Landwirtschaft

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Landwirtschaft in Ägypten, 1920er Jahre
Landwirtschaft in Ägypten, 1920er Jahre

Landwirtschaft ist die zielgerichtete Erzeugung von pflanzlichen oder tierischen Produkten auf einer zu diesem Zweck bewirtschafteten Fläche.

Der Anbau von Pflanzen und die Nutzung und Zucht von domestizierten Tieren (Viehzucht) dient in erster Linie der Nahrungsmittelproduktion, in zweiter Linie der Herstellung von Rohstoffen für die Herstellung von Bekleidung. Vor der Produktion von Kunstfasern schufen die Menschen ihre gesamte Bekleidung aus den tierischen Produkten Leder, Pelz und Wolle sowie aus Faserpflanzen wie Baumwolle und Leinen. Daneben spielen auch andere Verwertungsformen eine Rolle, in besonders stark zunehmendem Maße als Energieträger oder nachwachsender Rohstoff für andere industrielle Produkte. Die Landwirtschaft ist Teil Wirtschaftszweig eines größeren Gesamtsystems mit vor- und nachgelagerten Sektoren. Eine Person, die Landwirtschaft betreibt, bezeichnet man als Landwirt. Neben berufspraktischen Ausbildungen bestehen an zahlreichen Universitäten und Fachhochschulen eigene landwirtschaftliche Fachbereiche. Das dort gelehrte und erforschte Fach Agrarwissenschaft bereitet sowohl auf die Führung von landwirtschaftlichen Betrieben vor, als auch auf Tätigkeiten in verwandten Wirtschaftsbereichen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Bereiche

Viehhaltung
Viehhaltung
Viehhaltung
Viehhaltung

Generell kann die Landwirtschaft in zwei Produktionsrichtungen eingeteilt werden:

Welche dieser Formen lokal überwiegt, ist vom Standort abhängig: Auf leichten Standorten (schlechter Boden) ist die Viehhaltung konkurrenzkräftiger, während auf besseren Böden die Pflanzenproduktion wirtschaftlicher ist.

Die Einteilung landwirtschaftlicher Betriebe wird mit der Klassifizierung nach Betriebssystemen weiter differenziert. Je nachdem, welcher Produktionszweig schwerpunktmäßig zum Betriebseinkommen beiträgt, werden z. B. unterschieden:

  • Futterbaubetriebe: mehr als die Hälfte des Betriebseinkommens stammt aus Milchviehhaltung, Rindermast, Schaf- oder Pferdehaltung;
  • Marktfruchtbetriebe: der betriebliche Schwerpunkt liegt auf dem Anbau von Marktfrüchten wie Weizen, Gerste, Zuckerrüben, Kartoffeln, Ölfrüchten, Tabak oder Feldgemüse;
  • Sonderkulturbetriebe: der Schwerpunkt liegt auf Wein, Hopfen- oder Obstanbau;
  • Gartenbaubetriebe;
  • Veredlungsbetriebe betreiben hauptsächlich Schweinemast und Geflügelhaltung;
  • Gemischtbetriebe: keiner der Produktionszweige trägt zu mehr als 50% zum Betriebseinkommen bei;
  • Kombinationsbetriebe: die Anteile von Landwirtschaft, Gartenbau oder Forstwirtschaft liegen bei unter 75%, wobei eine dieser Produktionsrichtungen auf über 50% kommt.

Eine weitere Unterscheidung landwirtschaftlicher Betriebe richtet sich auf den Anteil, den das Betriebseinkommen am Einkommen einer Familie hat: der Haupterwerbsbetrieb ist ein landwirtschaftlicher Familienbetrieb, bei dem der Betrieb hauptberuflich bewirtschaftet wird und mehr als 50 Prozent des Einkommens aus landwirtschaftlicher Arbeit erzielt wird. Das Gegenstück wird Nebenerwerbsbetrieb genannt.

[Bearbeiten] Geschichte

Hauptartikel: Agrargeschichte

Der systematische Anbau von Pflanzen begann vermutlich vor rund 12.000 Jahren am Ende der letzten Eiszeit. Es ist wahrscheinlich, dass die Entwicklung nahezu gleichzeitig in Amerika, China und dem Nahen Osten einsetzte. Dabei werden die Veränderung des Klimas durch das Ende der Eiszeit, das Bevölkerungswachstum und die beginnende Sesshaftigkeit als sich begünstigende Faktoren angesehen.

