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Zwei Wochen Campen an der WM-Strecke
Alle eine große Familie


Foto: Roth

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STUTTGART, 28.09.07 (rsn) - Streng genommen dauert die WM etwa 26 Stunden. So lange zumindest ist die Rennstrecke in Stuttgart gesperrt und fahren demnach die Rennfahrer um Medaillen. Oder sie dauert sechs Tage. So viel Zeit vergeht von Eröffnungsfeier bis zum letzten Rennen am Sonntag. Für Peter Jansen, Dictus Quirinus und ihre Gruppe von einem guten Duzend Holländern dauert die WM aber zwei Wochen. So lange haben sie schon ihre Zelte an der Strecke aufgeschlagen, oder vielleicht richtiger gesagt, ihre Wohnmobile aufgestellt.

Jansen, Quirinus und Co. sind eingefleischte Rad-Fans, für die die WM nicht der einzige Höhepunkt des Jahres ist. Auch die Tour de France lassen sie nicht aus. Michel de Reuter, „Chef“ der kleinen holländischen Kolonie in Stuttgart-Feuerbach kann sich jetzt noch darüber aufregen, dass Michael Rasmussen vom Team Rabobank aus dem Rennen genommen wurde. Von den neuen Nachrichten über künstliches EPO im Blut des Dänen weiß er noch nicht.

Es ist vor allem das Erlebnis Radsport, das die Holländer fasziniert. Neben der Tour de France (Quirinus: „Am schönsten war es, als Zoetemelk gewann.“) fahren sie regelmäßig zum Giro, zur Vuelta, waren auch schon in Burkina Faso. Natürlich haben sie seit 25 Jahren keine WM in Europa ausgelassen. Ach ja, das Amstel Gold Race besuchen sie auch in jedem Jahr, ergänzt Quirinus und lacht. Es scheint fast so, als ob das Rennen vor der Haustür ein exotisches Ziel für die Radsport-Verrückten mit dem Wohnmobil wäre.

Foto: Buttkereit
Acht Wochen und mehr verbringen die Holländer im Jahr mit ihrem Hobby und reisen dem Radsport-Zirkus hinterher. Dass sie es noch nie bis zum Ziel der Tour de France nach Paris geschafft haben, ist dabei Absicht. „Paris ist zu gefährlich für Wohnmobile“, sagt de Reuter. Schließlich haben alle Satellitenschüssel auf dem Dach und einen Fernseher, in einer Großstadt wie Paris sind die schnell weg. So schauen sie sich jedes Jahr in aller Ruhe vor der Flimmerkiste das Tour-Finale an, begießen ihre dreiwöchige Rundfahrt durch Frankreich mit einem Bierchen und fahren dann gemütlich nach Hause.

Gefahren wird in Stuttgart auch, aber nur mit dem Rad. Einige der Camper haben ein Rennrad dabei, sind schon über den WM-Kurs gefahren. Ansonsten sitzt die Gruppe zusammen, fachsimpelt oder begießt die Medaillen der Landsleute Lars Boom und Stef Clement, die in den Zeitfahren Gold und Bronze holten. Im Straßenrennen der Männer erwarten die Holländer keinen der ihren ganz vorne. Hochstens Michael Boogert. „Der wird eh nur wieder Zweiter“, schränkt Peter Jansen gleich ein. Wie seine Frau würde er sich aber über den Sieg des ewigen Zweiten freuen. „Es ist doch sein letztes Rennen“, sagt sie. Ihr Mann sieht eher Paolo Bettini vorne, Quirinus glaubt an Oscar Freire.


Foto: Buttkereit
Im Prinzip sei auch egal, wer am Ende gewinnt, sagen die Fans. Das soll der Beste sein und wenn dieser nun Deutscher wäre, kein Problem. „Das hier ist kein Fußball“, lacht Quirinus. „Wir sind alle eine große Familie.“ Und so kommen die Holländer auch prima mit den Nachbarn aus. „Die Leute von Gegenüber versorgen uns kostenlos mit frischen Wasser“, erzählt Jansen. Die Holländer revanchieren sich auf ihre Weise. Mit dem deutschen Pfandsystem kommen sie nicht so recht klar, also bekommen die Deutschen Nachbarn Pfandflaschen und Dosen als kleine „Bezahlung“ für die Gastfreundschaft.

Ärgern tun sich die Radsport-Fans aber auch. Über die Doping-Diskussion, die derzeit alles beherrscht und vor allem über die Scheinheiligkeit der Diskussion. „Bettini soll nicht starten, aber Zabel doch. Das ist nicht richtig“, sagt Jansen. Zabel habe gestanden, Bettini sei nie aufgefallen. Auch die Italiener ein paar Wagen weiter ärgern sich, sitzen aber dennoch freundlich wie immer am offenen Fenster ihres Wohnwagens und grüßen jeden, der vorbei kommt. Gegenüber hängt trotzig ein großes Transparent des Danilo di Luca-Fanclubs. Bei den WM-Campern ist die Radsport-Welt eben noch in Ordnung.

Helge Buttkereit


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