-Jahre 1876 bis 1885. Ed. Roesner, Maria Enzersdorf 2005, ISBN 3-902300-18-3
  • Brigitte Hamann: Bertha von Suttner - Ein Leben für den Frieden. Piper Verlag GmbH, München 2002. ISBN 3-492-23784-3
  • Helmut Lensing, Bertha von Suttner - „Der Kampf um die Vermeidung des Weltkrieges“, in: Horst Gründer (Hrsg.), Geschichte und Humanität (= Europa - Übersee. Historische Studien Bd. 1), Münster/Hamburg 1993, S. 181-195.
  • Angelika U. Reutter, Anne Rüffer: Frauen leben für den Frieden. Die Friedensnobelpreisträgerinnen von Bertha von Suttner bis Shirin Ebadi. Piper-Verlag, München 2004, ISBN 3-492-24209-X
  • Beatrix Müller-Kampel (Hg.): "Krieg ist der Mord auf Kommando". Bürgerliche und anarchistische Friedenskonzepte. Bertha von Suttner und Pierre Ramus. Verlag Graswurzelrevolution, Nettersheim 2005, ISBN 3-9806353-7-6
  • Heinrich Reinhart: Bertha von Suttner - Dokumente um ein Leben. Sonderausstellung im Krahuletz-Museum, Eggenburg 1972
  • Irene Stratenwerth: Warum tut ihr nichts, ihr jungen Leute?. In: Charlotte Kerner (Hrsg): Madame Curie und ihre Schwestern - Frauen, die den Nobelpreis bekamen. Beltz Verlag, Weinheim und Basel 1997, ISBN 3-407-80845-3


[Bearbeiten] Weblinks

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