Im 8. Jahrhundert wurde in Europa der Ackerbau auf die Dreifelderwirtschaft umgestellt. Die bis dahin verwendeten Ochsen wurden durch Pferde ersetzt, wodurch schwere Eisenpflüge eingesetzt werden konnten.

Durch die Entdeckung Amerikas 1492 entwickelte sich ein reger, weltweiter Austausch an Agrarprodukten, der für nahezu alle Völker einschneidende Änderungen bewirkte (Columbian Exchange).


[Bearbeiten] Bedeutung der Landwirtschaft in verschiedenen Ländern

Bewässerte Felder in Kansas, USA
Bewässerte Felder in Kansas, USA

[Bearbeiten] Deutschland

Im Jahr 2003 gab es in Deutschland ca. 420.000 landwirtschaftliche Betriebe ab 2 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche (2005 366 600). In diesem Bereich waren rund 1,3 Millionen Personen haupt- oder nebenberuflich beschäftigt, was 560.000 Vollzeitarbeitsplätzen entsprach.

Insgesamt wurden 17 Millionen ha Boden landwirtschaftlich genutzt (das sind ca. 49,3 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands). Davon entfielen auf die Pflanzenproduktion rund 11,8 Millionen Hektar und auf Dauergrünland rund 5 Millionen Hektar. Im Vergleich dazu spielen Obstanlagen, Baumschulen und Weihnachtsbaumkulturen hinsichtlich des Flächenverbrauchs keine große Rolle.

Die Land-, Forstwirtschaft und Fischerei erzielte 2005 einen Produktionswert von 45 Mrd. Euro, das entspricht einem Anteil von 1,0% der Bruttowertschöpfung bei einem Anteil von 2,2 % der Erwerbstätigen. Durch Produktionsfortschritt und zunehmende Industrialisierung und Entwicklung des Dienstleistungssektors sank in den letzten 100 Jahren der Erwerbstätigenanteil in der Landwirtschaft von 38% auf gut 2%.

1900 erzeugte ein Landwirt Nahrungsmittel, um 4 Personen ernähren zu können, 1950 ernährte er 10 Personen, 2004 waren es 143. Trotz dieser Produktivitätssteigerung blieb Deutschland ein Nettoimportland an Agrar- und Ernährungsgütern. 2004 betrug der Einfuhrüberschuss an Gütern der Land- und Ernährungswirtschaft 12 Mrd. Euro.

[Bearbeiten] Schweiz

Auch die Schweizer Landwirtschaft befindet sich in einem starken Wandel. Von 1990 bis 2005 haben die Bauernhöfe von 93.000 auf 65.000 und die Beschäftigten in der Landwirtschaft von 254.000 auf 190.000 abgenommen. Gleichzeitig sind die Einkommen in dieser Zeit um rund 30 % gesunken, während die Konsumenten 14 % höhere Preise bezahlen mussten. 40 % der Betriebsleiter fehlt eine Zukunftsperspektive. 11 % der gesamten Kulturfläche werden als ökologische Ausgleichsfläche bewirtschaftet. Es werden 30 % weniger Pflanzenschutzmittel und 68 % weniger Mineraldünger als vor 15 Jahren eingesetzt. 6114 Landwirtschaftsbetriebe sind zertifizierte (Bio-Knospe-Label) Biobetriebe (2005). Im Durchschnitt kauft jeder Schweizer für fast 160 Franken Bioprodukte pro Jahr, was gemäß Bio Suisse Weltrekord bedeutet.

Durch die Agrarpolitik (AP) 2011 wird eine weitere Verringerung der landwirtschaftlichen Produktion angestrebt. Die WTO-Verhandlungen und ein Freihandelsabkommen mit den USA sind in ihren Auswirkungen auf die Landwirtschaft noch nicht absehbar.

[Bearbeiten] Politik

Hauptartikel: Agrarpolitik in Deutschland


Ziele der Agrarpolitik

Neben das Produktionsziel im engeren Sinne sind im Laufe der Zeit als Reaktion auf die aufgetretenen Probleme zahlreiche Nebenziele der Landwirtschaftspolitik getreten, die gesellschaftlich teilweise unterschiedlich bewertet und gewichtet werden. Dazu gehören:

  • Ernährungssicherung durch die Erzeugung von Lebensmitteln,
  • Schonung der natürlichen Ressourcen Boden, Wasser und Luft,
  • infrastrukturelle, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Belebung der ländlichen Räume,
  • Pflege der Kulturlandschaft und Erhalt der Artenvielfalt,
  • Erzeugung regenerativer Energien
  • Verfügbarkeit von Industrie- und Energiestoffen


[Bearbeiten] Probleme

Die Landwirtschaft in Deutschland, Europa und weltweit befindet sich in einem tiefen Umbruch: Große Erfolge in der Produktivitätssteigerung auf der einen Seite stehen ungleiche Verteilung, Preisdumping (Erlöse werden globalisiert wie z. B. der Getreidepreis, Kosten aber regionalisiert wie z. B. Löhne, Gehälter, unterschiedliche Umweltauflagen), zahlreiche Betriebsaufgaben sowie ökologische Problemen gegenüber. Die gegenwärtige Situation ist für die soziale Lage der landwirtschaftlichen Familien, für die Volkswirtschaft und für die Umwelt mit hohen Belastungen verbunden.

[Bearbeiten] Ökonomische und soziale Probleme

Durch die langfristige wirtschaftliche Entwicklung seit der Industrialisierung ist die Landwirtschaft vom wichtigsten Wirtschaftszweig zu einem ökonomisch und dadurch auch politisch vergleichsweise schwachen Sektor geworden. Gleichzeitig erbringt sie nach wie vor wesentliche Leistungen v.a. durch die Produktion von Nahrungsmitteln. Aus diesen Gründen ist der Einfluss der vor- und nachgelagerten Wirtschaftszweige sowie der Politik auf die Landwirtschaft groß (seit 1994 übersteigt der Einkommenstransfer aus der Politik die eigene Wertschöpfung der Landwirtschaft).

Seit der Industrialisierung besteht ein Trend zur technischen Modernisierung und zur Konzentration der landwirtschaftlichen Betriebe, wobei die Konzentration in manchen Ländern schneller (Großbritannien, USA), in anderen langsamer (Deutschland, Frankreich, Schweiz) verläuft. Im Verlauf dieser Entwicklung veränderte sich die Produktionsweise, Landwirte wurden und werden gedrängt zur Mechanisierung, zum Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide, zur maschinengerechten Vergrößerung der Feldschläge, zur Ausnutzung auch noch der letzten Produktionsreserven, zur Spezialisierung ihrer Produktion.

Der enorme Zuwachs der landwirtschaftlichen Produktion machte die Agrarpolitik zu einem der größten Posten staatlicher Haushalte und immer schwerer zu finanzieren. Auch deshalb kam es zu einem Rückgang der staatlichen Beihilfen. Ein weiteres Problem sind die steigenden Preise für landwirtschaftliche Betriebsmittel bei sinkenden oder stagnierenden Erzeugerpreisen. Dies führt zu geringeren Betriebseinkommen und zur Kürzung bestimmter Arbeitsplätze . So bleiben den meisten Landwirten nur wenige Möglichkeiten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Folge: Entweder sie geben ihren landwirtschaftlichen Betrieb auf oder sie steigern die Produktion durch Vergrößerung der zu bewirtschaftenden Fläche, was gleichzeitig die Aufgabe anderer Landwirte voraussetzt ("Wachsen oder Weichen"). Kontinuierlich kann ein Teil der Betriebe im Wettbewerb nicht bestehen und gibt die Produktion auf, während die verbleibenden Betriebe durchschnittlich immer größer werden. Die große Zahl der Betriebsaufgaben ist Zeugnis einer existenziellen Not.

Zugleich ist die weltweite Krise der Landwirtschaft ein Kernproblem globaler Gerechtigkeit: Während auf den Weltmärkten ein Überschuss an Nahrungsmitteln herrscht, die Preise immer weiter fallen und subventionierte Überschussprodukte aus den USA und der EU die Eigenproduktion von Nahrungsmitteln in Entwicklungsländern zurückdrängen, ist es nicht gelungen, das Problem der Welternährung zu bewältigen. Der rapide Verlust an fruchtbarem Boden und der bedrohliche Rückgang der Verfügbarkeit von Wasser, das zu 70 % in der Landwirtschaft verbraucht wird, ist schon heute eine der primären Armutsursachen. Wirksame Armutsbekämpfung für die 800 Millionen hungernden Menschen ist nicht möglich ohne eine tiefgreifende Reform der globalen Agrarpolitik.

[Bearbeiten] Ökologische Probleme

Die in der Öffentlichkeit heftig diskutierten Krankheiten bzw. Skandale – BSE-Krise, Maul- und Klauenseuche – sind keine Einzelphänomene, sondern sind teilweise Ausdruck von Strukturproblemen der Landwirtschaft in der Zerreißprobe zwischen ökonomischen und ökologischen Erfordernissen. Aus den o.g. Strukturwandel der Landwirtschaft ergeben sich zahlreiche ökologische Probleme, wobei die Landwirtschaft hierbei keine Ausnahme darstellt, sondern der allgemeinen Entwicklung der Wirtschaft in Richtung stärkerer Umweltbelastung nur gefolgt ist. Generell lassen sich eine Belastung der Umweltmedien Boden, Wasser und Luft sowie Schädigung von Organismen und Ökosystemen beobachten:

  • Eutrophierung der Gewässer (Überanreicherung von Nährstoffen, z. B. Stickstoff, Phosphat)
  • Pestizide in Boden und Grundwasser
  • Verdichtung des Bodens (durch schwere Maschinen) und Störung der Bodenmikrofauna
  • Steigerung der Bodenerosion (durch Bodenverdichtung, große Äcker)
  • Humusabbau (durch verengte Fruchtfolgen)
  • Anreicherung von Schadstoffen auch in der nichtlandwirtschaftlichen Nahrungskette, Schädigung von Tieren und Menschen
  • größere Anfälligkeit der Kulturpflanzen gegenüber Krankheiten und Schädlingen
  • steigende Resistenz von Krankheitserregern gegen Antibiotika und Resistenz von Pflanzenschädlingen gegen Pestizide
  • Verringerung der Artenvielfalt, sowohl bei den Kulturpflanzen und –tieren als auch bei wildlebenden Arten
  • Belastung von pflanzlichen und tierischen Produkten mit wertmindernden Inhaltsstoffen (z. B. Pestizide, Nitrat, Antibiotika, Hormone, Beruhigungsmittel)
  • Verringerung des Gehalts an wertgebenden Inhaltsstoffen (z. B. aufgrund des Kunstdüngereinsatzes Steigerung des Wassergehalts, Senkung des Gehalts an Mineralien, Vitaminen und Aromastoffen)
  • Verringerung der Haltbarkeit der agrarischen Produkte
  • Pestizidvergiftungen bei Landwirten (laut WHO-Schätzungen Ende 1980er Jahre weltweit 20.000 Fälle mit Todesfolge)
  • gesteigerter Energieverbrauch und damit CO2-Emissionen


Aktuelle Diskussion zur Energieerzeugung

Die landwirtschaftliche Produktion von Erneuerbaren Energieträgern kann nicht mehr leisten als den durch die Sonne gegebenen Energieeintrag. Solange die Nicht-Bilanzierung der Nutzung von fossilen Brennstoffen in unseren Wirtschaftssystemen anhält, kann jede Form der landwirtschaftlichen Produktion von regenerativen Energieträgern (unabhängig von ihrer Nachhaltigkeit) nicht mit der Nutzung der fossilen Energiegewinnung konkurrieren.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

  • Köpke, Ulrich (2002): Umweltleistungen des Ökologischen Landbaus. In: Ökologie und Landbau 2/ 2002, S. 6-18.
  • Günter Rohrmoser: Landwirtschaft in der Ökologie- und Kulturkrise. Gesellschaft für Kulturwissenschaft, Bietigheim/Baden 1996, ISBN 3-930218-25-9

[Bearbeiten] Weblinks

Wiktionary
Wiktionary: Landwirtschaft – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen
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